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Unerwünscht: Drei Brüder aus dem Iran erzählen ihre deutsche Geschichte

Unerwünscht: Drei Brüder aus dem Iran erzählen ihre deutsche Geschichte

Titel: Unerwünscht: Drei Brüder aus dem Iran erzählen ihre deutsche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mojtaba Milad; Sadinam Masoud; Sadinam Sadinam
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Bus fuhr brummend davon und tatsächlich: Nur Milad, Masoud, Madar und ich standen mit unserem Koffer vor einem mehrstöckigen Haus. In mir stieg die Hoffnung auf, die anderen Fremden für immer losgeworden zu sein. Und meine kleine Freude wuchs weiter, denn ich sah keine Schranke, keine Kontrollkabine und gar keine Zäune. Nur wir vier und das Gebäude! Obwohl dessen Ziegelfassade sehr alt und schmutzig aussah, weckte es schöne Erinnerungen in mir.
    Vor zwei Jahren hatte ich einen Roman verschlungen, in dem es um einen französischen Jungen namens Jacky und seine Abenteuer im elterlichen Landhaus ging. Es kam mir vor, als stünde ich nun selbst vor jenem prächtigen Landhaus: Die massive zweiflügelige Holztür, die reich verzierten Fensterrahmen und der breite Dachsims deuteten darauf hin. Auf einmal war ich selbst Jacky. Ich sah mich in einem der vielen hellen Zimmer versteckt, mit einem dicken Buch in der Hand, das ich heimlich aus dem für mich verbotenen Wandschrank der Eltern genommen hatte. Hinter einem gemütlichen Sofa hatte ich mich mit meiner Beute auf den glänzenden Boden gelegt und schlug neugierig die erste Seite auf.
    Plötzlich trat jemand aus dem Gebäude und weckte mich aus meinem Tagtraum. Es war ein großer Mann mit langen blonden Haaren. Er musste etwas jünger als unsere Mutter sein, vermutete ich. Als hätte er schon auf uns gewartet, kam er geradewegs auf uns zu und gab Madar die Hand. Sie wechselten ein paar Worte miteinander, da tauchte ein weißer Hund im Türrahmen auf und bellte kräftig. Der Mann drehte sich um und rief streng: »Floppy!«
    Floppy ringelte seinen wedelnden Schwanz und stürmte los. Dabei hüpfte sein welliges Haar auf und ab und sein offener Mund erweckte den Eindruck, als würde er lächeln. Er erreichte uns, sprang freudig seinen Herren an und ließ sich zur Belohnung am ganzen Körper knuddeln. So etwas hatte ich noch nie gesehen. In Teheran waren Hunde verpönt und die Erwachsenen verscheuchten sie.
    Der Mann führte uns zum Hinterhof des Gebäudes, wo eine Tür offen stand, die wie ein Hintereingang aussah. Er übergab Madar einen Schlüssel und verschwand wieder samt Hund.
    Hinter der Tür erwartete uns eine Wohnung, die nichts mit dem prächtigen Landhaus meiner Fantasie gemein hatte: ein Flur, in den man eine notdürftige Küchenzeile hineingequetscht hatte, ein Schlafzimmer mit einem alten Holzschrank und zwei Etagenbetten aus Metall, eine kleine Toilette und ein düsteres Wohnzimmer. Die zwei kleinen Fenster darin – die einzigen der gesamten Wohnung – ließen nur wenig Licht herein, das dann auch noch von den hässlichen braunen Tapeten verschluckt wurde. Auf dem stumpfen Boden standen ein uraltes Sofa und eine abgenutzte Eckbank, die sich hinter einem unverhältnismäßig großen Tisch versteckte.
    Ich wollte am liebsten weglaufen, raus auf den Hof, um dem Muff dieser Räume zu entkommen. Die Vorstellung, hier einschlafen und aufwachen zu müssen, ekelte mich an. Madar ließ es sich nicht anmerken, aber ich war mir sicher, dass sie Ähnliches fühlte, als sie mit fester Stimme sagte: »Kommt! Wir gehen einkaufen. Wir brauchen Reinigungsmittel. Hier muss dringend geputzt werden!«
    Wir verließen die Wohnung und die Tür fiel hinter mir zu. Ich drehte mich bewusst nicht um. Ich versuchte mir einzureden, dass sie nicht existierte. Vielleicht war das nur ein Albtraum, aus dem ich aufwachen könnte, wenn ich es wirklich wollte. Und mit jedem Schritt glaubte ich fester daran.
    »Fünfundsechzig Mark«, sagte Madar plötzlich. Sie hielt einige Scheine in der Hand, die sie von Dickbauch erhalten hatte. Ich fragte mich, was wir dafür kaufen könnten, denn im Iran kosteten schon drei Eis am Stiel und eine Packung Kaugummis hundert Toman .
    »Da!«, rief Masoud und zeigte auf eine elektrische Schiebetür, in die Menschen verschwanden, um mit prall gefüllten Einkaufstaschen wieder herauszukommen. Über dem Eingang hing ein großes gelbes Schild: EDEKA .
    Kurz darauf hatte die Tür auch uns verschluckt. Vor mir öffnete sich der größte Laden, den ich jemals betreten hatte. Alles glänzte und meine Augen sprangen von einem hohen bunten Regal zum nächsten, bis sie am dicht beladenen Obststand halt machten. »Madar, guck! Die haben hier Chormalu  – Kakis!«, sagte ich voller Aufregung. Ich hechtete zu ihnen und betastete zwei der orangefarben-glänzenden Früchte. Das Wasser lief mir im Mund zusammen, und ich hätte ohne nachzudenken reingebissen, wenn Madar

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