Ungeplant (German Edition)
packen. Nie hätte ich vermutet, dass Kinder so einsam machen können.
Ich schreibe eine Nachricht an Jenny und frage sie, ob sie Lust hat vorbeizukommen. Doch sie antwortet gar nicht erst. Vermutlich ist sie bei ihrem neuen Kerl, den sie letztes Wochenende in irgendeinem Club aufgerissen hat.
Dann also Sven. Wenn er keinen Anfang macht, dann werde ich es eben tun.
- Das Leben ist manchmal verdammt unfair. Und Kinder machen echt einsam. Lina -
- Beim ersten Punkt gebe ich Dir recht. Die Einsamkeit ist allerdings eine selbst gewählte, Lina. Hattest du schon Abendessen? Sven -
- Zählen ein Müsliriegel und eine Apfelschorle? -
- Ich bin in einer halben Stunde bei Dir. Pizza oder Pasta? -
- Tortellini Gorgonzola von Nido und Du bist mein Held. -
Er braucht exakt 35 Minuten.
Da es noch so warm ist, essen wir auf dem Balkon. Keiner von uns erwähnt den letzten Vorfall und wir verhalten uns, als wäre es nie passiert. Ich weiß nicht, ob ich das gut finden oder hassen soll.
„Wie läuft der Job?“, frage ich mit halb vollem Mund. Eigentlich habe ich bessere Manieren, aber der Duft der Pasta hat mir schon das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen, als er damit die Tür reinkam.
Amüsiert grinst Sven mich an.
„Es läuft gut. Ich bin froh, dass ich wieder das tun kann, was ich gelernt habe.“
Er streckt die Hand zu meinem Gesicht aus und wischt mir mit dem Zeigefinger Nudelsoße aus dem Mundwinkel.
„Du hattest da was.“ Beiläufig steckt er sich den Finger in dem Mund und leckt ihn ab, um sich dann wieder seiner Pizza zu widmen.
„Wie geht es Max? Geht ihr morgen wieder schwimmen?“, fragt er, um diese so vertraute Geste zu überspielen.
„Max geht’s gut. Wir haben morgen früh einen Termin für die U4. Mit dem Schwimmen werden wir es noch mal probieren, aber wenn er morgen immer noch weint, dann lassen wir es bleiben.“
„Du siehst nicht gut aus, Lina. Ich mache mir Sorgen. Du bist furchtbar dünn geworden.“
„Mit Max vergesse ich einfach das Essen.“
Mit ihm werden viele Dinge unwichtig. Nur meine Gefühle für Sven nicht.
„Dann muss ich dich wohl öfter zum Abendessen überreden.“ Statt mich anzusehen, schaut er lieber über das Balkongeländer in die Ferne. Ehe eine peinliche Stille entstehen kann, erklingt Max‘ Weinen übers Babyfon. Ich will gerade aufstehen, um zu ihm zu gehen, doch Sven hält mich am Handgelenk fest.
„Darf ich gehen?“
„Du musst das nicht tun.“
„Ich will es. Darf ich?“
Ich nicke. Natürlich darf er. Sofort springt er auf und geht in die Wohnung.
Was mache ich nur mit ihm?
Während Sven sich um Max kümmert, sammele ich die Reste vom Abendessen ein und räume die Küche noch ein bisschen auf. Schließlich bereite ich auch schon Max‘ Nachtflasche vor, doch Sven ist immer noch nicht aus dem Schlafzimmer zurückgekommen.
Vorsichtig öffne ich die Tür einen Spalt. Er liegt mit geschlossenen Augen auf dem Rücken in meinem Bett. Eine Hand durch die Gitterstäbe von Max Bett gesteckt, schläft er tief und fest. Max umklammert seinen kleinen Finger und schläft dabei selbst den Schlaf der Gerechten. So bringe ich es nicht übers Herz, Sven aufzuwecken und rauszuschmeißen. Leise streife ich meine Shorts von den Beinen. Irgendwie schaffe ich es, seine Schuhe auszuziehen, ohne ihn zu wecken. Er grummelt nur kurz vor sich hin, wird jedoch nicht wach. Nur mit Slip und T-Shirt bekleidet lege ich mich neben ihn und betrachte solange sein entspanntes Profil, bis auch mir die Augen zufallen.
Um 6 Uhr am nächsten Morgen werde ich von Max‘ fröhlichem Geplapper geweckt. Svens Seite vom Bett ist leer, er muss irgendwann in der Nacht gegangen sein. Nur das eingedrückte Kissen und der vertraute Duft erinnern an seine Anwesenheit. Seufzend drücke ich mein Gesicht in sein Kissen und sauge ihn in mich auf, ehe ich mich aufraffe und mit Max aufstehe.
Erst in der Küche wird mir bewusst, dass das die erste Nacht war, in der Max durchgeschlafen hat und auch ich eine gute Mütze Schlaf bekommen habe.
16.
„Du siehst gut aus.“
Jakob stupst mich mit seiner Schulter an. Wir tragen beide noch unsere Badesachen, während wir unsere Kinder abtrocknen. Erschrocken schaut er auf, als ihm bewusst wird, dass er gerade meine nackte Haut berührt hat.
„Nicht, dass du sonst nicht auch gut aussiehst“, fügt er hinzu. „Aber du siehst gesünder aus als gestern noch.“
„Danke, Herr Doktor.“
Ich kann es mir nicht
Weitere Kostenlose Bücher