Ungeschoren
sind in Arbeit. Keines will richtig gelingen. Lars-Inge Runström versucht es, aber er hat sich auch über Nacht nicht an das Gesicht erinnern können. Das Weißhemd aus dem Teleladen arbeitet weiter, obwohl der Polizeizeichner den Vertrauensmann des Betriebsrats eingeschaltet hat und überlegt, uns wegen unerträglicher Arbeitsbedingungen vors Arbeitsgericht zu bringen. Und von der sechzehnjährigen Linda Söderstedt haben wir das hier bekommen.«
Sie drückte auf eine Taste des Computers, und auf dem großen Bildschirm hinter ihr erschien eine Zeichnung.
Arto Söderstedt lachte laut.
»Brad Pitt?«, sagte Lena Lindberg.
»Sie vermischt alle, die mit ihr geflirtet haben«, sagte Söderstedt und nahm sich zurück. »Sie hat versprochen, es noch einmal zu versuchen.«
»Also gibt es eine und nur eine widerstrebende Zeugin, die möglicherweise ein wenig genauer über unseren Freund im Bilde ist. Wie sicher bist du, Sara, dass er in Naska Rezazis Leben im Zusammenhang mit dem Mord an ihrem Bruder eine Rolle gespielt hat?«
Sara Svenhagen kratzte sich den kurzgeschorenen Kopf.
»Ziemlich sicher«, sagte sie. »Aber vielleicht hält sie mich zum Narren. Ihre Identität ist, gelinde gesagt, fließend. Jetzt zuletzt hat sie erklärt, sie sei Russin. Ich mache mir Sorgen, dass sie zusammenbrechen könnte.«
»Okay, tu dein Bestes. Aber sie darf nicht zerbrechen. Wie steht es denn um unsere moldawischen Bürger, Risto?«
Risto Selonen war ein melancholischer Herr, der aussah, als lastete der Druck seitens seines dubiösen Chefs schwer auf ihm. In fehlerfreiem, aber stockendem Schwedisch begann er, zwei tragische Lebenswege von der Geburt in Ceaucescus rumänischer Diktatur bis heute nachzuzeichnen. Keiner hatte das Herz, ihn zu unterbrechen. Es zog sich folglich in die Länge. Nach einer halben Stunde war er in der Gegenwart angelangt. Diejenigen, die eingeschlafen waren, wurden wach, als er sagte: »Wir glaubten zunächst, dass Dumitru Odagiu, der also einer reichlich widerwärtigen rumänisch-moldawischen Mafiagruppierung angehörte, von euren alten Erinnyen ermordet worden wäre. Falls ihr euch erinnert.«
Er blickte sich im Raum um. Es bestand kein Zweifel daran, dass sie sich erinnerten. Selbst Lena Lindberg schien von ihnen gehört zu haben.
Selonen fuhr fort: »Aber Ligia Dumitrica war nur eine zornige Prostituierte, die genug hatte. Wollt ihr Einzelheiten hören?«
»Ich denke schon«, sagte Kerstin Holm. »Nur nicht zu viele.«
»Es war am Abend des 6. Juni, ein Donnerstag. Zwei Pastoren einer Freikirche bekamen Kontakt mit Odagiu und bestellten eine als Nonne verkleidete Prostituierte. Anschließend wollten sie eine ganze Kollektion von Zubehör, um sie auf verschiedene Weise zu penetrieren. Unter anderem ein Kruzifix. Dumitrica befand sich in einem vereinbarten Versteck, wie üblich fix und fertig, als Odagiu anrief und ihr die Wünsche mitteilte. Sie hatte einfach genug und machte sich auf den Weg, um ihm den Garaus zu machen. Ihrer eigenen Aussage zufolge hatte sie ein Messer bei sich. Als sie ankam, lagen die Pastoren sturzbetrunken auf dem Bett, und Odagiu lag tot daneben, mit einer viel zu großen Kanüle im Arm. In ihrer Verwirrung befingerte sie die Kanüle und haute ab. Das ist ihre Geschichte.«
»Habt ihr die Pastoren festgenommen?«
»Weswegen? Dumitricas Wort steht gegen ihres. Sie behaupten, sie wären von Odagiu unter dem Vorwand dorthin gelockt worden, er sei Bibeldrucker, und sie hofften, einen billigen Ostdruck zu erwerben. Sie waren nicht an Alkohol gewöhnt und erkannten nicht, dass das Getränk, das er ihnen anbot, achtzigprozentiger Wodka war. Und ihre sexuellen Vorlieben wurden gegenüber niemandem außer Ligia Dumitrica erwähnt. Wir konnten nicht beweisen, dass es diese Vorlieben gab. Aber sie waren Ligias Motiv.«
»Was wäre passiert, wenn er nicht tot gewesen wäre, als sie dort ankam?«, fragte Sara Svenhagen plötzlich. »Wenn sie versucht hätte, ihn zu erstechen?«
Risto Selonen betrachtete sie und nickte. »Dann wäre sie mausetot gewesen«, sagte er.
»Da ist ein Punkt, der mir auffällt«, fuhr Sara fort. »Naska hat mich darauf gebracht. Der Mörder hat ihr praktisch das Leben gerettet. Und mit Dumitrica scheint es auch so gewesen zu sein. Und es dürfte nicht mehr lange gedauert haben, bis Juha-Pekka Niemelä Marja-Liisa ermordet hätte. Bleiben noch zwei. Und man kann sich doch vorstellen, dass Elzbieta Kopanska und Ronald Swärd beide eine versteckte Pistole
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