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Ungezogen

Ungezogen

Titel: Ungezogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsay Gordon
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Warum hatte er nur darauf bestanden, die Party auf seinem Landsitz am See zu veranstalten?
    »Scheiße«, murmelte sie und biss sich auf die Unterlippe. Das war nicht gerade eine Meisterleistung. Mit einer Hand tastete sie auf dem Beifahrersitz nach ihrem Handy. Einmal hatte sie bereits angerufen und nach dem Weg gefragt, doch man hatte ihr nicht wirklich weiterhelfen können. Hier draußen gab es so gut wie keine Orientierungshilfen, nur Hügel und hoch aufragende Bäume. Über ihr hing der Mond als leuchtende Scheibe am Himmel, doch er konnte ihre Umgebung auch nicht ausreichend erhellen. Soweit es sie betraf, befand sie sich mitten im Nirgendwo ...
    Ein langgezogenes Jaulen hallte durch die Luft und ließ sie zusammenzucken. Das Geräusch war so laut und fremdartig, dass sie es einen Moment lang nicht einordnen konnte. Dann blickte sie in den Rückspiegel und sah die aufleuchtenden roten und blauen Lichter. Eine Sirene.
    Mit einem Schlag war sie noch angespannter. Wie die meisten Menschen wurde auch sie nervös, wenn plötzlich die Polizei auftauchte.
    Außerdem war sie bis eben davon ausgegangen, hier völlig allein zu sein.
    Wo war er hergekommen? Der Einsatzwagen fuhr jetzt direkt hinter ihr.
    Sie warf einen raschen Blick auf das Armaturenbrett, während sie den Fuß langsam vom Gas nahm. Ihrer Meinung nach war sie gerade mal fünf Meilen schneller gefahren, als es die Geschwindigkeitsbeschränkung erlaubte - zumindest laut des letzten Straßenschilds, das sie gesehen hatte. Man wollte sie doch nicht etwa deswegen anhalten, oder? Vorsorglich wurde sie noch etwas langsamer und hoffte, dass der Wagen einfach weiterfahren würde. Doch als sie an den Seitenstreifen heranfuhr, um ihn vorbeizulassen, merkte sie, dass er ebenfalls anhielt. Ihr Magen zog sich zusammen, als er vorschriftsmäßig hinter ihrem Auto, allerdings ein kleines Stück nach links versetzt, zum Stehen kam.
    »Was habe ich denn gemacht?« Sie stellte die Gangschaltung auf Parken, während ihr Blick am Rückspiegel haften blieb.
    Das gefiel ihr gar nicht. Das war ihr sogar äußerst unangenehm, obwohl ...
    Sie schüttelte den aufkeimenden Gedanken ab, als die Fahrertür des Polizeiwagens geöffnet wurde. Der Polizist stieg aus, und sie beobachtete ihn gebannt. Aufgrund des flackernden Lichts der Taschenlampe konnte sie kaum mehr ausmachen, als dass er ziemlich groß war. Groß und offenbar gut gebaut.
    Sie schluckte schwer. Seine dunkle Gestalt glich einem übergroßen Schatten, dessen alleiniger Zweck es war, sie einzuschüchtern.
    Doch er war real.
    Nervös leckte sie sich über die Lippen, als er seinen Gummiknüppel in eine Vorrichtung an seinem Gürtel steckte. Was sollte sie tun? Aussteigen? Das Fenster herunterkurbeln? Nichts davon schien eine gute Idee zu sein. Seine Hand bewegte sich in Richtung seiner Waffe, als er vorsichtig auf ihren Wagen zuging. Die Art, wie er sie ansah, versetzte ihren gesamten Körper in Alarmbereitschaft.
    Doch ihr Geist war hellwach. Sie steckte in Schwierigkeiten, so viel war klar. Aber welche Art von Schwierigkeiten, das war die Frage. Sie sah sich nervös um, und erneut wurde ihr bewusst, wie abgelegen der Ort war, an dem sie sich befand. Das Blut begann, in ihren Ohren zu pulsieren. In vielen Horrorgeschichten, die sie gelesen hatte, war genau so eine Situation beschrieben worden.
    Sie spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte, versuchte aber, das Gefühl zu ignorieren. Horrorgeschichten.
    Dann sah sie in den Außenspiegel, um den Streifenwagen genauer in Augenschein zu nehmen. Das Wenige, was sie sehen konnte, ließ sie vermuten, dass es sich um ein echtes Polizeiauto handelte. Ein sich langsam bewegender Schatten blockierte ihre Sicht, und sie schnappte nach Luft. Er war bereits näher, als sie gedacht hatte. Seine dunkle Uniform verschmolz mit der Nacht, sodass er eher wie ein Herumtreiber denn ein Gesetzeshüter wirkte.
    Eher wie eine Gefahr denn ein Beschützer.
    Wie ein Vollstrecker.
    Sie erschauderte, als er neben ihr stehen blieb.
    Er klopfte an ihr Fenster. »Ma'am?«
    Langsam nahm sie eine Hand vom Lenkrad und drückte auf den elektronischen Fensterheber, um das Fenster halb zu öffnen.
    »Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte.«
    Seine tiefe Stimme bewirkte, dass sie eine Gänsehaut bekam. Am ganzen Körper. Karina räusperte sich. »Könnte ich bitte Ihre Marke sehen?«
    Auf einmal fiel ihr das Denken schwer. Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander, als wären sie in Treibsand geraten. Sie

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