Ungeplant (German Edition)
nicht wissen. Wirklich nicht.“
Eine halbe Stunde später sitze ich mit Jakob in seinem Büro. Die Party ist immer noch in vollem Gange und dieses Zimmer ist, neben den Schlafzimmern, der einzig private Raum. Ich halte ein Glas Whiskey in der Hand und widerstehe noch der Versuchung, es in einem Zug runterzukippen.
„Du kannst es mir nicht übel nehmen, dass ich es versucht habe.“
Abwartend sieht er mich an. Vermutlich erwartet er einen Wutanfall, doch diese Suppe habe ich mir selbst eingebrockt.
„Ich hätte es dir deutlicher machen sollen. Das war nicht fair. Aber ich wusste nicht, was ich hätte sagen sollen.“
„Willst du was Stärkeres, zur Beruhigung?“
Ich schüttele den Kopf und kippe den Alkohol runter. Er brennt in meiner Kehle und bringt mich zum Husten, bevor er mich angenehm von innen wärmt.
„Ich muss wirklich nach Hause“, sage ich und stelle das Glas auf seinem Schreibtisch ab. Wie aufs Stichwort kommt Daniela mit Max auf dem Arm und ihrer Tochter im Schlepptau durch die Tür.
„Seht mal, wer da aufgewacht ist und nach seiner Mama verlangt hat.“
Sie reicht mir meinen Sohn und lächelt mir zu.
„Und wer bist du?“, frage ich das kleine, blonde Mädchen, das sich da an ihr Bein klammert. Als von ihr keine Reaktion kommt, antwortet Daniela für sie.
„Das ist meine Tochter Anna, die sonst eigentlich nicht auf den Mund gefallen ist.“
„Hallo, Anna“, sage ich und bin aber nicht wirklich böse, als ich keine Antwort bekomme.
„Wenn du nach Hause möchtest, dann könnte ich dich jetzt fahren. Jakob müsste nur aufpassen, dass Anna nicht in den Pool fällt.“
Der rollt mit den Augen.
„Ich war schon der beste Onkel, als ich noch kein Vater war. Du musst mich nicht jedes Mal daran erinnern, dass ich sie nicht vergessen soll.“
Sie diskutieren noch einen Moment weiter. Trotz dieses geschwisterlichen Schlagabtausches ist es offensichtlich, dass sie einander vertrauen und ein sehr enges Verhältnis haben. Sie haben die Art der Beziehung, die ich mir mit Kim gewünscht hätte.
„Möchtest du los?“, wendet sich Daniela schließlich wieder an mich. Ich nicke und will gerade aufstehen, als Jakob mich wieder zurück in den Stuhl drückt.
„Kannst du uns noch einen Moment geben?“, sagt er zu Daniela.
„Klar. Ich fahr schon mal das Auto vor und baue Elianas Autositz um.“
Sie nimmt Anna mit nach draußen und schließt die Tür hinter sich.
„Bist du okay? Du kannst gerne hier bleiben, auch über Nacht. Irgendwie habe ich das Gefühl, das ist alles meine Schuld.“
„Nichts davon ist deine Schuld. Ich komme klar. Danke für das Angebot, aber ich möchte jetzt wirklich ein bisschen alleine sein.“
„Verstehe ich. Aber melde dich, wenn irgendwas ist, oder wenn du etwas brauchst.“
„Danke, Jakob.“
Ich lächle müde und lasse mir noch eine Umarmung von ihm gefallen, bevor ich nach draußen gehe, wo Daniela schon auf mich wartet.
Es kann eigentlich nicht mehr schlimmer kommen. Ich hoffe wirklich, Sven verzeiht mir dieses Durcheinander.
Noch ignoriert er jede Textnachricht und meine Anrufe werden sofort an seine Mailbox weitergeleitet. Er soll wissen, dass ich Jakob nicht geküsst habe, aber dafür muss er mir zuhören.
Im letzten halben Jahr scheint alles unter mir wegzubrechen und ich will ihn jetzt nicht auch noch verlieren.
Erst am nächsten Abend bekomme ich ein Lebenszeichen von ihm.
- Ich habe jahrelang dabei zugesehen, wie Du Deine nutzlosen Exfreunde verschlissen hast. Machst Du Dir eigentlich ein Bild davon, wie weh es tut, Dich in den Armen eines anderen Mannes zu sehen, während ich Dich noch an meinen Fingerspitzen riechen und auf meinen Lippen schmecken kann? -
- Bitte, Sven. Komm vorbei und wir reden. Ich habe ihn nicht geküsst. Du hast das falsch verstanden. Ich liebe Dich!!! -
- Ich kann dich für den Moment nicht ertragen. Ich melde mich. -
Das ist mit Abstand das Schlimmste, was er mir jemals gesagt hat.
Er kann mich nicht ertragen.
Das trifft mich so tief. Dennoch kann ich ihn auch verstehen. Aber solange er mir keine Chance gibt, mich zu erklären, kann ich nichts tun, damit er sich besser fühlt.
Auf der dringenden Suche nach etwas Ablenkung rufe ich Jenny an, die eine Stunde später mit zwei Flaschen Rotwein und einer großen Pizzaschachtel vor der Tür steht.
„Eigentlich wollte ich noch Eis mitbringen, aber das wäre mir auf dem Weg weggeschmolzen“, sagt sie entschuldigend und schiebt sich
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