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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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nach unten glitt. Der Mann hinter dem Steuer grinste.
    »Morgen, Isi.« Lara löste den Blick vom Monitor und betrachtete das, was die Praktikantin heute anhatte. Eine Art Bermudashorts mit sehr kurzen Beinen, darüber ein geringeltes Neckholder-Shirt, hoch am Hinterkopf wippte ein Pferdeschwanz. Isabell sah wie eine Vierzehnjährige aus. Wenigstens war mit einer kurzen Hose die Gefahr, dass ihr Unterhöschen hervorblitzte, wenn sie sich zu sehr nach vorn beugte, gebannt.
    Ach ja – Lara schaute zum Schreibtisch gegenüber –, der Adressat der Spitzenunterwäsche war ja heute gar nicht in der Redaktion. Tom würde frühestens am Nachmittag wieder hier sein. Tom war im Gericht. Heute sollte das Urteil gegen die Mutter des toten Dennis verkündet werden.
    Lara sah Isabell nach, die hüftschwenkend in der Kaffeeküche verschwand. Da hatte sie nun wochenlang über den Prozess berichtet, und jetzt, wo es an die Urteilsverkündung ging, saß sie hier in der Redaktion und befasste sich mit dem langweiligen Alltagsgeschäft. Und das Ganze nur, weil der Hampelmann Kriminalkommissar Stiller mehr glaubte als ihr.
    Isabell kam zurück und setzte sich auf Toms Drehstuhl. »Ich hab die Kaffeemaschine angestellt.«
    »Fein.« Lara schaute nicht hoch. Aus dem Treppenhaus ertönte der Lärm sich hastig nähernder Schritte. Dann flog die Tür auf, und Redaktionsleiter Hampenmann stand schwer atmend im Eingang. Er deutete mit dem Zeigefinger anklagend auf Lara und schnaufte dabei so heftig, dass er kein Wort hervorbrachte. Sein Gesicht war hochrot, Schweißperlen funkelten
im Licht. Jetzt quetschte er ein »Sie! … Sie! …« heraus, während die Hand noch immer in Laras Richtung zeigte.
    Isabell erhob sich lautlos und verschwand in der Küche. Wenn sie wollte, konnte sie sich ohne jeden aufreizenden Hüftschwung schnell und effizient vorwärtsbewegen.
    »Kommen Sie mit!« Ohne sich nach ihr umzudrehen, marschierte Gernot Hampenmann, noch immer nach Luft ringend, in sein Büro. Lara sah erst jetzt, dass er die heutige Ausgabe der Tagespresse in der Hand hielt, und fragte sich, ob seine Erregung etwas mit dem zu tun haben mochte, was darin stand.
    In Hampenmanns Zimmer war es noch kühl. En frischer Luftzug wehte zum gekippten Fenster herein. Lara blieb vor dem Schreibtisch stehen, während der Redaktionsleiter die Arme aus dem Jackett nestelte. Die Zeitung hatte er direkt vor sich auf den Tisch geworfen. Sie versuchte, in den auf dem Kopf stehenden Schlagzeilen zu lesen, um herauszufinden, was den Mann so verärgert haben mochte, wurde jedoch, noch bevor das Buchstabengewirr einen Sinn ergeben konnte, aus ihren Überlegungen gerissen.
    »Ich fordere eine Erklärung!« Hampenmann nahm die Zeitung, klappte sie auf und drehte sie so, dass Lara die Überschrift in der unteren Hälfte lesen konnte. Die Worte »Serienmörder« und »weidet aus« hinterließen auf Laras Netzhaut ein flammendes Abbild. Sie machte einen Schritt nach vorn, um den Text unter der Schlagzeile zu lesen, aber das Papier wurde vor ihrer Nase weggezogen.
    »Ich glaube nicht, dass Sie das erst lesen müssen, um zu begreifen, was ich meine, Frau Birkenfeld!«
    »Ich verstehe nicht…« Da der Redaktionsleiter sich nicht gesetzt hatte, war auch Lara stehen geblieben.
    »Tun Sie doch nicht so unschuldig!«

    Lara schielte zum Fenster. Das Geschrei des kleinen Mannes war bestimmt bis auf die Straße zu hören. Noch immer kreiste das Wort »Serienmörder« durch ihren Kopf, sodass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte, geschweige denn eine Idee hatte, was diese Anklage sollte.
    »Vorhin hat mich die Kripo aus Regensburg angerufen, stellen Sie sich vor! Haben Sie auch nur den Hauch einer Ahnung, was Sie mit Ihrem Geschmiere angerichtet haben?«
    »Die Kripo aus Regensburg?« Noch immer standen sie sich wie zwei Kampfhähne gegenüber.
    »Was fällt Ihnen ein, vertrauliche Informationen zu veröffentlichen, völlig egal, aus welcher Quelle auch immer sie stammen! Und das auch noch ohne Genehmigung!« Gernot Hampenmann hatte die Zeitung zusammengerollt und klatschte sie im Takt seiner Worte auf die Tischplatte. »Sind – Sie – denn – jetzt – völlig – übergeschnappt? Zuerst bringen Sie Kriminalkommissar Stiller mit Ihren Aktionen gegen uns auf und nun das!«
    »Herr Hampenmann, bitte, ich weiß gar nicht, wovon Sie reden.« Lara suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, den aufgebrachten Mann zu beruhigen, und fragte sich gleichzeitig, was in dem

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