Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
genau unterhalb von ihm zu. Er versuchte sich einzureden, die wandernden Schatten seien nichts als mächtige unterirdische Lavaströme – nahm aber von dieser tröstlichen Vorstellung sofort wieder Abschied.
    Diese Gebilde waren nicht natürlichen Ursprungs.
    Um einen Punkt der Ebene bildete sich ein Mandala aus sternenförmig nach außen strebenden Sprüngen. Nur am Rande nahm er wahr, dass unter den anderen Sonden ähnliche Sternenmuster erschienen waren. Die Risse wurden größer, erweiterten sich zu drohenden schwarzen Spalten. Darunter sah Sylveste in kilometertiefe, beleuchtete Räume, durch die sich metallische Spiralen schlängelten. Sie hatten bläulichgraue Fühler, die breiter waren als ein Canyon, und bewegten sich rasch, koordiniert und zielbewusst, mit mechanischer Präzision. Sylveste wurde von Ekel geschüttelt, als würde er in einen Apfel beißen, in dem sich ganze Scharen von zappelnden Maden tummelten. Jetzt wusste er Bescheid. Cerberus war kein Planet.
    Cerberus war eine Maschine.
    Die aufgerollten Spiralen schnellten sich durch das sternförmige Loch in der Ebene und schossen ihm – langsam wie im Traum – entgegen, als wollten sie ihn vom Himmel holen. Einen schrecklichen Moment lang war alles weiß – auf allen Sinnen –, dann brachen Volyovas sensorische Eingaben abrupt ab. Sylveste stürzte so plötzlich in seinen Körper und auf die Brücke zurück, dass er beinahe aufgeschrien hätte. Es war ein Schock, der ihn bis in die Tiefen seiner Existenz erschütterte.
    Als er wieder im Vollbesitz seiner Kräfte war, konnte er noch zusehen, wie Alicia einen stummen Schrei ausstieß und – starr vor Angst oder auch vor Bestürzung – im Augenblick ihres Todes erkannte, wie sehr sie sich die ganze Zeit über geirrt hatte.
    Dann ertrank das Bild in weißem Rauschen.
 
    »Jetzt wissen wir wenigstens, dass er verrückt ist«, sagte Khouri Stunden später. »Wenn ihn das nicht abhalten konnte, noch näher an Cerberus heranzugehen, dann ist er ein hoffnungsloser Fall.«
    »Vielleicht war die Wirkung gerade entgegengesetzt«, sagte Volyova mit gedämpfter Stimme, obwohl sie im Spinnenraum einigermaßen sicher waren. »Jetzt weiß Sylveste, dass es etwas gibt, das sich zu erforschen lohnt, und ist nicht mehr nur auf Vermutungen angewiesen.«
    »Die Maschinen stammen von einer fremden Zivilisation?«
    »Offensichtlich. Und vielleicht können wir sogar ihren Zweck erraten. Cerberus ist eindeutig keine echte Welt. Es ist allenfalls eine echte Welt, die sich mit Maschinen, mit einer künstlichen Kruste umgibt. Das erklärt auch, warum der Kometenkrater nie gefunden wurde – vermutlich hatte sich die Kruste selbst repariert, bevor Alicia und ihre Besatzung nahe genug herankamen.«
    »Die Kruste wäre demnach eine Art Tarnung?«
    »Sieht ganz danach aus.«
    »Warum zieht sie dann die Aufmerksamkeit auf sich, indem sie die Sonden angreift?«
    Auch darüber hatte sich Volyova offenbar schon Gedanken gemacht. »Die Illusion lässt sich wohl nur auf Distanzen von mehr als einem Kilometer aufrechterhalten. Ich schätze, die Sonden waren im Begriff, die Wahrheit zu erkennen, als sie zerstört wurden. Die Welt hat also nichts verloren, sondern sogar noch gewisse Mengen an Rohmaterial gewonnen.«
    »Aber wozu? Wozu umgibt man einen Planeten mit einer falschen Kruste?«
    »Ich habe keine Ahnung und Sylveste vermutlich auch nicht. Deshalb wird er jetzt wahrscheinlich noch mehr darauf dringen, noch näher heran zu gehen.« Sie senkte die Stimme. »Er hat mich sogar schon gebeten, eine Strategie zu entwerfen.«
    »Eine Strategie wofür?«
    »Um ihn ins Innere von Cerberus zu bringen.« Sie hielt inne. »Er weiß natürlich von den Weltraumgeschützen und hält sie für wirksam genug, um sein Ziel zu erreichen. Sie sollen die Krustenmaschinerie an einer Stelle des Planeten schwächen. Das wird natürlich nicht genügen…« Sie schlug einen anderen Ton an. »Glaubst du, deine Mademoiselle hat immer schon gewusst, was er plante?«
    »Sie hat mehr als deutlich gesagt, man dürfe ihn nicht auf dieses Schiff lassen.«
    »Hat sie das etwa gesagt, bevor du zu uns kamst?«
    »Nein, hinterher.« Khouri erzählte Volyova von dem Implantat in ihrem Kopf und wie die Mademoiselle für diese Mission einen Teil ihres Ichs in Khouris Schädel übertragen hatte. »Sie war eine Landplage«, sagte sie. »Aber sie hat mich gegen deine Loyalitätstherapien immun gemacht und dafür sollte ich ihr wohl dankbar sein.«
    »Die Therapie hat

Weitere Kostenlose Bücher