Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
wissen?
»Sobald wir fertig gepackt haben«, antwortete sie, wieder etwas ruhiger, in der Hoffnung, dass er damit zufrieden sein und gehen würde. Sie spürte, wie unangenehm ihr seine bloÃe Anwesenheit war, und sorgte sich um Sophie. Ihre Freundin war schon immer eher zurückhaltend Fremden gegenüber gewesen und für sie musste Taos erzwungene, körperliche Nähe zu ihr eine echte Qual sein. AuÃerdem hatte sich mittlerweile die altbekannte Angst wieder in ihre Züge gegraben.
»Das ist keine Antwort auf meine Frage. Aber vielleicht kann sie Sophie ja genauer beantworten.«
Er neigte seinen Kopf zu ihr herunter, sodass er ihr ins Gesicht sehen konnte.
»Also, Sophie, dann sag du mir doch: Wann fahrt ihr zurück nach Berlin?«
»Ich habe keine Lust auf dieses Spiel, Tao. Vielleicht fahren wir schon morgen, vielleicht auch erst Sonntag«, versuchte es Marlene, »kommt drauf an, wann wir fertig sind mit allem.«
»Lass doch mal deine süÃe Freundin antworten.«
Er rieb mit seinem Kinn über Sophies Haar.
»Bestimmt habt ihr viel Spaà zusammen, oder?«
Mit einem Finger strich er liebkosend an Sophies Hals entlang.
»Bist echt âne hübsche Kleine!«
»Mamma mia! Marlene! Mamma mia!«
Prustend kam Tao wieder hoch.
»Oh Mann, aber ganz schön gaga! Mamma mia! Mamma mia!«, äffte er Sophie nach. »Aber wenigstens kannst du nich quatschen.«
Er nickte zufrieden.
»Dann werd ich mal gehen. Kaffee krieg ich ja doch keinen.«
»Ich bring dich raus.«
Marlene, die während der ganzen Zeit, die ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen war, gestanden war wie zum Sprung bereit, drehte sich zur Tür. Sie begriff immer noch nicht, was hinter diesem Besuch, der eher einem Ãberfall ähnelte, steckte, aber sie spürte die Erleichterung, diesen unheimlichen Menschen endlich wieder loszuwerden.
»Moment! Ich muss mich doch ordentlich von der Dame verabschieden.«
Nichts Gutes ahnend schoss Marlene herum. Wieder beugte sich Tao zu Sophie, zog ihren Kopf zu sich hoch und lieà seine Zunge über ihre Wange gleiten. Die Freundin kniff verzweifelt die Augen zu und versuchte, den Zudringlichen mit ihrem gesunden Arm wegzuschieben, was ihr aber nicht gelang.
»Raus!«, brüllte Marlene und packte Tao am Arm.
»Mann, bist du eifersüchtig! Lass uns doch das bisschen Spaë, lachte Tao, wehrte sie mit dem Arm ab wie eine lästige Fliege, sodass sie in Richtung Tür stolperte, und schob Sophies T-Shirt hoch.
»Ah, was haben wir da denn Feines?«
Marlene sah das angstverzerrte Gesicht ihrer Freundin, die jetzt verzweifelt schrie.
»Weg! Geh weg!«
In höchster Not packte Marlene den Stiel der Eisenpfanne, die auf dem Küchentisch stand, und haute sie Tao mit aller Wucht auf den Schädel, sodass die restlichen Spiegeleier sich rundum im Raum verteilten. Augenblicklich lieà Tao von Sophie ab und sackte zu ihren FüÃen zusammen, wo er reglos liegen blieb. Just in dem Augenblick schallte schon wieder die Türglocke durchs Haus.
Wieder herrschte im âºBambushausâ¹ gähnende Leere. Nicht ein einziger Tisch war heute besetzt. Vom Mittagsbuffet her zog ihnen ein intensiver Kohlgeruch entgegen, der sich mit dem der Spiritusbrenner unter den WarmhaltegefäÃen mischte, was ihn noch unangenehmer machte. Wie schon am Tag zuvor kam die Kellnerin aus dem Dunkel angeschlurft. Sie hielt die schwarz-roten Mappen mit den Speisekarten in der Hand.
»Guten Tag, bitte schön. Guten Tag, bitte schön«, lieà sie wieder ihren Singsang ertönen.
»Guten Tag, Frau Lüdcke«, begrüÃte Angermüller die Frau freundlich. »Sie kennen uns ja schon. Ist der Chef zu sprechen?«
Als die Kellnerin die Kommissare erkannte, wies sie nur mürrisch in den dunklen Flur, und sie machten sich auf den Weg, an Toiletten und Küche vorbei, zum Büro des alten Mannes. Auch heute saà er in einer Wolke aus Zigarettenrauch in seinem Kabuff, vor sich einen Haufen Mah Jongg-Steine.
»Guten Tag, Herr Jiang, wir sindâs noch mal. Angermüller und Jansen von der Kripo Lübeck. Dürfen wir Ihnen noch ein paar Fragen stellen?«
Unverwandt sah sie der Restaurantbesitzer an und fingerte eine Zigarette aus der Packung vor sich.
»Es geht um Ihren Sohn, Jiang Jintao, den alle hier Tao nennen. Der besucht Sie doch sicher manchmal. Wann haben Sie ihn das
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