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Ungeahnte Nebenwirkungen

Ungeahnte Nebenwirkungen

Titel: Ungeahnte Nebenwirkungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Pearl
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Gastgeberin. »Einen Tee oder Kaffee vielleicht?«
    Nicole fühlte sich verunsichert über die plötzliche Distanz, die beim Anblick der Bilder wieder zwischen ihnen entstanden war.
    »Gut, dann werde ich mal die Kaffeemaschine in Betrieb nehmen, während du dich weiter umsiehst«, entschied Mirjam.
    Nicole bewegte sich behutsam durch den Flur. Sie hatte das Gefühl, selbst normal feste Schritte könnten die gläserne Stille, die sich in der Wohnung breitgemacht hatte, mit einem Knall zum Bersten bringen.
    Als nächstes betrat Nicole das Schlafzimmer. Oh, wie praktisch, dachte sie, da könnte ich doch gleich bleiben. Vielleicht wird der Kaffee ja auch hier ans Bett serviert? Die Aussicht, Mirjam in ihrem eigenen Bett zu lieben, war sehr, sehr verlockend, doch Nicoles Neugier auf die restlichen Zimmer der Wohnung besiegte diesen ersten Wunsch.
    Sie schaute sich kurz um. Ihr Erstaunen, als sie wieder Landschaftsbilder an den Wänden entdeckte, hielt sich in Grenzen. Mirjam musste ein wahres Talent sein, konstatierte sie, die Bildausschnitte, die ihr entgegenleuchteten, strahlten eine ungeheure Kraft aus. Nicole versuchte herauszufinden, auf welchem Erdteil diese Aufnahmen entstanden waren. Australien vielleicht?
    Das Badezimmer wies keine Besonderheiten auf. Konnten Badezimmer überhaupt irgendwie speziell gestaltet werden? fragte sich Nicole, ehe sie das Wohnzimmer, das sie sich bis zum Schluss aufgespart hatte, betrat.
    Nicole blieb der Atem weg. Sie blickte direkt in Mirjams Augen, die ihr von einem überdimensionalen Bild entgegenlachten. Oh Göttin, ist sie schön, dachte Nicole geplättet. Die Fotografie musste vor etlichen Jahren entstanden sein, denn obwohl Mirjam darauf eindeutig zu erkennen war, schien sie unglaublich jung und energiegeladen zu sein. Nicole trat einen Schritt näher und sah in der rechten Ecke einen Schriftzug, der sie neugierig machte. Sie neigte sich nach vorn. »Für immer, Michaela« stand da mit verschnörkelten Buchstaben geschrieben.
    Nicole fühlte, wie ihr das Blut in den Adern gefror. Was hieß denn da »Für immer?« und wer zum T. . . war Michaela? Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Nicole geglaubt, Eifersucht mit logischen Argumenten bekämpfen und beherrschen zu können, doch jetzt, Auge in Auge mit dem lachenden und offensichtlich glücklichen Gesicht ihrer Liebsten, rang sie um ihre Fassung. Einen solchen Ausdruck hatte Nicole bis jetzt nur sehr, sehr selten auf Mirjams Gesicht entdeckt. Wenn sie sich geliebt hatten und Mirjam ihre letzte Zurückhaltung aufgab, dann konnte es sein, dass sie genauso lachte – doch wie gesagt, es kam selten vor.
    Nicole hatte nicht bemerkt, wie Mirjam hinter sie getreten war. »Ich habe sie geliebt«, hörte sie Mirjam plötzlich sehr leise sagen. »Sie war ein Teil von mir, sie war ein Teil meines Lebens.«
    Nicole verlor den Boden unter den Füssen, Stück für Stück. Was hätte sie dafür gegeben, wenn Mirjam ihr gegenüber auch nur den Hauch eines solchen Eingeständnisses gemacht hätte!
    Mirjam schien Nicole nicht mehr wahrzunehmen. Sie war in ihre Welt abgetaucht, zu der Nicole keinen Zutritt hatte, den Weg noch nie hatte finden können, um ihr in die Tiefe zu folgen.
    »Für sie hätte ich mein Leben gegeben. Sie fehlt mir – selbst nach fünfzehn Jahren noch! Wieso hat sie sterben müssen? Wieso sie und nicht ich? Ich habe sie doch geliebt. Ich werde nie wieder vollständig sein!« Mirjam kämpfte mit den aufsteigenden Tränen.
    So verletzt sich Nicole durch dieses Geständnis auch fühlte, sie liebte die Frau, die vor ihr stand und die Realität um sich herum ausgeblendet hatte. Behutsam zog sie Mirjam in ihre Arme. Sie spürte, wie heiße Tränen ihre Bluse zu durchnässen begannen, obwohl sie von Mirjams Weinen nichts hörte.
    Lange standen die beiden Frauen reglos mitten im Raum. Schließlich löste sich Mirjam aus der Umarmung. Sie stricht sich fast ärgerlich die Tränen aus dem Gesicht. »Entschuldige, ich . . .«, begann sie.
    Nicole hob die Hand, um sie am Weitersprechen zu hindern. Ihr reichte es mit den Geständnissen für heute. Mehr konnte sie beim besten Willen nicht mehr verkraften. Mirjam nickte verstehend. »Komm in die Küche, der Kaffee ist fertig«, forderte sie Nicole auf und ging auch schon voraus.
    Nicole atmete auf. Sie würde den Kaffee trinken und dann so schnell wie möglich versuchen, nach Hause zu kommen. Dort hingen wenigstens keine Fotografien aus glücklichen Tagen mit einer Ex, egal ob tot oder

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