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Ungeschoren

Ungeschoren

Titel: Ungeschoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Schlussattacke nicht enthalten: »Ich bin leider gezwungen, dir mitzuteilen, dass Ligia Dumitrica unschuldig ist und dass wir euer gesamtes Material benötigen. Wir sind dabei, den Mörder einzukreisen. Wenn wir das Material nicht binnen einer halben Stunde hier haben, sind wir gezwungen, den Reichspolizeichef einzuschalten.«
    »Ich wusste doch, dass ihr irgendeinen Scheiß ausbrütet«, sagte Blomdahl und knallte den Hörer auf.
    Noch mal davongekommen, dachte Nyberg.
    ›Puck 2173‹. Was bedeutete das? Er schlug einen dicken Band mit Shakespeares gesammelten Werken in Englisch auf. Am Rand standen fortlaufende kleine Ziffern. Die Zeilennummerierung. Er blätterte zur Zeile 2173 in A Midsummer Night’s Dream vor und fand die Worte ›I am sent with broom before‹, und es war tatsächlich Puck, der sie sprach. Am Ende eines langen Monologs nach dem Abschluss der Handlung. Puck erscheint mit einem Besen vor der versöhnten Königsburg.
    Gunnar Nyberg schlug eine Übersetzung auf und las die Zeile: ›Mich schickt man mit Besen vor‹. Das sagte ihm noch nicht viel. Er las Pucks ganzen Monolog:
     
    Hungrig brüllt der Löwe nun, Und der Wolf beheult den Mond, Schnarchend darf der Bauer ruhn, Schwer vom Pflug, den er gewohnt. Nun verglüht der Span am Herd, Und das Käuzchen schreit so schrill, Dass den Kranken Angst durchfährt, Weil er noch kein Bahrtuch will. Nun klafft auf in nächtger Stund Weithin aller Gräber Mund, Und Gespenster aus dem Grund Schweben um den Kirchhof rund. Und wir Elfen von der Brut Hekates, in Dreigestalt, Die mit ihr vor Sonnenglut Traumgleich fliehn in Nacht und Wald, Wir sind froh nun: Keine Maus Störe dies gefeite Haus! … Mich schickt man mit Besen vor, Den Staub zu fegen hinters Tor.
     
    Unendlich schöne Zeilen, aber es war immer noch ziemlich rätselhaft. Offenbar bedeutete es, dass der Mörder eine Art Reinigungsarbeit verrichtete. ›Mich schickt man mit Besen vor / den Staub zu fegen hinters Tor.‹
    ›Nun klafft auf in nächtger Stund / Weithin aller Gräber Mund.‹
    Der Mörder war mit seinem Besen gekommen.
    So war es. Er folgte dem Dunkel wie ein Traum an diesem dramatischen, mörderischen Mittsommerabend, an dem aus allen Gräbern Gespenster schweben, und jetzt wachte er über das endlich versöhnte Haus.
    Er fegt in der Nacht der Seele.
    Indem er Repräsentanten der bösen Gegenwart ermordete.
    Dem Mann, der seine Frau misshandelte, dem Chef des Erniedrigungsfernsehens, der Leichenverkäuferin und dem Schwesterpeiniger wurde jetzt der Sexsklavenhändler hinzugefügt.
    Wenn er alle durchging, die es verdient hätten, wäre die Liste der Opfer noch lang. Dachte Gunnar Nyberg.

33
     
    »Ich habe auf ihn geschossen.«
    Arto Söderstedt nickte bedächtig.
    Er betrachtete den schwer mitgenommenen Mann und sah die neue Glut in seinen Augen.
    Mit ebenfalls neuer Stimme fuhr Lars-Inge Runström fort: »Ich schieße in die Wand. Zwei Schuss. Sie sitzen unmittelbar nebeneinander, zwei kleine Löcher, wie eine Steckdose. Aber die haben sich von selbst gelöst. Dann schoss ich noch zweimal. Tiefer in die Garage hinein. Wo ich das Wesen sah. Es lief geduckt zwischen ein paar Autos zehn Meter ins Innere. Ich muss weit weg eine Wand getroffen haben.«
    Söderstedt nickte weiter. Sie hatten vier Einschusslöcher gefunden. Zwei in der Wand, zwei in Ronald Swärd. Nach anderen hatten sie nicht gesucht.
    Da sieht man, wie vorgefasste falsche Meinungen einen leiten.
    »Erinnern Sie sich daran, wie er aussah?«, fragte er.
    »Etwas fängt an, sich zu zeigen«, sagte Runström. »Als Sie erzählt haben, wie es abgelaufen ist, wurde alles klar. Ich habe Swärd nicht erschossen. Er war schon tot. Aber ich habe auf eine Bewegung geschossen. Ganz instinktiv, ohne eine Sekunde zu zögern. Ich fürchtete, jemanden getroffen zu haben. Dadurch habe ich jedes Gefühl für die Wirklichkeit verloren. Ich hatte eine Gedächtnisstörung. So muss es gewesen sein. Jetzt ist alles ziemlich deutlich. Er hatte etwas in der Hand. Wie einen großen Füller.«
    »Ein Tätowiergerät?«
    »Vielleicht. Er war ziemlich jung, geschmeidig, schwarz gekleidet.«
    »Jung?«
    »Das war mein Eindruck. Da war etwas. Das Haar.«
    »Dunkel? Hell?«
    »Lang. Ziemlich lang jedenfalls. Die Farbe weiß ich nicht mehr, aber ich erinnere mich an einen wehenden Pferdeschwanz. Er hat mich angesehen. Ich müsste mich an sein Gesicht erinnern.«
    »Wir drehen das Ganze noch einmal und fangen von vorn an«, sagte Söderstedt. »Sie

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