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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Kontrollpersönlichkeit; mehr war von einem nur wenige Tage alten Gerät nicht zu erwarten. Einerseits war das ein Vorteil. Besser, das Ding hatte ein Spatzenhirn, als dass es größenwahnsinnig wurde. Außerdem hätte der Brückenkopf voraussichtlich nicht allzu viel Zeit, um sich seiner Empfindungsfähigkeit zu erfreuen.
    Tanzende Zahlenkolonnen im Innern der Sphäre meldeten Kampfbereitschaft. Volyova musste sich auf die Zusammenfassung der Systeme verlassen, denn die Waffe war ihr in großen Teilen fremd. Sie hatte nur die Grundlagen vorgegeben, die eigentliche Arbeit hatten autonome Entwicklungsprogramme erledigt, und die hatten sich nicht bemüßigt gefühlt, sie über jedes technische Problem und die dazu gehörige Lösung zu informieren. So war ihr der Brückenkopf weitgehend unbekannt, aber schließlich konnte auch eine Mutter ein Kind entstehen lassen, ohne jede Arterie, jeden Nerv genau lokalisieren… oder die biochemischen Vorgänge seines Stoffwechsels erklären zu können. Die Waffe war dennoch ihre Schöpfung – ihr Kind.
    Ein Kind, das sie zu einem frühen, schmachvollen – aber keineswegs sinnlosen – Tod verdammt hatte.
    Das Armband zirpte. Sie sah auf das Display, erwartete einen Schwall technischer Daten vom Brückenkopf; eine Meldung über eine kurzfristige Konstruktionsänderung, die von den noch aktiven Replikationssystemen im Kern unterwegs vorgenommen worden war.
    Aber es war etwas ganz anderes.
    Die Nachricht kam vom Schiff. Es hatte ein Gegenstück zu ihrem Splitter gefunden. Zwar hatte es auf technische Dateien zurückgreifen müssen, die mehr als zweihundert Jahre alt waren, aber dort war es fündig geworden. Und abgesehen von den Verformungsmustern – die wohl erst nach der Herstellung aufgetreten sein mussten – bestand innerhalb der Messtoleranzen eine Übereinstimmung von hundert Prozent. Volyova war immer noch allein auf der Brücke.
    »Auf das Display«, befahl sie.
    Der Splitter erschien zunächst in Vergrößerung als sichtbares Bild im Innern der Sphäre. Dann folgte eine Serie von Nahaufnahmen, beginnend mit einer Elektronenmikroskop-Ansicht in Grautönen, auf der die verzerrte Kristallstruktur zu sehen war, und endend mit einem grellbunten ATM-Bild mit einer Auflösung im Bereich der atomaren Längenskala, auf dem die Grenzen zwischen den Atomen verschwammen. Plots mit kristallografischen Röntgenbeugungsdaten und Massenspektrogramme erschienen in eigenen Fenstern und wetteiferten mit Unmengen von technischen Daten um ihre Aufmerksamkeit. Volyova schenkte diesen Werten keine Beachtung; sie waren ihr vollkommen vertraut, die meisten Messungen hatte sie selbst vorgenommen.
    Stattdessen wartete sie, bis das ganze Display zur Seite rückte und gleich daneben ganz ähnliche Grafiken auftauchten. Sie gruppierten sich um einen Splitter aus ähnlichem Material, identisch bei atomarer Auflösung, aber ohne die Verformungsmuster. Zusammensetzung, Isotopenverteilung und Gittereigenschaften waren identisch: jede Menge Fullerene in verschiedenen Kristallstrukturen durchzogen eine verwirrend komplexe Matrix aus übereinander gelagerten Metallschichten und exotischen Legierungen. Yttriumund Scandium-Signaturen und ein ganzer Schwung Transurane aus Stabilitätsinseln in Spurenelementen, die dem Splitter vermutlich eine unerhörte Elastizität verliehen. Dennoch wusste Volyova, dass es auf dem Schiff noch ausgefallenere Substanzen gab, einige hatte sie selbst synthetisiert. Der Splitter war ungewöhnlich, aber er war zweifelsfrei ein Produkt menschlicher Technik – die Buckytube-Filamente waren eine typische Demarchisten-Signatur und Transurane aus Stabilitätsinseln waren im vierundzwanzigsten und fünfundzwanzigsten Jahrhundert die große Mode gewesen.
    Tatsächlich sah das Bruchstück genauso aus wie das Material, aus dem in jener Zeit ein Raumschiffrumpf bestanden haben könnte.
    So dachte offenbar auch das Schiff. Aber warum hatte Khouri ein Stück Raumschiff im Fleisch gehabt? Was hatte Manoukhian damit sagen wollen? Vielleicht irrte sie sich auch, und Manoukhian hatte gar nichts damit zu tun – es war nur ein Unfall. Oder aber, es hatte sich um ein ganz bestimmtes Raumschiff gehandelt…
    Offenbar. Die Technik war insgesamt typisch für diese Zeit, aber in den Details war das Stück einmalig – es war auf höhere Belastungen hin ausgelegt, als selbst für militärische Einsätze nötig gewesen wäre. Je länger Volyova sich die Ergebnisse ansah, desto deutlicher wurde, dass das

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