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Ungezaehmte Leidenschaft

Ungezaehmte Leidenschaft

Titel: Ungezaehmte Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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verunglückt. Ich lebte in Mrs. Peabodys Schule für junge Damen. Schon seit geraumer Zeit hatte ich hin und wieder Schatten in Spiegeln wahrgenommen, aber nichts Deutliches. Nie werde ich das erste Mal vergessen, als ich ein echtes, in den Spiegel eingebranntes Nachbild sah. Meine Mutter hatte mir von ihrem Talent erzählt und dass sie es an mich vererben würde. Deshalb war mir klar, was ich da wahrnahm, dennoch war es ein großer Schock. Die Bilder sehen wirklich aus wie Geister und Gespenster.«
    »Wo befand sich der Spiegel?«
    »In der Schulbibliothek. Die Schule war in einem Herrenhaus untergebracht, das über mehrere Generationen im Eigentum einer reichen Familie stand. Einige Spiegel waren sehr alt.«
    »Und du hast etwas Schreckliches in einem davon gesehen?«
    »Ja. Ich hatte mich in der Bibliothek nie wohlgefühlt, aber bis zu jenem Nachmittag hatte ich keine Erklärung dafür. In der Nähe des Spiegels verspürte ich dieses Gefühl der Bewusstheit, das uns im Umkreis starker, gewaltsamer Energie überkommt.«
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte Owen.
    »Instinktiv steigerte ich mein Talent und richtete meinen Blick ganz tief in den Spiegel. In diesem Moment sah ich mein erstes Mordopfer, eine Frau von neunzehn oder zwanzig Jahren.«
    »Gewiss geschah der Mord lange, ehe du ins Internat kamst?«
    »Ja, aber ich hatte noch nicht das Gefühl für die Zeit, das sich mit den Bildern einstellt. Und ein Mord bringt die Nerven immer in Aufruhr, auch wenn das Verbrechen lange zurückliegt. Ich musste unbedingt wissen, was geschehen war, und sprach daher mit Leuten, die schon lange in der Schule beschäftigt waren.«
    »Hast du etwas erfahren?«, fragte Owen.
    »Der alte Gärtner hatte schon für die ehemaligen Besitzer des Hauses gearbeitet. Von ihm habe ich die Geschichte. Die junge Frau war Gouvernante. Sie war vom ältesten Sohn verführt worden, der wiederum mit einer Erbin verlobt war. Die Gouvernante wurde schwanger. Als die Dame des Hauses sie ohne einen Penny aus dem Haus wies, versuchte die Verzweifelte, von der Lady Geld mit der Drohung zu erpressen, der Braut des Sohnes alles zu verraten.«
    »Die Dame des Hauses ermordete daher die Gouvernante, um zu verhindern, dass diese die Heiratspläne sabotierte.«
    »Ein Vermögen stand auf dem Spiel«, sagte Virginia tonlos. »Die Familie konnte es sich nicht leisten, auf die gute Partie zu verzichten. Die Dame des Hauses schlug der Gouvernante mit einem Feuerhaken den Schädel ein. Der Dienerschaft, so auch dem Gärtner, wurde gesagt, die junge Frau sei gestürzt und mit dem Kopf auf dem Tisch aufgeschlagen, aber alle kannten die Wahrheit. Eines der Hausmädchen fand den blutigen Feuerhaken.«
    Virginia schwieg still und blickte wieder hinaus auf die Szenerie, die vor dem Wagenfenster vorbeizog.
    »Wie bist du ins Internat gekommen?«, fragte Owen nach einer Weile.
    Virginia sah weiter auf die Straße, fuhr aber zu erzählen fort: »Ich habe von Miss Peabodys Schule gehört. Es ist kein Waisenhaus auf Wohlfahrtsbasis. Das Schulgeld ist für kaum jemanden erschwinglich. Aufgenommen werden vor allem illegitime Kinder reicher Familien, die sich verpflichtet fühlen, für die Früchte ihrer Fehltritte zu sorgen. Die Mädchen werden als Erzieherinnen, Gesellschafterinnen und Lehrerinnen ausgebildet. Man bringt ihnen Manieren und Etikette bei. Sie werden nicht als Hausmädchen oder Verkäuferinnen in die Welt geschickt.«
    Virginia wandte sich wieder Owen zu. Ihre Augen weiteten sich ein wenig, als sie sich erneut auf die Frage konzentrierte. »Mein Vater bedachte mich in seinem Testament. Das Schulgeld wurde bezahlt, bis ich mit siebzehn Jahren von der Schule abging, und ich bekam sogar ein kleines Legat, als ich mich selbstständig machte. Das Geld reichte, um mich als Spiegellicht-Deuterin etablieren zu können.«
    »Ach, das ist die Erklärung«, sagte Owen.
    Der Wagen hielt an. Er öffnete den Wagenschlag, stieg aus und half Virginia auf das Pflaster. Sie gingen durch einen Park und dann eine ruhige, von bescheidenen Häusern gesäumte Straße entlang.
    »Mrs. Hackett wohnte im Haus Nummer 12«, sagte Owen. »Hier ist es.«
    Virginia studierte die dunklen Fenster. »Ob dort wieder ein Automat Wache hält?«
    »Dieses Mal sind wir wenigstens darauf vorbereitet.«
    Owen öffnete mithilfe des Dietrichs die Küchentür.
    »Ich muss mir dieses Werkzeug auch zulegen«, sagte Virginia.
    Er sah sie an, als er sich aufrichtete und den Türknauf drehte.

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