Ungezaehmte Nacht
er, als sie den schmalen, verborgenen Korridor betraten. »Es ist nicht meine Schuld, dass ich dich völlig unbekleidet antraf.« Seine weißen Zähne blitzten bei diesem jungenhaften Lächeln auf, das ihr immer wieder neu das Herz stahl. »Und ich dachte, das geschähe nur in meinen Träumen.«
»Träumst du oft von unbekleideten Frauen?« Trotz ihrer offensichtlichen Belustigung klang eine Spur von Schärfe in ihrer Stimme mit.
Nicolai heftete den Blick auf sie und grinste noch breiter. »Erst seit ich dir begegnet bin. Halt meine Hand gut fest; sonst übernehme ich nicht die Verantwortung, falls sie auf Abwege gerät!«
Isabella lachte, und der helle, sorglose Laut durchzog das Labyrinth verborgener Gänge und weckte Dinge, die man besser ruhen gelassen hätte. »Deine Hand hat keinen eigenen Willen; sie bewegt sich nur dorthin, wohin du es ihr erlaubst.«
Er wackelte mit den Fingern, sodass sie verführerisch ihre Hüfte streiften. »Nein, nein, meine Hände sind in dieser Sache ganz allein auf sich gestellt. Da kann ich nur auf nicht schuldig plädieren.« Nicolai zog Isabellas Finger an seine warmen Lippen. »Ich liebe deine Haut«, sagte er und knabberte spielerisch an ihren Knöcheln, bevor er mit der Zunge den Puls an ihrem Handgelenk liebkoste.
Ihre Augen waren groß und dunkel, als sie ihn ansah, halb verliebt und halb verängstigt.
DeMarco lächelte sie an. »Du wirst entzückt sein, Isabella.«
Sie blinzelte, schockiert über die Art und Weise, wie ihr Körper auf ihn reagierte – als gehörte er schon ihm. Jede seiner Gesten, jede Bewegung verlockte und verführte sie. »Bestimmt.«
Ihre Hand in seiner, folgte sie ihm durch die langen Tunnel von Treppen und Korridoren. Sie war sich der Macht bewusst, die dieser Mann ausstrahlte, seines beispiellosen Selbstvertrauens, der Breite seiner Schultern und der Stärke seines Körpers. Und wie so oft schon fiel ihr auch jetzt wieder auf, dass er nicht das kleinste Geräusch beim Gehen verursachte; das Einzige, was sie hörte, waren ihre eigenen leisen Schritte.
Irgendwann blieb er stehen und drückte gegen einen Teil der Wand, der langsam nach außen aufschwang, und trat zurück, um Isabella hinausschauen zu lassen. Als Erstes nahm sie die Kälte wahr, die ihr entgegenschlug und ihren Morgenrock bis auf die Haut durchdrang, aber dann starrte sie in ehrfürchtiger Bewunderung auf die in jungfräulichem Weiß glitzernde Landschaft, die sich vor ihr auftat. Schnee bedeckte die Bäume und Hänge; Eiszapfen hingen von den Dachsimsen des Palazzos. Das helle Licht des Vollmonds wurde von dem Schnee zurückgeworfen, machte die Nacht zum Tag und ließ die Berge funkeln wie Juwelen. Es war eine atemberaubende Szene, die Isabella nie vergessen würde.
»Du frierst. Lass uns dich unter die Felle bringen!«, sagte Nicolai und hob sie auf, um ihr etwas von der Wärme seines eigenen Körpers abzugeben.
Isabella entspannte sich in seinen Armen, als gehörte sie dorthin. Er trug sie zu einer Stelle, wo zwei Pferde warteten, die an einem Wagen angeschirrt waren, der wie eine Kutsche auf Kufen aussah. Nicolai hob Isabella auf den gepolsterten Sitz, setzte sich neben sie und hüllte sie in dicke Pelze ein. »Was ist das denn?«, fragte sie verwundert, weil sie ein solches Gefährt noch nie gesehen hatte.
»Ein Schlitten. Betto baute mir einen, als ich noch ein kleiner Junge war. Er fertigte selbst die hölzernen Kufen an und befestigte sie an einer alten Kutsche, die meine Eltern nicht mehr benutzten. Sie war kleiner als diese, glitt jedoch erstaunlich schnell über den Schnee. Diese hier habe ich erst kürzlich anfertigen lassen und dachte, wir sollten sie einmal ausprobieren.«
Isabella kuschelte sich noch tiefer unter die Felle und verschränkte die Hände, um warm zu bleiben. Nicolai zog ein Paar Fellhandschuhe aus der Jacke seines Rocks und streifte sie ihr über. Sie waren ihr viel zu groß, aber warm, und diese simple, fürsorgliche Geste Nicolais ließ Schmetterlinge in ihrem Bauch erwachen.
»Ist dir warm genug?«, fragte er. »Ich kann noch mehr Felle holen, falls du sie brauchst.«
Isabella schüttelte den Kopf. » Grazie , doch mir ist nicht kalt. Aber was hast du vor, Nicolai?«
»Etwas, das sich ungefähr so anfühlt, wie ich mir Fliegen vorstelle.« Er ließ die Zügel klatschen, und die Pferde setzten sich gehorsam in Bewegung und zogen den Schlitten hinter sich her.
Als die Tiere ein schnelleres Tempo anschlugen, flog das Gefährt buchstäblich
Weitere Kostenlose Bücher