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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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Tschupsch nahm den nächsten Pappkarton vom Stapel. Er enthielt Unmengen alter Speisekarten. Nicht nur, wie sich herausstellen sollte, welche aus Berlin, sondern aus aller Herren Länder. Offensichtlich hatte sich Luise Tschupsch nach jeder Mahlzeit die Karte, nach der sie gewählt hatte, schenken lassen, gekauft oder einfach mitgehen lassen. Bislang hatten wir schon bergeweise Theater-, Kino- und Konzertprogramme, Fahrscheine von Transportunternehmen front all over the world, Plastiktragetaschen und Alben mit Zigarettenbildchen gefunden. Die waren ganz besonders reizend.
     
    DIE WELT IN BILDERN,
    eine Sammlung alles dessen, was den
    gebildeten Menschen interessiert.
    Zusammengestellt und den Freunden der guten
    Josetti-Cigaretten ‹Juno› und ‹Eljen› gewidmet...
     
    Was es da alles gab: Kinderbilder alter Meister – Das verschneite Riesengebirge – Der Muff – Chinesische Priesterkaste – Berühmte Rennfahrer (Caracciola, ah ja!) – Boxer von Weltklasse (Jack Dempsey, Max Schmeling, Gene Tunney) – Deutsche Technik («In der Geschichte der Technik steht Deutschlands Name strahlend mit an erster Stelle... Deutsche Technik. Wir haben es nicht nötig, sie mit billigem Lorbeer zu krönen, sie, die sich selbst erhöht dadurch, daß sie Dienende wird; Dienende nicht nur des engeren Vaterlandes, sondern aller, die sich zum Licht bekennen.») Heil Hitler! Nein, das war wohl schon 1927/28 so geschrieben worden.
    «Sie halten mich noch immer für den Mörder meiner Schwester?» fragte Ludger Tschupsch unvermittelt.
    «Sagen wir mal so: Solange der nicht gefunden ist, bleiben Sie einer der potentiellen Täter...»
    «Darf ich wissen warum?»
    «Es gibt einiges zu erben hier. Die Wohnungseinrichtung, die Wertpapiere... Mindestens hunderttausend Mark, wie ich gehört habe, trotz des geklauten Schmucks immer noch.»
    Ludger Tschupsch sprang auf und öffnete die Dachluke mit einer etwas sehr theatralischen Geste. «Der Himmel ist mein Zeuge, daß ich sehr an meiner Schwester gehangen habe!»
    «Das eine schließt das andere nicht immer aus...»
    Ich kniete immer noch am Boden, und es war schon ein wenig komisch, wie er da aus einer Position der Schwäche auf mich hinuntersah. «Ich weiß genau, warum Sie mich auf Ihrer Liste haben.»
    «Da wissen Sie mehr als ich...» Das war kein Bluff, sondern die Wahrheit. Es war ebenso eine diffuse Ahnung, daß ich ihn noch einmal aufgesucht hatte wie die eher zufällige Tatsache, daß ich gegenüber im «Club Dionysos» nach möglichen Bordellbesuchen von Viebak gefragt und ihn am Fenster gesehen hatte.
    Zu meiner Überraschung legte er jetzt einige seiner Karten auf den Tisch. «Ja, ich habe aus Rußland Ikonen mit nach Deutschland gebracht, geschmuggelt, wenn Sie so wollen. Um mich über Wasser zu halten, um zu überleben. Die Kontakte hatte ich seit meiner NASA-Zeit. Luise hat nichts davon gewußt, natürlich nicht. Bei ihren strengen moralischen Maßstäben, da...»
    «Die Ikonen, schön, aber ich bin die Oranienburger Mordkommission und nicht die Steuerfahndung oder was weiß ich...» Zu fragen war, was er mit diesem Bauernopfer bezweckte. «Ich habe den Mord an Ihrer Schwester aufzuklären und nicht den Tod dieses Ikonenhändlers am Kurfürstendamm...» Damit erhob ich mich, um ihn nun besser im Blick zu haben.
    Ludger Tschupsch starrte mich an. Er ahnte offenbar, daß das ein verdammt raffinierter Zug sein konnte, wußte aber nicht, welche seiner Figuren nun gefährdet waren. «Sie meinen, Luise hätte was gewußt und mich anzeigen wollen...?»
    Ich wiederholte seine eigenen Worte. «Bei ihren strengen moralischen Maßstäben, da...»
    Er fiel auf einen alten Küchenstuhl. «Da sitze ich ganz schön in der Klemme, was...?»
    Es wurde Zeit, ihm Schach zu bieten, obwohl ich für ein Matt noch lange keine Chance sah. «Noch viel mehr aber durch die Tatsache, daß Sie jetzt bei der (Roland Anders Gas- & Wasserinstallation Oranienburg» beschäftigt sind...»
    Sein Erstaunen schien echt zu sein. «Wieso das?»
    «Weil besagte Firma finanziell von der Havelland-Investment GmbH des Wolfram Schwermer abhängig ist...» Das hatte ich in den letzten Tagen mühsam herausgefunden, hauptsächlich durch die Gespräche mit den Herren der Brandenburgischen Vereinsbank. «Schwermer hat mit Sicherheit dubiose Hintermänner, Stichwort Mafia, und er ist im Streit um die Woerzke-Millionen von Friedrichsheide der große Nutznießer dieser seltsamen Auferstehung des Toten vom Speziallager Nr.

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