Ungestüm des Herzens
warst viel zu lange fort. Ich habe dich vermisst , niña .«
»Ich habe dich auch vermisst «, sagte Samantha. Sie wußte, dass sie gleich weinen würde. »Es tut mir leid, dass ich länger fortgeblieben bin als unbedingt nötig war. Ich bereue es, dass ich nicht eher nach Hause gekommen bin. Ich bereue es weit mehr, als du dir vorstellen kannst.«
»Jetzt langt's aber«, sagte er brummig. »Ich will keine Tränen in diesen schönen Augen sehen. Komm rein.« Er führte sie in den ummauerten Patio, der den Mittelpunkt des Hauses bildete. »Maria! Unser kleines Mädchen ist wieder zu Hause! « rief er. »Komm her, und sieh dir an, wie sie gewachsen ist.«
Die Küche, in der man Maria gewöhnlich vorfand, ging direkt von dem Innenhof ab, der mit glühenden Sträuchern und Reben bepflanzt war. Aus dieser Richtung kam die stämmige Mexikanerin gelaufen, und Samantha lief ihr entgegen. Maria hatte sich kaum verändert. Ihr pechschwarzes Haar wies etwas mehr Grau auf. Doch als sie Samantha in ihre rundlichen Arme zog, fühlte sie sich so weich und gut gepolstert an wie eh und je.
»Sieh dich an! jetzt sieh nur! « schalt Maria. »Du bist zu sehr gewachsen, muchacha . Du kommst als Frau nach Hause zurück.«
»Bin ich hübscher geworden?« Samantha grinste spöttisch.
»So, jetzt weiß ich, dass du dich kein bisschen verändert hast. Du versuchst immer noch, mir Komplimente zu entlocken, was?«
»Und du rückst sie immer noch nicht freiwillig raus.«
»So nicht!« Maria schnaubte vor Empörung. »Wie dieses Mädchen lügen kann. Bringt man euch das in dieser feinen Schule bei?«
Samantha unterdrückte ein Grinsen, und ihrem Vater ging es ebenso. »Maria, Maria, du weißt doch, dass sie dich nur neckt«, sagte er.
»Das weiß sie selbst, Vater«, sagte Samantha. »Sie muss es trotzdem ganz groß aufbauschen.«
»Ay! Von einem so jungen Ding höre ich mir nicht solche Unverschämtheiten an!« sagte Maria mit gespielter Strenge.
»So jung? Ich dachte, du hättest gesagt, ich sei eine Frau geworden. Entscheide dich, Maria.«
Maria fuchtelte mit ihren rundlichen Armen durch die Luft, um die Sinnlosigkeit ihrer Bemühungen auszudrücken. »Ich bin zu alt für deine Späße, mi niña . Lass eine alte Frau in Frieden.«
»Nur wenn du versprichst, arroz con pollo zum Abendessen zu machen«, erwiderte Samantha mit einem fröhlichen Funkeln in den Augen.
Maria sah Hamilton scharf an. »Habe ich es Ihnen nicht gesagt, dass sie nach el pollo fragen wird. Sie kehrt nach Hause zurück, und ich kann ihr noch nicht einmal ihr Lieblingsgericht vorsetzen - und schuld ist dieser Teufel«, fauchte sie voll der ungekünstelten Verachtung.
»Maria!« sagte Hamilton. In seinem Tonfall lag eine Warnung.
»Was soll das heißen?« fragte Samantha stirnrunzelnd. Irgendetwas stimmte hier nicht. »Gibt es keine Hühner?«
Maria übersah Hamiltons warnenden Blick und antwortete zornig: »Nicht ein einziges, niña .« Sie schnippte mit den Fingern. »So, einfach weg.«
»Verschwunden? Willst du damit sagen, dass sie spurlos verschwunden sind?«
Maria schüttelte den Kopf. »Dein papacito , er sieht mich böse an«, sagte sie beleidigt. »Ich sage nichts mehr.«
Samantha sah ihr nach, als sie wieder in die Küche ging. Dann drehte sie sich zu ihrem Vater um. »Was hat das alles zu bedeuten?«
»Nichts, Sammy«, sagte Hamilton ausweichend. »Du weißt doch, wie dramatisch Maria alles aufbauscht.«
»Aber wie konnten die Hühner verschwinden - wenn sie nicht gestohlen worden sind? Und unsere Arbeiter würden uns nicht bestehlen. Weißt du, wer es war?«
Er schüttelte den Kopf. Seine Antwort war ausweichend. »Ich habe nur einen Verdacht. Aber damit solltest du dich nicht belasten. Jorge kommt in den nächsten Tagen mit einer ganzen Kiste voller neuer Hühner zurück, und du bekommst deinen arroz con pollo noch. Willst du dich nicht vor dem Abendessen noch etwas ausruhen? Du muss t müde sein. Wir können uns später noch unterhalten.«
Samantha grinste. Sie war so glücklich, wieder zu Hause zu sein, dass sie die Hühner gleich vergaß. »Ich will mich nicht hinlegen, Vater, aber ich möchte ein Bad nehmen. Ich habe so viele unbequeme, enge Badewannen vorgefunden, und seit Monaten träume ich schon von der himmlischen Badewanne, die du mir gekauft hast.«
»Schön zu wissen, dass wenigstens eins meiner Geschenke derart gewürdigt wird.« Er kicherte in sich hinein.
Sie lachte. »Dieses Geschenk weiß ich sogar so sehr zu würdigen,
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