Ungestüm des Herzens
ihrer weißen Bluse zu waschen. Er hatte so sehr geblutet, dass beide Seiten Blutflecken hatten. Daraus schöpfte sie Befriedigung. Sie hatte ihm Narben beigebracht.
An diesen Gedanken klammerte sie sich, während sie eilends zu Adriens Lager zurückritt. Mit den Kugeln, die sie immer in ihrer Handtasche bei sich trug, hatte sie den Derringer wieder geladen, und sie war zu Scherereien aufgelegt, zu jeder Art von Scherereien, aber auf dem Rückweg zum Lager begegnete ihr niemand.
Sie hatte ihre Haare wieder hochgesteckt und ihren Hut aufgesetzt, und ihre Kleidung war nicht allzu feucht und verknittert, und daher glaubte sie, so auszusehen wie sonst auch. Sie wußte nicht, dass ihre Augen wie Smaragde funkelten. Doch Jeannette fiel es augenblicklich auf, das und auch alles andere.
»Mon Dieu! Was ist mit deinem Mund und deinem Hals?« , keuchte Jeannette , sowie Samantha von ihrem Pferd geglitten und zu ihr gestapft war.
»Wovon sprichst du?« Samantha blieb abrupt stehen.
»Du bist von deinem Mund bis zu deinem Hals blutverschmiert! Und ... « Sie ging um Samantha herum. »Auf deinem Halsrücken und in deinem Haar klebt auch Blut. Was ist passiert?«
»Das spielt keine Rolle, denn es ist nicht mein Blut«, fauchte Samantha. Sie machte sich auf den Weg zu der Wasserflasche, die immer neben Adriens Zelt stand.
Jeannette folgte ihr mit besorgtem Gesichtsausdruck. Samantha wischte das Blut in ihrem Gesicht heftig weg. »Ist es etwa sein Blut?«
Beide wussten , von wem sie sprach. »Ja.«
»Was hast du mit ihm gemacht?«
Samantha ließ ihren Kopf herumwirbeln und starrte die zierliche Blondine erbost an. »Was ich ihm getan habe?« Ihr Tonfall war verächtlich und schneidend. »Du hast nicht gefragt, was er mir getan hat! Ich will nur eins von dir wissen: Wie konntest du mich mit diesem elenden Schurken allein lassen?«
»Samantha!«
»Nichts Samantha!« brauste sie auf. »Du wusstest , wie unangemessen es war, mich mit ihm allein zurückreiten zu lassen. Trotzdem hast du darauf bestanden, hierzubleiben. Du hast darauf beharrt, dass Adrien krank ist. Wehe ihm, wenn er nicht krank ist, Jeannette «, stieß sie finster hervor. »Wo ist er?«
»Nicht weit von hier«, erwiderte Jeannette vorsichtig. »Er ist etwas höher am Bach hinaufgegangen.«
»Adrien! « rief Samantha zum Bach hinüber. »Adrien! Komm sofort her! «
»Samantha, bitte! Erzähl mir, was passiert ist.«
Samantha drehte sich mit schmalen Augen zu ihrer Freundin um. »Ich fange an, mich zu fragen, ob du dir das alles ersonnen hast!«
»Wie meinst du das?«
»Du warst diejenige, die Hank aufgefordert hat, heute mitzukommen, und ich weiß, dass du ihn gar nicht leiden kannst. Und dann ist es dir gelungen, ihn mit mir allein zu lassen. Hast du das absichtlich getan? Hast du gehofft, dass er mich deinen Bruder vergessen lässt ?«
Jeannette erbleichte und wollte gerade eine Antwort herausstottern , als Adrien auftauchte. »Was soll dieses Geschrei? Samantha, warum bist du zurückgekommen?«
»U m dich zu sehen, Adrien.« Es gelang ihr, diese Antwort ruhig herauszubringen.
Sie stellte fest, dass sie ihn in einem neuen Licht sah. Hanks Anschuldigungen waren ihr unter die Haut gegangen.
»Weshalb wolltest du mich sehen?« fragte Adrien misstrauisch . Samanthas Verfassung legte ihm nahe, auf Distanz zu bleiben.
»Du scheinst meiner überdrüssig zu sein, Adrien«, sagte sie mit täuschend sanfter Stimme. »Warum macht dich meine Nähe nervös?«
»Das stimmt doch gar nicht«, leugnete er, obwohl er sogar währenddessen weiter vor ihr zurückwich. »Was ist nur in dich gefahren, Samantha?« fragte er.
»Nichts, was sich durch ein bisschen Offenheit nicht klären ließe«, erwiderte sie fest, während sie seine Hand nahm und ihn an sich zog. » Küss mich, Adrien.«
Er sprang zurück und entzog ihr seine Hand. »Was ist bloß los mit dir?« keuchte er.
»Nichts«, sagte sie gelassen, »aber wenn du mich nicht jetzt sofort küss t, Adrien, dann könnte ich glauben, dass mit dir etwas nicht stimmt.«
Er sah Jeannette hilflos an, als Samantha plötzlich seinen Kopf packte und ihn zu ihrem Gesicht herunterzog. Das Küssen blieb ihr allein überlassen. Es war eine Katastrophe. Adrien war angewidert. Er ließ die Hände seitlich an seinem Körper herunterhängen. Seine Lippen waren so kalt wie Stein. In ihm war absolut kein Gefühl wachzurufen.
Samantha ließ ihn langsam los. Er trat zurück und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. Sie
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