Ungezaehmtes Verlangen
dauern, bis sich zwischen ihnen überhaupt irgendeine Form von Vertrauen bilden konnte. Er würde Kara auf keinen Fall in Gefahr bringen.
»Ich brauche dich, um sie vorzubereiten, Paenther.«
Der Krieger schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich in einer besseren Verfassung bin als Vhyper. Er hat mich angesprungen, aber ich bin zuerst aus der Haut gefahren. Meine Kontrolle ist bestenfalls dünn. Und die Zeiten sind schwierig. Ich bin sicher nicht der, den du jetzt in der Nähe der Strahlenden haben willst, Leu. Wie wäre es mit Hawke? Oder Tighe?«
»Nicht Tighe.« Er hatte bemerkt, wie dieser Krieger sie ansah. Lyon war zwar sicher, dass er ihr nicht wehtun werde, aber seine rasende Eifersucht hielt ihn davon ab. »Hat Hawke irgendwelche Zeichen des Kontrollverlusts gezeigt?«
»Noch nicht.«
»Dann schick ihn zu ihr.«
»Was ist mit dir? Du hast doch einen ganz guten Draht zu ihr.«
Lyon spannte den Kiefer an. »Diese Verbindung soll ein Ende haben.« Er musste sich von ihr fernhalten. Denn er drohte auf ganz andere Art die Selbstbeherrschung zu verlieren. Das konnte sie beide entehren. Und das wollte er nicht.
*
Kara stand unter der heißen Dusche und zitterte. Bis auf die wenigen Minuten, als Lyon sie berührt hatte, hatte ihr Herz die ganze Nacht wie wild gehämmert. Ihre Brust schmerzte. Ihr Bauch tat so weh, als wenn die Stiche aus beiden Albträumen Realität geworden wären. Und sie hatte noch einen zweiten Albtraum gehabt.
Nachdem sie von Lyon in der letzten Nacht zu ihrem Zimmer zurückgebracht worden war, hatte sie über eine Stunde vor der Tür gesessen, bis sie sich schließlich dazu überwinden konnte, ins Bett zu gehen. Sie hatte versucht zu schlafen. Schließlich hatte sie auch Erfolg gehabt, aber nur, um einen weiteren schrecklichen Traum zu durchleiden, der dem ersten beinahe glich. Wie zuvor hatte sie nackt von der Decke heruntergehangen. Nur dass sie diesmal nicht von einer verhüllten Gestalt, sondern gleich von mehreren mit einem blutigen Messer bedroht worden war. Von acht Personen. Vielleicht auch von zehn. Sie waren von allen Seiten auf sie zugekommen. Sie hatte noch versucht zu schreien und war bloß wieder aufgewacht.
Wie beim letzten Mal war die Angst mit dem Ende des Traums nicht von ihr abgefallen. Es schien ihr, als wäre sie irgendwie zwischen dieser Welt und dem Albtraum gefangen. Zwar war sie wach, wusste aber genau, die andere Welt werde nur darauf warten, dass sie die Augen schloss, um sie wieder zu sich herüberzuziehen.
Kara bebte, obwohl ihre Haut von dem heißen Wasser bereits ganz rot war. Das war nicht normal. Irgendetwas schien ihr nicht in Ordnung. Irgendetwas musste dieses Gefühl in ihr auslösen – und sie wäre verdammt, wenn sie wartete, bis sie endgültig in diesem Horrorfilm unterging. Aber Lyon würde sie nicht gehen lassen.
Als sie fertig geduscht hatte, trocknete sie ihre Haare und zog eine Jeans an. Sie streifte sich gerade einen grünen Baumwollpullover über, als es an der Tür klopfte.
Sie schöpfte kurz Hoffnung, bis sie eine unbekannte Stimme hörte.
»Hier ist Hawke, Strahlende. Bist du schon wach?«
Sie hatte geglaubt, es werde Lyon sein.
»Ich bin auf«, rief sie und ging, um die Tür zu öffnen.
Hawke trat mit lässiger, ganz und gar nicht bedrohlicher Haltung von der Tür zurück. Ein Lächeln erhellte seine Gesichtszüge und ließ sie weicher wirken. »Ich bin froh, dass ich dich nicht geweckt habe. Lyon hat mich gebeten, dir beizubringen, wie man die Energie aus der Erde zieht.«
Kara blinzelte. »Mir was beizubringen?«
Hawke lächelte schief. »Es ist das Erste, das du lernen musst, bevor du den Thron besteigen darfst. Lass uns zum Fluss hinausgehen, um daran zu arbeiten.«
Der Fluss . Ihr Puls ging schneller. Sie wusste, dass es hier in der Nähe Wasser gab, ansonsten hieße die Gegend gewiss nicht Great Falls. Wenn sie zum Fluss gingen, würden sie auf jeden Fall das Haus verlassen. Und das war alles, was sie im Augenblick hören wollte.
»Wann immer du willst. Ich muss mir nur noch Schuhe anziehen.«
»Willst du nicht erst frühstücken?«
Kara schüttelte den Kopf. »Ich hab keinen Hunger. Ich möchte lieber sofort loslegen.« Sie war zu sehr mitgenommen, um etwas zu essen. Außerdem hatte sie keine Lust, das gestrige Abendessen noch einmal zu durchleben. Mit der Flamingofrau und Zaphene, die sie wie einen Käfer anglotzte, der soeben unter einem Felsen hervorgekrochen war. Nein danke.
Hawke nickte
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