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Ungeschoren

Ungeschoren

Titel: Ungeschoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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aufeinander einschlugen. »Was sollte denn das mit dem Fall zu tun haben?«
    »Die Zeit«, sagte Nyberg. »Timing. Jon ist auch fotografiert worden. Er war da. Zehn kleine Negerlein …«
    »Ist dieser Eriksson also darin verwickelt?«
    »Nein«, sagte Kerstin Holm plötzlich und schlug mit der Faust aufs Katheder, dass die leeren Zettel wie Engelsflügel flatterten. »Bengt Eriksson ist ein ganz gewöhnlicher Rassist und Schwulenhasser. Das Gegenteil unseres Mörders. Vergiss das. Jetzt müssen wir uns anstrengen und logisch sein. Das ist ein Befehl. Sara arbeitet weiter mit Naska Rezazi. Allein. Lena nimmt sich die Fotos vor. Arto kann mit Lars-Inge Runström weitermachen. Viggo spricht mit allen Teilnehmern des Festes. Gunnar kümmert sich um die Buchstaben K, P, C und U. Ich selbst habe drei Faxmitteilungen zu untersuchen. Sind wir uns einig, dass Marja-Liisa Niemelä und Mateusz Kohutek wahrscheinlich den Mörder nicht gesehen haben?«
    Nicken in der Kampfleitzentrale.
    »Irgendwie ist aber die Stichsäge in Niemeläs Keller gelandet«, sagte Arto Söderstedt. »Vielleicht hat Marja-Liisa ja doch etwas gesehen?«
    »Dann nehmt ihr sie mit dazu«, beschloss Kerstin. »Sara und Arto: in erster Linie Lera beziehungsweise Runström, in zweiter Linie der alte Mateusz Kohutek beziehungsweise Marja-Liisa. Okay?«
    »Puck«, sagte Arto Söderstedt.
    Sie betrachteten ihn. Geläutert. Er fuhr in Gunnar Nybergs Richtung fort: »Wenn du mit den Buchstaben arbeitest, Gunnar, bedenke Folgendes: dreiundzwanzig unzusammenhängende Buchstabenkombinationen und das Wort ›Puck‹. Und höchstwahrscheinlich nicht der Eishockeypuck. Welche Jahreszeit haben wir? Sommer. Genauer gesagt, Mittsommer. Morgen ist Sonnenwende. Puck ist der flüchtige, unberechenbare, wilde Geist in Shakespeares Ein Sommernachtstraum. «

31
     
    Kerstin Holm trat in ihre eigenen Fußspuren, ihre alten Joggingspuren. Am Ende der Scheelegata bog sie in die Fleminggata ein und gelangte zum Kungsbroplan. Sie ging die Kungsgata entlang. Über die Kungsbro, wo die hellwache Mittsommersonne Klara Strand in einen zauberhaften Schimmer hüllte, der die Illusion schuf, Schwedens verkehrsreichstes Straßenstück sei ein Schärenidyll. Vorbei am bunten Flickenteppich der Marktstände auf Hötorget. Über Sveavägen auf Schwedens verkehrsreichster Kreuzung. In den Teleladen jenseits der Kreuzung.
    Sie war mit anderen Worten beinahe zu Hause.
    Im Laden war Mittagspausenandrang. Im hinteren Teil machte sie ein Faxgerät aus, das jeder Kunde gegen Bezahlung benutzen konnte. Es stand etwas abseits, günstig für anonyme Faxversendungen.
    Im Augenblick wurde es jedoch von einem Rücken verdeckt, den sie zu kennen glaubte. Ein Rücken im Gespräch mit zwei Angestellten in weißen Hemden. Sie verwarf den Gedanken – es war ein viel zu wohlbekannter Rücken, um dem gehören zu können, an den sie dachte. Im Übrigen sollte sie nicht an den Rücken denken, sondern an einen behaarten Rücken und an einen wippenden Pferdeschwanz, die einem Lehrer namens Viktor gehörten. Einen Rücken, den sie, um ehrlich zu sein, öfter nackt als bekleidet gesehen hatte.
    War der Lehrer Viktor, der immer noch um seine an Krebs gestorbene Frau trauerte, ihre zukünftige Liebe? The love of her life? Sie wusste es nicht, hatte auch keine Zeit, darüber nachzudenken, ließ die Dinge einfach geschehen, bekam jedoch keine Ordnung in die Bilder. Sie überlagerten sich auf eine unschöne Weise. Manchmal sah sie wirklich Viktor, dazwischen einen sechzigjährigen krebskranken Pastor, manchmal einen klarblauen Bannkreis, manchmal sogar einen alten Kollegen namens Dag Lundmark. Und manchmal – diesen Rücken.
    Doch, die Bewegung.
    Das musste er sein.
    Es war jetzt der Rücken eines Chefs.
    Als sie zu ihm trat, fragte sie sich, ob auch ihr eigener Rücken nun ein Chefinnenrücken war.
    »Paul«, sagte sie und lächelte den beiden weißen Hemden zu.
    Der Rücken fuhr herum, und Paul starrte sie erschrocken an.
    Na ja, vielleicht nicht erschrocken.
    »Kerstin«, rief er. »Was tust du hier?«
    »Ich kann dich wohl das Gleiche fragen«, sagte Kerstin Holm und drückte ihn kurz an sich.
    »Wir haben wartende Kunden«, sagte einer der Weißbehemdeten ungnädig.
    »Einen Augenblick nur«, sagte Hjelm und streckte ihnen einen warnenden Internermittlungsfinger entgegen. »Rühren Sie sich nicht vom Fleck.«
    Dann zog er Kerstin in eine Ecke und wiederholte flüsternd: »Was tust du hier?«
    »Unsere Fälle haben

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