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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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– als in der aktuellen Situation unbedingt erforderlich. Man spielt doch auch beim Pokern nie die beste Karte zuerst aus, sondern wartet, bis der Einsatz hoch genug ist.« Und dann erklärte sie, die Gegenmaßnahmen, die ihre Waffe derzeit einsetze, seien eigentlich archaisch und nicht besonders raffiniert. Sie habe sie uralten Einträgen im holografisch verteilten Datenspeicher der Waffenkammer entnommen und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. »Aktuell wären sie vor etwa dreihundert Jahren gewesen«, schloss sie.
    »Aber Cerberus holt auf.«
    »Richtig, allerdings ist die Zuwachsrate an technischer Kompetenz derzeit ziemlich stabil – wahrscheinlich, weil unsere Geheimnisse so mechanisch verarbeitet werden. Intuitive Sprünge sind nicht möglich, deshalb entwickeln sich die amarantinischen Systeme linear. Es ist, als würde jemand versuchen, einen Code nur mit simpler Rechenkapazität zu knacken. Deshalb weiß ich ziemlich genau, wie lange Cerberus brauchen wird, um unseren derzeitigen Stand zu überschreiten. Im Moment verringert sich unser Vorsprung alle drei bis vier Stunden Schiffszeit um etwa zehn Jahre. Damit haben wir knapp eine Woche Zeit, bis es wirklich spannend wird.«
    »Und das hier findest du nicht spannend?« Khouri schüttelte den Kopf. Nicht zum ersten Mal war ihr Volyovas Reaktion unbegreiflich. »Wie werden diese Steigerungen erreicht? Enthält deine Waffe auch eine Kopie der Waffenkammer?«
    »Nein. Zu gefährlich.«
    »Richtig; das wäre so, als schickte man einen Soldaten mit allen militärischen Geheimnissen hinter die feindlichen Linien. Wie gehst du also vor? Sendest du die Geheimnisse erst dann an die Waffe, wenn sie gebraucht werden? Ist das nicht ebenso riskant?«
    »So ist es tatsächlich, aber es ist viel sicherer, als du denkst. Die Sendungen werden mit einer Stromchiffre, einem so genannten One-time-Pad verschlüsselt; diese per Zufallsgenerator erzeugte Ziffernfolge gibt die Veränderungen an, die an jedem Bit im Rohsignal vorzunehmen sind; ob man eine Null hinzufügt oder eine Eins. Wenn man das Signal so verschlüsselt, kann der Feind die Urfassung nur wiederherstellen, wenn er eine Kopie des Codes besitzt. Die Waffe braucht natürlich eine solche Kopie – aber sie ist tief in ihrem Innern gespeichert, unter zehn Meter dicken massiven Diamantschichten mit hypergesicherten optischen Verbindungen zu den Kontrollsystemen für den Assembler. Nur bei einem schweren Angriff auf die Waffe bestünde die Gefahr, dass der Code erbeutet wird – und in diesem Fall würde ich einfach nichts mehr senden.«
    Khouri aß den Apfel mitsamt dem kernlosen Gehäuse auf. »Es gibt also eine Möglichkeit«, sagte sie nach kurzem Überlegen.
    »Eine Möglichkeit wofür?«
    »Ein Ende zu machen. Das wollen wir doch immer noch, oder nicht?«
    »Meinst du nicht, dass das Kind schon in den Brunnen gefallen ist?«
    »Das wissen wir nicht mit Sicherheit. Was ist, wenn doch noch etwas zu machen wäre? Bisher haben wir noch nicht viel gesehen, nur die Tarnschicht und darunter eine Schicht von Verteidigungsanlagen zu ihrem Schutz. Beides ganz erstaunlich, gewiss – und man könnte wahrscheinlich schon deshalb eine Menge daraus lernen, weil es sich um eine fremde Technik handelt –, aber was sich noch weiter unten verbirgt, wissen wir nicht.« Sie schlug auf ihren Stuhl, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, und sah mit Genugtuung, wie Volyova erschauerte. »So weit sind wir nicht gekommen, wir haben nicht einmal einen Blick darauf geworfen – und dabei wird es so lange bleiben, bis Sylveste tatsächlich hinuntergeht.«
    »Das werden wir nicht zulassen.« Volyova klopfte auf den Nadler, den sie in den Gürtel gesteckt hatte. »Jetzt haben wir hier das Sagen.«
    »Willst du riskieren, dass er die Bombe in seinen Augen zündet und uns alle tötet?«
    »Pascale sagt, die Bombe sei nur ein Bluff.«
    »Und das glaubt sie sicher auch selbst.« Khouri brauchte nicht weiterzusprechen. Volyova nickte bedächtig, sie hatte verstanden. »Es gibt eine bessere Möglichkeit«, fuhr Khouri fort. »Lass Sylveste ruhig gehen, wenn er will, aber lass uns dafür sorgen, dass es ihm nicht leicht fällt, ins Innere des Planeten zu kommen.«
    »Womit du sagen willst…«
    »Wenn du es nicht aussprechen willst, tue ich es. Wir müssen deine Waffe sterben lassen, Volyova. Wir müssen Cerberus den Sieg überlassen.«

Neunundzwanzig
    Cerberus/Hades, an der Heliopause von Delta Pavonis, 2566
    »Wir wissen nur«, sagte Sylveste,

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