Ungeplant (German Edition)
Großpackung Eis am Stiel aufgerissen und sich gleich eins davon in den Mund geschoben. Er hält es komplett mit den Lippen umschlossen, um beide Hände fürs Einkäufe verräumen freizuhaben. Fasziniert sehe ich dabei zu, wie es an den Rändern schmilzt und langsam auf sein T-Shirt tropft. Bevor er komplett bekleckert ist, ziehe ich es ihm aus dem Mund. Ich lecke die geschmolzenen Tropfen an den Seiten ab und halte es Sven wieder hin, der mich mit leicht geöffneten Lippen und schwer atmend anstarrt.
„Was?“, frage ich verlegen.
Statt einer Antwort schmeißt er die Packung Reis, die er gerade in der Hand hält, wieder in den Einkaufswagen und legt eine Hand in meinen Nacken. In einem Wimpernschlag liegen seine Lippen auf meinen und sein warmer Körper presst mich ans Auto.
Er schmeckt nach Vanilleeis, aber das tue ich auch. Wehrlos lasse ich die Arme an den Seiten runter hängen. Das Eis fällt mir aus der Hand, doch das merke ich schon gar nicht mehr, als sich seine Zunge in meinen Mund schiebt. Sven drückt sein Knie zwischen meine Beine und lässt mich die Hitze seines Körpers spüren. Eine Gruppe Jugendlicher geht johlend an uns vorbei. Doch selbst das kann mich nicht stören, wenn er von meinem Mund kostet und mir unmissverständlich klar macht, dass er mich immer noch will.
Schließlich löst er sich von meinen Lippen und sieht mir tief in die Augen.
„Ich liebe dich.“
Trotz dieses leidenschaftlichen Moments steckt in seinen Worten nichts als die pure Ehrlichkeit. Sven sagt solche Dinge nie, wenn er sie nicht auch von ganzem Herzen meint.
„Du solltest mich nicht so küssen“, erwidere ich atemlos.
„Dann halt mich davon ab, Lina.“
Grinsend stößt er sich vom Auto ab und widmet sich wieder dem Einräumen der Einkäufe.
Max fängt schon im Hausflur an zu weinen. Wahrscheinlich ist er einfach nur überhitzt von der Autofahrt, doch trotzdem gefällt er mir nicht.
In der Wohnung nehme ich ihn gleich aus der Babyschale und stelle fest, dass er glüht.
Sven kommt hinter mir mit den Einkäufen die Treppe hoch.
„Was ist los?“, fragt er besorgt.
„Ich weiß nicht genau. Er ist total heiß. Vielleicht hat er Fieber.“
Max‘ Weinen wird immer eindringlicher.
„Dann solltest du mal messen. Er sieht nicht gut aus.“
Scheinbar geht er davon aus, dass ich weiß, was zu tun ist, denn er verschwindet mit den Einkaufstaschen in der Küche.
„Sven?“ Ich kann die Panik in meiner Stimme nicht unterdrücken.
„Ja?“ Erwartungsvoll schaut er aus der Küchentür.
„Was mach ich jetzt? Ich hab noch nicht mal ein Fieberthermometer für ihn. Hab ich es nicht gesagt? Ich bin eine Rabenmutter.“
Mittlerweile brüllt Max in voller Lautstärke an meiner Schulter. Beruhigendes Schaukeln hilft da auch nicht mehr. Sven verschwindet wieder in der Küche, kommt aber ein paar Sekunden später mit dem Telefon wieder raus. Er hält mir den Hörer entgegen.
„Möchtest du vielleicht deine Mutter anrufen? Sie hat zwei Kinder großgezogen, da wird sie vielleicht einen Tipp haben. Ich gehe aber gleich noch mal los und besorge ein Thermometer. Und hör bitte auf mit dem Rabenmutterscheiß.“
„Meine Mutter ist nutzlos. Sie heult mir nur die Ohren voll, wenn ich sie anrufe.“
„Dann ruf ich jetzt Jana an.“
„Okay, Sven. Danke.“
Meinen Dank winkt er nur ab. Ich hole eine Teeflasche aus der Küche und versuche, Max auf der Couch im Wohnzimmer etwas Flüssigkeit einzuflößen.
„Der Kurze ist heute geimpft worden?“, fragt Sven nach, während er mit seiner Schwägerin telefoniert.
„Ja, ist er.“
Der Stress macht mich wieder überemotional und so heule ich Max voll, der in meinem Arm Tee nuckelt.
Nach ein paar Minuten legt Sven sein Telefon auf den Wohnzimmertisch und kniet sich vor mich hin. Er wischt die Tränen von meinen Wangen und lächelt mich aufmunternd an.
„Jana sagt, er hat wahrscheinlich eine ganz normale Reaktion auf die Impfung. Eigentlich hätte der Kinderarzt dich darüber aufklären müssen. Solange seine Temperatur nicht über 39 Grad steigt, gibt es keinen Grund zur Panik. Zur Nacht sollst du aber trotzdem ein Fieberzäpfchen geben, damit er nicht unkontrolliert hoch fiebert und ein bisschen Ruhe bekommt.“
„Ich hab auch keine Fieberzäpfchen. Ich weiß ja noch nicht mal, wie hoch sein Fieber ist“, schniefe ich.
„Lina, schau mich an.“
Sanft drückt er mein Kinn hoch, damit ich ihn ansehe.
„Jana hat mir genau gesagt, was wir brauchen. Zwei Häuser
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