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Ungeschoren

Ungeschoren

Titel: Ungeschoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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einen Tag später, einen Wagen und fuhr nach Poznán, wo er im Verlauf des Nachmittags mit seiner Visakarte Geld aus einem Automaten zog. Er hat sich nicht die Mühe gemacht, sich zu maskieren, weil er allem Anschein nach vermutete, dass alle davon ausgehen würden, es handele sich um einen gewöhnlichen Angriff auf einen Schwulen in einem der schwulenfeindlichsten Länder der Welt. Er hat sogar mit Paul am Telefon gesprochen.«
    »Ich verstehe trotzdem nicht richtig«, sagte Viggo Norlander. »Was ist Cruising?«
    »Homosexuelle Männer, die sich in Parks treffen.«
    »Was heißt treffen?«
    »Es sind flüchtige sexuelle Begegnungen zwischen anonymen Männern. Es ist vielleicht nicht einfach zu verstehen. Viele Faktoren kommen dabei zusammen, und die haben unter anderem mit der Schwierigkeit zu tun, sich zu outen. Man muss sich aus der eigenen Haut herausdenken, um es zu verstehen. Und das ist richtig nützlich.«
    »Ist es das?«, sagte Norlander.
    »Ist das der Grund, warum er sich die ganze Zeit abgekapselt hat?«, sagte Nyberg. »Der Glaskäfig zwischen uns. Hätte er es nicht einfach sagen können?«
    »Das tut er jetzt. Er hat mich gebeten, euch zu grüßen und alles zu erzählen. Er war ja von seiner Zeit in Uppsala her ein gebranntes Kind. Was nicht zuletzt Erikssons Racheakt beweist. Die Polizei tut sich immer noch schwer im Umgang mit Homosexuellen.«
    »Und jetzt hat Eriksson sich also in Luft aufgelöst?«, fragte Norlander.
    »Zumindest hat er Polen nicht verlassen«, sagte Holm.
    »Ich habe mitbekommen, wie Kommissar Wojcik die Muskeln spielen ließ, und es würde mich wundern, wenn Eriksson nicht früher oder später gefasst wird.«
    »Aber das hier ist eine Nebensache«, sagte Arto Söderstedt.
    Skeptische Blicke richteten sich auf ihn.
    »Wie kannst du so etwas behaupten«, sagte Gunnar Nyberg.
    »Puck«, sagte Söderstedt. »Requiescat in pace.«
    Ein Augenblick totaler Stille. Dann sagte Viggo Norlander barmherzig: »Heb ihn weg.«
    »Ruhe in Frieden«, sagte Söderstedt, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. »Ich war gerade bei unserem Ältesten Sigvard Qvarfordt und hatte eine Begegnung mit vier sehr kalten Leichen. Qvarfordt stand zwischen ihnen und sah aus, als hätte er verdient, die fünfte zu werden. Aber er gestand auf der Stelle. Es war ihm ganz einfach entgangen. Genau wie bei Juha-Pekka Niemelä.«
    »Jetzt wird es unerträglich«, sagte Norlander. »Kann ihn nicht einfach jemand erschießen?«
    »Unsere Leichen gehören zusammen«, verdeutlichte Söderstedt. »Alle haben eine etwa drei Millimeter hohe Tätowierung in der rechten Kniekehle bekommen, und zwar nach ihrem Tod. Bei Ronald Swärd steht ein K, in Elzbieta Kopanskas Kniekehle ein P, in Nedim Rezazis ein C und in Juha-Pekka Niemeläs ein U. Diese vier Buchstaben ergeben die folgenden vierundzwanzig Kombinationsmöglichkeiten: KPCU; KCUP, PCUK, CKUP, CPUK, UKPC, UCPK, KPUC, KUPC, PKUC, PUKC, CKPU, CUKP, UKCP, UCKP, KCPU, KUCP, PCKU, PUCK, CPKU, CUPK, UPKC, UPCK, PKCU. Es gibt drei Möglichkeiten: Es ist eine Abkürzung, ein anderes Alphabet oder ein Wort. Die beiden ersten Möglichkeiten sind endlos: internationale oder schwedische Abkürzungen? Russische? Ein Wort auf Russisch oder auch da eine Abkürzung? Aber wenn es ein Wort aus unserem gewöhnlichen Alphabet ist, dann gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit: Puck.«
    »Puck?«, sagte Norlander. »Eishockeypuck?«
    »Jetzt mal langsam«, sagte Sara Svenhagen. »Ein Stück zurück. Sollte der Mord an Leras Bruder mit dem Mord an einem Programmchef im Schundfernsehen zu tun haben? Oder mit einem finnischen Fotografen, der seine Frau misshandelt hat? Oder einer polnischen Krankenschwester, die die Leichen ihrer Ermordeten an die Beerdigungsinstitute der Mafia verhökert? Wo zum Teufel ist die Verbindung?«
    »Alle unsere Verdächtigen, unsere ›gewissermaßen‹ Schuldigen, hatten vor, genau die Morde zu begehen, deren sie verdächtigt werden«, sagte Kerstin Holm vom Katheder aus.
    »Wenn sie Zeit, Mut, Intelligenz und Gewissenlosigkeit genug gehabt hätten.«
    Arto Söderstedt sagte: »Und darin, dass alle Morde ›gerecht‹ sind. Zumindest nach Ansicht des Mörders. Überzeugungstaten. Das ist kein Verrückter. Es ist eine äußerst gut geplante Serie, eine Mitteilung irgendeiner Art. Eine Äußerung in einer Sprache, die wir noch nicht zu sprechen gelernt haben. Denkt nur daran, wie es zugegangen sein muss. Er sorgte dafür, dass diejenigen, die ihren Quälgeist hätten

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