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Ungeschoren

Ungeschoren

Titel: Ungeschoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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hatten. Kopanska war nach den polnischen Anrufen auf der Hut. Wenn sich ein alter polnischer Opa mit einer Axt in seiner einzigen Hand auf ihrer Schwelle gezeigt hätte, so hätte sie ihn erschossen. Und Swärd war ein Mann von Welt. Sozusagen. Er hätte sich doch nicht von einem wie Espenlaub zitternden Lars-Inge Runström umlegen lassen.«
    »Also rettet der Mörder Leben? « , sagte Kerstin Holm.
    »Nur so ein Gedanke«, sagte Sara bescheiden.
    »Wir wissen nichts über ihn, nicht wahr?«, sagte Arto Söderstedt. »Er hinterlässt keine Erklärungen. Er kommuniziert durch seine Handlungen mit uns. Wir müssen sie lesen. Wir sind seine Leser. Und ich glaube, dass du verdammt richtig liest, Sara. Der Mensch widmet sich verdammt noch mal einer ethischen Beschäftigung. Wäre die Welt ein besserer Ort, wenn er nicht eingegriffen hätte? Kaum. Hat er da nicht das Recht, um nicht zu sagen: die Pflicht einzugreifen? In sämtlichen Fällen hat es sich um die Wahl zwischen zwei Menschen gehandelt, und in keinem der Fälle können wir, wenn wir unserer Menschlichkeit treu bleiben, behaupten, die falsche Person wäre gestorben. Er legt den Finger auf einen grundlegenden Fehler in unserem gesamten Rechtssystem. Eine Unbeweglichkeit, die dazu führt, dass wir Unschuldige festnehmen. Er serviert uns Unschuldige auf dem Tablett, damit wir sie ergreifen.«
    »Er hätte sich in anderer Form einschalten können«, sagte Kerstin Holm. »Dann wäre niemand gestorben.«
    »Aber dreht es sich nicht um aussichtslose Fälle?«, insistierte Söderstedt. »Wo die Sprache und die Kommunikation und all das, was uns zu Menschen macht, nicht mehr funktionieren? Wo es einer ganz anderen Sprache bedarf? Er tut recht daran, er tut gut daran. Es muss eine ungeheure Kraft und Intelligenz erfordert haben, alle diese Fälle ausfindig zu machen. Eine unerhörte Zielbewusstheit. Es ist von langer Hand vorbereitet. Es geschieht tatsächlich gleichzeitig, dies alles. Es geschieht in unserer westlichen Gesellschaft. All diese moralischen Schiffbrüche, gegen die wir nicht eingreifen können. Während wir Autos jagen, die eine halbe Stunde die Parkzeit überschritten haben, oder falsches Absetzen von Fachliteratur bei der Steuererklärung. Er greift das Gesetz an. Wir haben aufgehört, auf den Geist des Gesetzes zu hören, und leben nach dem Buchstaben des Gesetzes. Oder es ist uns völlig schnuppe. Der Geist ist verloren gegangen.«
    Es war mucksmäuschenstill in der Kampfleitzentrale. Einen Moment lang konnte man das Schweigen regelrecht hören. Die Leere hören, das Vakuum in unserem Weltbild. Konnte geradewegs in den toten Winkel blicken.
    »Er hält uns einen Spiegel vor«, sagte Paul Hjelm. »Verflucht.«
    Arto, dieses Schlitzohr.
    Oh, wie ihm dies alles hier fehlte.
    »Stellte Elzbieta Kopanska wirklich eine Bedrohung für schwedische Patienten dar?«, fragte Gunnar Nyberg.
    »Sie hatte die Grenze überschritten«, sagte Arto Söderstedt. »Wenn es wirklich darauf ankäme, würde sie der Grenze unendlich viel näher sein als andere Krankenschwestern. Eine Serienmörderin unter unseren Exponiertesten.«
    »Dann ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, dass auch andere zu Kreuze kriechen müssen«, sagte Kerstin Holm.
    Paul Hjelm schnitt eine Grimasse und zog sich den Schlips am Hals fest. Dann sagte er: »Unser Mann hat sich auch mit anderen Dingen beschäftigt. Wir haben erst gestern die Verbindung hergestellt. Er hat einen von euch bei der Abteilung für Internermittlungen angezeigt. Er hat Grundström persönlich angerufen.«
    Das Raunen in der Versammlung. Die Blicke, die gewechselt wurden. All das, wovon er wusste, dass es kommen würde. All das, wovor ihm schon lange graute. Er war nicht mehr einer von ihnen. Er sollte ihr Gewissen sein. Jimmy, die Grille, in ihrer Mitte. Stattdessen schraubte er Spülmechanismen von Toiletten ab.
    »Und deshalb sind die Kollegen im Vaterschaftsurlaub auch geladen.«
    Jorge Chavez platzte förmlich heraus in einer Mischung aus Lachen und Rülpsen. Isabel wurde wach und begann zu wimmern. Er brachte sie mit dem Schnuller und sanftem Streicheln über den Po zum Schweigen.
    »Hat mich jemand bei den Internen angezeigt?«, flüsterte er. »Weswegen?«
    »Drogengeschäfte«, sagte Paul Hjelm.
    »Aber das ist doch absurd. Das kannst du doch nicht ernst genommen haben.«
    »Nicht die Anzeige als solche. Aber die Tatsache, dass sie eingegangen ist. Und warum. Der Denunziant hat einen schwachen Punkt fixiert. Im Jazzclub Majls

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