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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Artikel stehen mochte und wieso ihr Chef auf die Idee gekommen war, er stamme von ihr.
    »Wovon ich rede? Von diesem Artikel hier –«, die Zeitung wurde anklagend vor Laras Augen geschwenkt, »über den Serienmörder, der reihenweise junge blonde Frauen umbringt, nachdem er sie vorher mit dem Elektroschocker betäubt hat, um sie dann auszuschlachten, das Ganze immer freitags, wie Sie schreiben!«
    In Laras Beinen breitete sich ein Taubheitsgefühl aus, und sie musste sich setzen. »Ich habe das nicht …«
    »Streiten Sie es doch nicht ab! Sie machen alles nur schlimmer!
« Gernot Hampenmann sprühte einen feinen Speichelregen über den Tisch, während er fortfuhr. »Wie kann man nur so egoistisch sein! Ich dachte immer, ich kann meinen Mitarbeitern vertrauen! Wer hat den Artikel eigentlich gegengelesen?«
    »Das weiß ich auch nicht. Der Text ist nicht von mir.« Allmählich verwandelte sich Laras Verblüffung in Zorn.
    »Versuchen Sie nicht, es zu leugnen, Frau Birkenfeld! Das ist doch das Letzte!« Der Redaktionsleiter machte eine unwirsche Handbewegung und griff nach seinem Telefon. »Bitte gehen Sie. Ich möchte mir klar werden, wie wir weiter verfahren.«
    Wahrscheinlich wollte er den Geschäftsführer anrufen. Lara hatte ein Dejà-vu-Gefühl.
    Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss, und sie atmete tief durch.
    Hubert und Christin saßen vor ihren Bildschirmen und tippten wie die Weltmeister. Wahrscheinlich hatten sie eben noch gelauscht.
    Auf dem Weg zu ihrem Schreibtisch dachte Lara kurz darüber nach, sich zu entschuldigen und nach Hause zu gehen, wusste aber im gleichen Augenblick, dass dies das falsche Zeichen gewesen wäre. Sie hatte keine Schuld an dem, was ihr vorgeworfen wurde, und es gab keinen Anlass zu kneifen. Sie rief die heutige Ausgabe der Zeitung auf.
    Der Artikel über den Serienmörder war mit dem Kürzel »LB« gekennzeichnet. »LB« wie Lara Birkenfeld. Das bedeutete, sie hatte ihn verfasst. Nur dass sie nichts davon wusste. Einen winzigen Augenblick lang erwog Lara die Vorstellung, sie habe den Text gestern selbst geschrieben und in einer Art Geistesverwirrung die Erinnerung daran verloren, wusste aber sofort, dass das Unfug war.
    Nachdem sie den gesamten Artikel noch einmal überflogen
hatte, war ihr klar, dass die genannten Fakten allesamt stimmten. Und der Text war auch von ihrem Arbeitsplatz aus eingegeben worden. Irgendjemand musste also hier an ihrem Computer und unter ihrem Kürzel die brisanten Informationen veröffentlicht haben.
    Wer war dieser »Jemand«? Fast jeder in der Redaktion kam in Frage, denn die meisten Kollegen kannten ihr Passwort. Lara erhob sich und ging in die Küche, um sich ein Wasser zu holen. Es gab noch eine zweite Frage: Wie war die Person an die vertraulichen Informationen gekommen?
    »Was war denn da grade los?« Isabell drückte den Rücken durch und klappte die Tür des Geschirrspülers zu.
    »Nichts.« Lara betrachtete die karierten Shorts der Praktikantin. War Isabell gestern Nachmittag hier gewesen?
    Ihre Gespräche mit Mark kamen ihr in den Sinn. Wie sie ihm hoch und heilig versichert hatte, dass die internen Informationen bei ihr sicher seien. Sie hielt den Becher unter den blauen Hahn des Wasserspenders. Die Kälte aus dem Gefäß kroch in ihre Fingerspitzen und breitete sich aus.
    Lara setzte sich, nahm einen tiefen Schluck, stützte die Stirn in die Handflächen und versuchte sich zu erinnern, wie der gestrige Tag abgelaufen war, als ihr Handy anklagend zu klingeln begann.
    Beate Zimmer rückte die Brille zurecht und ließ den Blick vom Einkaufszettel zu den Obstauslagen gleiten. Nach langem Zögern entschied sie sich für eine Schale Himbeeren und schob dann den Wagen langsam vorwärts. Das linke Vorderrad klackte an jeder Fuge. Beim Fleischverkauf standen nur zwei Leute an. Es hatte seine Vorteile, wenn man erst kurz vor Ladenschluss einkaufen ging. Manchmal waren zwar bestimmte
Obst- und Gemüsesorten ausverkauft, aber das störte sie nicht. Sie parkte ihren Einkaufswagen neben den Gewürzen und stellte sich hinter einem großgewachsenen Mann in dunkelgrauem Anzug an. Er hatte ein aufdringliches Parfüm. Es erinnerte an Wald und Kiefernnadeln, gemischt mit etwas Zitrone. Sie betrachtete den kurzgeschorenen Nacken des Anzugträgers. Männer mit ordentlichen Frisuren gefielen ihr besser als die heutigen Jugendlichen. Was die auf den Köpfen hatten, konnte man oft gar nicht mehr als »Haarschnitt« bezeichnen. Beate dachte an Jochen. Jochen

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