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Ungeschoren

Ungeschoren

Titel: Ungeschoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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müsste das Manuskript in dreißig Worten zusammenfassen. Er fuhr fort: »A-Gruppen-Fälle, die sie für separat hielten. Er hat die A-Gruppe im Visier. Kleinster gemeinsamer Nenner ist Jorge. Soll ich mit ihm reden? Und vielleicht von Grundström gefeuert werden?«
    Okay, es waren vierunddreißig …
    »Ein Glück, dass man Pensionär ist«, sagte Hultin.
    Es plätscherte im Hintergrund. Badete der Kerl im Ravalen? Während er über Tod und Leben seiner früheren Mitarbeiter diskutierte?
    »Badest du?«, fragte Hjelm.
    »Wasche mich nur«, sagte Hultin. »Ja.«
    »Ja?«
    »Ja, du musst mit Jorge reden. Aber das Timing ist wichtig. Sieh auf jeden Fall zu, dass er nicht stirbt. Aber so hört es sich nicht an.«
    »Danke für einen glasklaren Rat.«
    »Bitte«, sagte Jan-Olov Hultin.
    Ende des Gesprächs. Hultin war wirklich in Pension gegangen. Das imponierte Hjelm.
    Er blickte durch den venezianischen Spiegel. Das Weißhemd fuchtelte mit den Armen und beschimpfte den armen Polizeizeichner. Hjelm wandte sich wieder seiner Liste zu. Warum hatte der Mörder ihm gerade diese Liste geschickt? War darin etwas verborgen? Was war ihm bei seinen Gesprächen entgangen? Die Polizeibeamten Emil Mårdström, Bengt Eriksson und Rickard Blomdahl, die Musiker Stig Nilsson und Rocke Rööf, der Majls-Boss Micke Furberg, die Sozialarbeiterin Ann-Charlotte Stefansson sowie die diffuse Eva-Liza Besch, die Einzige, die er nicht gefunden hatte. Er hatte sie noch einmal anzurufen versucht. Einige hatte er nicht erreichen können. Den in Polen flüchtigen Bengt Eriksson zum Beispiel.
    Es kam nichts Neues zum Vorschein. Es gab sozusagen keine Fragen mehr, die man stellen konnte. Er hatte das Gefühl, sich nur zu wiederholen.
    Eva-Liza Besch gab es nirgendwo. Ihr Fehlen im schwedischen Melderegister ließ die Vermutung zu, dass sie Ausländerin war. Ihre Telefonnummer führte zu einem schwedischen Mobiltelefon, das mit metallischer Kunststimme mitteilte, die Teilnehmerin sei derzeit nicht erreichbar, und von ihrer Hotmail-Adresse kam keine Antwort.
    Das Handy klingelte. Das Weißhemd warf einen misstrauischen Blick in den Blindspiegel und widmete sich danach wieder der Beschimpfung des Zeichners.
    »Hjelm«, antwortete er.
    »Kerstin hier«, sagte Kerstin Holm. »Bekommen wir eine Zeichnung?«
    »Ist nicht sicher«, sagte Hjelm. »Und vieles andere auch nicht.«
    »Im Zimmer nebenan sitzt ein anderer Zeichner mit Artos Tochter Linda. Sie scheint die Einzige gewesen zu sein, die den Fotografen ordentlich gesehen hat. Und Arto will Runström bis morgen dazu bringen, eine Zeichnung zu machen.«
    »Das klingt gut«, sagte Hjelm. »Dann können wir sie vergleichen. Sonst noch etwas?«
    »Nichts, was wir nicht morgen erledigen könnten«, erwiderte Holm. »Ich habe mir nämlich eine Großversammlung vorgestellt. Komplett mit dir und Jorge. Alles muss auf den Tisch. Hinaus ins Freie.«
    »Mittsommerabend«, sagte Paul Hjelm.
    »Ja, du«, sagte Kerstin Holm.
     
    »Ja, du«, sagte Kerstin Holm und legte den Hörer auf. Sie schaute an die Decke. Jetzt gab es keinen Blickwinkel mehr, aus dem das Spinnennetz nicht zu sehen war. Es war die ganze Zeit gegenwärtig.
    Es klopfte an der Tür. Ein sehr großer Mann schaute herein. Sie erkannte ihn. Es war der Hundertfünfzigkilo-Hausmeister, der ihr vor Urzeiten einen Fernseher in ihr neues Chefzimmer geliefert hatte. Da hatte sie noch gehofft, sie würde ein wenig von der Fußball-WM sehen können. Das war damals gewesen.
    »War hier ein WeBe?«, fragte der Hundertfünfzigkilo-Hausmeister.
    »Ja klar«, sagte Kerstin Holm, ohne eine Ahnung davon zu haben, was der Mann meinte. Sie fügte sogar hinzu:
    »Hier war ein WeBe.«
    Der Riese schleppte ein großes, flaches, rechteckiges Paket herein, das mitten im Zimmer auf einem Gestell stehen blieb. Sie betrachtete es mit nicht geringer Verwunderung. Viel mehr Verwunderung konnte sie in ihrem Leben auch nicht mehr unterbringen.
    »Unterschreib hier«, sagte der Mann, legte ein verknittertes Papier vor sie auf den Schreibtisch, riss das Papier an sich und hielt in der Tür inne. »Soll ich das wegmachen?«
    Sie folgte der Richtung seines Zeigefingers zu dem Spinnennetz und schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie.
    Der Hundertfünfzigkilo-Hausmeister vollführte eine großartig resignierte Geste, als wäre sie, Kerstin, ein hoffnungsloser Fall, und verließ den Raum.
    WeBe? Dachte sie und trat zu dem großen, flachen Paket. Sie riss das braune Packpapier herunter

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