Ungezaehmtes Verlangen
musste er nicht wissen, damit sich sein Puls beinahe überschlug. Die Strahlende war ganz allein dort draußen.
Barmherzige Göttin!
Hastig zog er eine Jeans über, rannte aus dem Zimmer und sprang mit je drei gewaltigen Sätzen die zwei Treppenfluchten hinunter. Er folgte seinem Instinkt, rannte durch das Haus und stürmte dann durch die Hintertür. Die Strahlende war genau dort, wo er sie vermutet hatte. Sie lief gut zwanzig Meter von ihm entfernt in geduckter Haltung auf den Wald zu.
Ihre Gefühle trafen ihn wie ein Paukenschlag, ihre Angst war überwältigend: panische, ungezügelte Angst.
Wollte sie sich etwa umbringen?
Nahezu lautlos lief er hinter ihr her, holte sie rasch ein, packte sie von hinten und zog sie an seine Brust. Als er sie berührte, wurden seine Sinne von der Empfindung ihres weichen Körpers und ihrem zarten Duft überwältigt. Das Bewusstsein, dass sie niemals ihm gehören werde, steigerte seinen Schmerz nur noch.
»Lass mich los!« Kara wehrte sich – und ihre abgrundtiefe Furcht berührte ihn tief.
»Ruhig, Kara. Ich bin es doch. Ich bring dich wieder hinein, bevor die Drader dich finden.«
Sie wurde schlagartig ruhig, als hätte er sie zur Besinnung gebracht. Vielleicht hatte er das ja auch getan.
»Hörst du jetzt auf, dich gegen mich zu wehren, Kleines?«
»Ja.«
Er ließ sie los, nahm ihre Hand und lief mit ihr zum Haus zurück. Als sie wieder im Haus waren und die Tür gegen die Wesen der Nacht fest verschlossen hatten, drehte er sich zu ihr um und packte ihre Hände, um ihr die furchtbare Angst zu nehmen. Der Mond schien auf ihr Gesicht und beleuchtete den Horror in ihren Augen sehr deutlich.
»Was ist geschehen?«, fragte er scharf.
Sie konnte nicht antworten, da eine Angstwelle sie schüttelte. Und kaum hatte er sie beruhigt, folgte auch schon die nächste.
»Ich weiß es nicht«, keuchte sie schließlich. »Ich hatte einen Traum. Jemand hat mich … erstochen.« Sie wirkte verwirrt.
Er atmete auf. Es war genau so, wie er vermutet hatte. »Du hattest einen Albtraum.«
»Aber es hat sich so wirklich angefühlt.«
Wie gern hätte er sie an sich gezogen, sie in die Arme genommen und getröstet, aber er schreckte davor zurück, sich auch nur diesen schlichten Kontakt zu erlauben. Weil er sich viel zu sehr danach sehnte. Und sie gehörte ihm doch nicht. Sie gehörte jetzt zu Vhyper, und er hatte nicht einmal das Recht, sie auch nur zu berühren.
»Erzähl mir von deinem Albtraum, Kara.«
Sie zitterte und schwieg so lange, dass er nicht sicher war, ob sie ihm wohl noch antworten werde. Schließlich seufzte sie und entspannte ihre Hände, als überließe sie sich ganz seiner Obhut, auch wenn die Angst sie weiter fest im Griff hatte.
Ihr Mund zuckte. »Im Grunde war es ein billiger Horrorstreifen. Eine dunkel gewandete Gestalt hat mich mit einem blutigen Dolch verfolgt. Und ich konnte nicht weglaufen. Ich war gefesselt.«
»Also bist du aufgewacht und weggelaufen.« Er strich tröstend mit den Daumen über ihre Handrücken, mehr traute er sich nicht.
»Hast du gehört, wie ich gegangen bin?«
»Ich bin der Suchende«, erklärte er schlicht. »Ich weiß immer, wo du bist.« Ihre zarten Hände, die fest in den seinen lagen, weckten erneut das Verlangen in ihm. Sein Blick fiel auf ihren reizvollen, sinnlichen Mund, und da wurde ihm klar, dass er sich in großen Schwierigkeiten befand oder wenigstens hineingeraten würde, wenn er nicht schleunigst auf Abstand zu ihr ging. Oh Göttin, wie sehr er sich danach sehnte, noch einmal von ihr zu kosten.
»Es überrascht mich, dass dich Vhyper nicht gehört hat.« Seine Worte klangen scharf, und sein Magen zog sich zusammen. Heilige Göttin, aber die Vorstellung, wie sie mit diesem Krieger … wie sich ihre nackten, verschwitzten Körper aneinanderschmiegten …
Er biss die Zähne zusammen.
»Erwähne in meiner Gegenwart nicht seinen Namen.« Ihre Worte klangen so abgrundtief wütend, dass sein Beschützerinstinkt sofort erwachte.
Er nahm erneut ihre Hände. »Was hat er getan?«
Sie wandte sich ab und verzog unglücklich den Mund. »Ich weiß es nicht. Nachdem du gegangen bist, wollte er, dass ich ihn begleite, und ich habe mich geweigert. Ich habe ihm erklärt, ich bräuchte noch etwas Zeit, und da hat er sich wie ein Steinzeitmensch benommen und mir das Bewusstsein geraubt. Vor ein paar Minuten bin ich in meinem eigenen Bett aufgewacht.«
Sein Griff verstärkte sich kurz, bevor er sich wieder entspannte. Lyon kannte
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