Ungezaehmtes Verlangen
über ihre Haare. »Es tut mir leid, Kleines. Du bist weggelaufen, und das Tier in mir ist zur Jagd erwacht. Ich habe die Beherrschung verloren.«
Sie zitterte nur und drückte sich näher an ihn.
»Ich würde dir nie etwas antun«, murmelte er liebevoll. Er war sich der verwirrten Gefühle der Frau neben sich fast schmerzlich bewusst.
»Das weiß ich. Ich habe auch keine Angst vor dir.«
»Warum bist du weggelaufen? Ist es immer noch wegen der Albträume?«
»Es sind nicht nur die Albträume, Lyon. Es ist das Haus. Irgendetwas in diesem Haus will mir schaden.«
»Dort kann dir nichts geschehen, Kara. Du musst dich nur erst daran gewöhnen, dann wird alles gut.«
Er hatte sie beruhigen wollen, doch jetzt spürte er ihre Aufregung und beobachtete, wie sie sich auf den Ellbogen aufstützte und auf ihn hinuntersah. Ihre Lippen waren von seinen leidenschaftlichen Küssen geschwollen, in ihren Haaren hatten sich Blätter verfangen – und er dachte plötzlich, dass sie noch nie schöner ausgesehen hatte. Durch seinen Leib strömten lustvolle Schauer, die er kaum ertragen konnte, dicht gefolgt von heftigen Selbstvorwürfen. Wie konnte er Vhyper nur von ihr fernhalten, wenn er sich selbst nicht unter Kontrolle hatte?
Göttin, wie sehr er sie begehrte.
»Ich will mich nicht daran gewöhnen. Ich finde es schrecklich dort. Ich verabscheue es.« Sie löste sich von ihm und stand auf.
Lyon erhob sich ebenfalls und sah in eine andere Richtung, überallhin, nur nicht zu dieser Frau, auf die seine Instinkte derart reagierten. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie sie mit den Fingern ihre Haare kämmte und die Blätter aus den seidigen Strähnen pflückte.
Verloren sah sie ihm in die Augen. »Da stimmt etwas nicht, Lyon. Wenn ich in diesem Haus bin, habe ich beständig Angst und … ich weiß nicht, warum.«
»Und hier draußen nicht? Hier ist es nicht so schlimm?«
»Nein.«
»Vielleicht ist die Angst ja jetzt weg«, sagte er hoffnungsvoll.
Kläglich verzog sie die Lippen. »Und was, wenn nicht?« Er spürte, wie ihre Gefühle in Panik umschlugen. »Ich will nicht dorthin zurück.«
Sie machte ihm wirklich große Sorgen.
»Kara …« Er fasste ihren Arm, und sie versuchte, sich aus seinem Griff zu lösen.
»Nein. Ich gehe nicht zurück.« Sie wehrte sich voller Verzweiflung. » Ich gehe nicht zurück.«
Nun riss ihm der Geduldsfaden, und er packte sie grob an den Schultern. »Wir brauchen aber eine neue Strahlende auf dem Thron, Kara, und wir werden keine andere bekommen, bis du stirbst. Du kannst deinem Schicksal nicht entrinnen.«
»Und was ist mein Schicksal? Irgendetwas in diesem Haus will mir etwas antun. Das spüre ich .«
»Kara.« Seufzend ließ er sie los. »Niemand wird dir etwas antun. Alles ist in Ordnung, und alles Weitere wird sich finden, sobald du den Thron bestiegen hast.«
Sie starrte ihn an. »Du glaubst also, dass ich mir das alles nur einbilde.«
Er öffnete zwar den Mund, um zu widersprechen, las in ihren Augen aber, dass sie ihn durchschaut hatte. Er konnte sie nicht belügen. »Ich weiß nicht, was es sonst sein könnte.«
»Und was auch immer ich sage, du lässt mich nicht gehen.«
»Nein. Es tut mir leid, Kara, aber ich kann dich nicht gehen lassen. Du hast keine Wahl.«
Er beobachtete, wie ihr Widerstand schwand und sich ein Ausdruck von Hoffnungslosigkeit auf ihrem Gesicht ausbreitete. Er hasste das Schicksal für alles, was es ihr angetan hatte. Für all das, was es ihnen beiden antat. Sie blinzelte mit den Augen und lief ohne jeden weiteren Widerstand neben ihm her. Aber auf der Rückfahrt zum Haus durchdrang ihre Anspannung den gesamten Wagen, und Lyon umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
Litt Kara vielleicht an einer Art Paranoia? War es das? Hatte ihr Verstand durch ihre menschliche Erziehung gelitten? Oder war er selbst daran schuld? Weil er sie so rücksichtslos aus ihrer Welt gerissen hatte?
Verdammt, wenn er es doch wüsste. Und wenn er nur wüsste, wie er damit umgehen sollte. Um eine Strahlende auf den Thron zu bringen, musste die Frau voll und ganz mit ihnen zusammenarbeiten, sowohl während der Vorbereitung als auch bei dem Ritual selbst. Eine widerwillige Strahlende konnte keinesfalls inthronisiert werden.
Bei diesem Gedanken fröstelte es ihn. Als Anführer der Krieger oblag es ihm, dafür zu sorgen, dass eine neue Strahlende den Thron bestieg.
Zwar war es noch nie vorgekommen, aber er wusste genau, dass er den Weg für
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