Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
kommende Bitte, sich fern zu halten. Kannst du aus dem Kontext erschließen, ob das der Fall ist?«
    »Wenn es die mir vertraute Amarantin-Schrift wäre, vielleicht.« Sylveste verschwieg, dass er die Botschaft genau so interpretierte wie Calvin, aber diesen Eindruck nicht rational beweisen konnte. Doch das schreckte ihn nicht ab. Er fragte sich vielmehr, was die Amarantin dazu bewogen haben könnte; was so schlimm war, dass es in einer künstlichen Welt eingeschlossen und mit den stärksten Waffen verteidigt werden musste, die je eine Zivilisation gekannt hatte. Was war so unsagbar schrecklich, dass man es nicht einfach zerstören konnte? Was für ein Monstrum hatten sie geschaffen?
    Oder gefunden?
    Der Gedanke traf ihn wie ein Geschoss und fand in seinem Bewusstsein ein Loch, das wie für ihn geschaffen war. Als gehörte er dorthin. Sonnendiebs Schwarm hat etwas gefunden. Weit draußen am Rand des Systems hat er eine Entdeckung gemacht.
    Während er noch mit dieser Erkenntnis kämpfte, lösten sich die entzifferten Schriftzeichen aus dem Schacht und ließen Hohlräume zurück. Andere folgten; ganze Wörter, Phrasen, Sätze schälten sich ab und umkreisten Sajaki und Sylveste lauernd wie riesige Gebäude. Sie schwebten frei, gehalten von einem unbekannten Mechanismus, der weder mit gravitationellen noch mit magnetischen Schwankungen arbeitete und daher für die Sensoren des Anzugs nicht wahrnehmbar waren. Sylveste war von der absoluten Fremdheit dieser Objekte zunächst wie betäubt, doch dann begriff er, dass hier eine Logik am Werk war, gegen die es keinen Widerspruch gab. Was wäre wirkungsvoller als eine Warnung, die sich, wenn sie missachtet wurde, selbst in die Tat umsetzte?
    Plötzlich blieb für derart abstrakte Überlegungen keine Zeit mehr.
    »Anzugverteidigung auf Automatik.« Die Stimme des sonst so unerschütterlichen Sajaki kletterte eine volle Oktave höher. »Mir scheint, diese Gebilde wollen uns zermalmen.«
    Als hätte Sylveste das nicht schon selbst gemerkt!
    Die schwebenden Worte hatten sich um sie herum zu einer Kugel geordnet und rückten bedrohlich näher. Sylveste überließ seinem Anzug die Initiative. Sichtschilde wurden aktiviert, um die Retina vor der zerstörerischen Helligkeit der Plasma-Explosionen zu schützen. Alle manuellen Steuerungen wurden vorübergehend außer Kraft gesetzt. Das hatte gute Gründe: das Letzte, was der Anzug jetzt brauchte, war ein Mensch, der glaubte, die anstehenden Aufgaben besser erledigen zu können. Trotz der schweren Abschirmung tanzte ein Feuerwerk vor Sylvestes Augen. Photonenereignisse reizten seine Schaltkreise. Gleich außerhalb der Anzughülle tobten multispektrale Strahlungen von tödlicher Intensität. Er spürte heftige Bewegungen; Schubstöße vermutlich, die so stark waren, dass er immer wieder das Bewusstsein verlor. Er kam sich vor wie ein Zug, der durch eine ganze Serie von Gebirgstunneln fuhr. Vermutlich wollte sein Anzug weglaufen und wurde immer wieder radikal abgebremst. Irgendwann fiel er in eine tiefe, lange Ohnmacht.
 
    Volyova fuhr den Schub der Melancholie bis auf fast vier Ge Dauerbeschleunigung hoch und baute zusätzlich willkürliche Schwenks ein, für den Fall, dass das Lichtschiff mit kinetischen Waffen schießen sollte. Mehr Druck konnten sie ohne Schutzanzüge mit Brust- und Rückenschilden nicht ertragen und auch dieser Wert war unangenehm, besonders für Pascale, die an solche Belastungen noch weniger gewöhnt war als Khouri. Sie konnten ihre Sitze nicht verlassen, und alle Armbewegungen mussten auf ein Minimum reduziert werden. Immerhin konnten sie ein mehr oder weniger zusammenhängendes Gespräch miteinander führen.
    »Du hattest Kontakt mit ihm?«, fragte Khouri. »Mit Sonnendieb, meine ich. Ich habe es dir angesehen, als du kamst, um uns vor den Ratten in der Krankenstation zu retten. Es stimmt doch, nicht wahr?«
    Volyovas Stimme klang leicht gepresst, als würde sie gerade langsam stranguliert.
    »Wenn ich an deiner Geschichte noch Zweifel hatte, so verschwanden sie in dem Moment, als ich in sein Gesicht sah. Ich hatte ein Alien vor mir, soviel war sicher. Und ich begriff allmählich, was Boris Nagorny durchgemacht haben musste.«
    »Du meinst, was ihn in den Wahnsinn trieb.«
    »Glaube mir, wenn dieses Wesen sich in meinem Kopf eingenistet hätte, wäre es mir nicht anders ergangen. Außerdem befürchte ich, dass etwas von Boris in Sonnendieb eingedrungen sein könnte.«
    »Was glaubst du denn, wie mir zumute

Weitere Kostenlose Bücher