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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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nicht dazu zu sagen?«
    »Ich habe das Gegenmittel an kleinen isolierten Proben getestet«, verteidigte sie sich. »Da hat es gewirkt. Ich konnte nicht versprechen, dass es bei einem vollständig verseuchten Organismus ebenso wirksam sein würde… aber zumindest – im schlimmsten Fall – ging ich davon aus, dass eine gewisse, wenn auch beschränkte Wirkung eintreten würde. Die Seuche muss etwas von ihren Kräften zur Abwehr des Gegenmittels verwenden; daran kommt man nicht vorbei. Ein Teil der Energie, die sie normalerweise in die Expansion stecken würde, wird für den Widerstand abgezweigt. Ich hoffte, das Virus würde die Seuche töten –beziehungsweise so verwandeln, dass wir sie behandeln konnten –, aber selbst bei pessimistischster Einschätzung dachte ich, dass sie sich einen Schnupfen holen würde, der die Ausbreitung deutlich verlangsamte.«
    »Davon sehen wir gar nichts«, bemerkte Calvin.
    »Aber was sie sagt, leuchtet ein«, gab Khouri zurück. Sylveste merkte, dass er sie so wütend anstarrte, als wolle er ihr die Existenzberechtigung absprechen.
    »Was sehen Sie denn?«, fragte Volyova. »Sie werden verstehen, dass ich ziemlich neugierig bin.«
    »Wir haben die Zufuhr unterbrochen«, sagte Calvin. »Deshalb hat sich das Wachstum zunächst stabilisiert. Aber als wir dem Captain das Gegenmittel gaben, beschleunigte sich seine Ausbreitung. Es war, als würde die Masse des Gegenmittels schneller in seine Matrix integriert als das Schiffssubstrat.«
    »Aber das ist doch lächerlich«, sagte Volyova. »Das Schiff wehrt sich nicht einmal gegen die Seuche. Wenn er sich tatsächlich schneller ausbreitet… würde das doch bedeuten, dass das Gegenmittel in ihn übergeht; dass es sich umwandelt, bevor die Seuche es zerstören kann.«
    »Wie Frontsoldaten, die schon desertieren, bevor sie die Feindpropaganda gehört haben«, sagte Khouri.
    Volyova nickte. »Ganz genau«, sagte sie, und Sylveste spürte zum ersten Mal etwas zwischen den beiden Frauen, das verdächtig nach gegenseitigem Respekt roch. »Aber das ist einfach nicht möglich. Dazu müsste die Seuche die Replikationsprogramme so völlig mühelos übernommen haben, als ob die nur darauf gewartet hätten. Ich sage Ihnen, das kann nicht sein.«
    »Dann versuchen Sie es doch selbst.«
    »Nein, danke. Nicht, dass ich Ihnen nicht glauben würde, aber Sie müssen auch mich verstehen. Aus meiner Sicht – und ich habe das verdammte Ding entwickelt – ergibt das einfach keinen Sinn.«
    »Eine Erklärung gibt es«, sagte Calvin.
    »Nämlich?«
    »Könnte Sabotage im Spiel sein? Wie ich Ihnen bereits sagte, sind wir der Ansicht, dass jemand den Erfolg dieser Operation nicht wünscht. Sie wissen schon, wen ich meine.« Er war vorsichtig geworden, wollte in Khouris Gegenwart oder im Erfassungsbereich von Sajakis Abhörsystemen nicht zu viel preisgeben. »Könnte sich jemand an Ihrem Gegenmittel zu schaffen gemacht haben?«
    »Darüber muss ich nachdenken«, sagte sie.
 
    Sylveste hatte nicht das ganze Fläschchen verbraucht, das Volyova ihm gegeben hatte, deshalb konnte er die Molekularstruktur dieser Probe und der anderen Kulturen untersuchen, die noch in ihrem Labor waren. Er verwendete die gleichen Instrumente, mit denen sie Khouris Splitter analysiert hatte. Als sie die Probe mit den Laborkulturen verglich, ergab sich Identität im Rahmen der Messgenauigkeit. Die Probe, die Calvin dem Captain verabreicht hatte, war genau so, wie Volyova es vorgesehen hatte, bis hinunter zur kleinsten chemischen Bindung zwischen den unbedeutendsten Atomen in der kleinsten und unwichtigsten Molekularkomponente.
    Volyova verglich die Struktur des Gegenmittels mit ihren Aufzeichnungen und stellte fest, dass sie nicht von dem Entwurf abwich, den sie viele subjektive Jahre lang im Kopf gehabt hatte. Alles war genau so, wie sie es geplant hatte. Niemand hatte sich an ihrem Virus zu schaffen gemacht. Niemand hatte ihm die Zähne gezogen. So viel zu Calvins Sabotagetheorie. Sie atmete auf – sie hatte nicht glauben wollen, dass Sajaki tatsächlich den ganzen Prozess behinderte; die Vorstellung, er könnte die Krankheit des Captains bewusst verlängern, war zu grässlich, sie war froh, dass sie sich nach der Untersuchung des Gegenmittels die ganze Idee mit Fug und Recht aus dem Kopf schlagen konnte. Natürlich traute sie Sajaki immer noch nicht über den Weg; aber wenigstens sprach nichts dafür, dass er sich in ein Ungeheuer verwandelt hatte.
    Aber es gab noch eine andere

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