Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
sie vielleicht mit Martin segeln gegangen, der Wind war eingeschlafen, und sie hörte das Handy nicht, weil es tief unten in der Kajüte lag? Er schloss die Tür zu seiner Wohnung auf und drückte auf den Lichtschalter.
»Ho Šgeldiniz! Willkommen zu Hause, Georg! Der Partyservice hat in der Küche schon aufgedeckt.«
Mit zwei gefüllten Sektgläsern in der Hand stand Derya im Flur und strahlte, zumindest so lange, bis sich Julia und Judith an ihrem Vater vorbei in die Wohnung gedrängelt hatten und sie neugierig bis misstrauisch musterten.
»Oh, du hast heute deine Töchter zu Besuch. Tut mir leid, das wusste ich nicht«, sagte sie und es klang ziemlich verlegen.
Auch Georg wirkte etwas durcheinander. Mit diesem Empfang hatte er wirklich nicht gerechnet. Erst vor wenigen Wochen hatten er und Derya sich gegenseitig ihre Wohnungsschlüssel überlassen. Aber das war jetzt nicht so wichtig. Viel schwerwiegender war, dass er die Frau, mit der er seit dem Sommer zusammen war, seinen Töchtern noch nicht offiziell vorgestellt hatte. Irgendwie hatte immer die passende Gelegenheit gefehlt. Er wusste, dass er unter den strengen Augen von Julia und Judith jetzt klare Zeichen setzen sollte. SchlieÃlich hatte er nichts zu verbergen. Astrid und er lebten seit über einem Jahr getrennt, und da war es wohl nicht allzu erstaunlich, wenn sich neue Beziehungen auftaten.
»Derya, was für eine Ãberraschung! Guten Abend erst einmal!«, sagte Georg erfreut, aber recht förmlich und wollte es dabei belassen. Doch Derya bestand auf ihrem BegrüÃungsküsschen. Dann erst stellte sie die beiden Sektgläser auf der Kommode im Flur ab. Bevor Georg sich entschieden hatte, wie er sie am besten vorstellen sollte, reichte sie den Mädchen die Hand.
»Wir haben uns ja noch gar nicht getroffen. Also, ich bin Derya, hallo. Freu mich, euch endlich kennenzulernen. Julia und Judith, richtig?«
Die beiden nickten hoheitsvoll.
»Na hoffentlich schaffe ich es, euch zu unterscheiden. Ihr seht euch ja wirklich wahnsinnig ähnlich.«
Etwas Originelleres war Derya, die sich offensichtlich fehl am Platz fühlte, auf die Schnelle wohl nicht eingefallen.
»Wir haben Sie schon mal gesehen«, meinte Judith spröde, »als Papa auf die Wohnung von Steffen aufgepasst hat, da wollten Sie ihn besuchen, aber dann waren wir da, und Sie sind wieder gegangen.«
Julia nickte bei den Worten ihrer Schwester und sah Derya aufmerksam an. Die schien jetzt noch mehr verunsichert.
»Ach ja, stimmt, wo du das sagst. Aber das ist ja schon eine Ewigkeit her«, lachte sie ein bisschen zu laut.
»Das war letztes Jahr im Mai.«
Judith traf diese Feststellung mit der Unerbittlichkeit eines Staatsanwalts vor Gericht. Georg hätte sich nicht gewundert, wenn als Nächstes die Frage nach dem exakten Beginn ihrer Beziehung gekommen wäre.
»Derya, du hast eben was von Essen erwähnt«, sagte er munter, »ich sterbe vor Hunger. Und ihr könnt doch bestimmt auch noch eine Kleinigkeit vertragen, oder? Ich kann Deryas Küche wirklich empfehlen!«
»Papa, wir haben eine Riesenportion Asianudeln gehabt, das weiÃt du doch!«
Julia schüttelte genervt den Kopf.
»Wir gehen schon mal auf unser Zimmer. Morgen ist ja auch wieder Schule. Komm, Judith.«
»Wär ich bloà heute Abend nicht hergekommen. Dumme Idee, entschuldige bitte.«
»Nein, Derya, eine sehr nette Idee! Ich muss mich entschuldigen! Ich hätte dich eigentlich den Mädchen vorstellen sollen. Aber ich muss zugeben, ich war so überrascht, dich zu sehen, dass ich erstmal gar nicht wusste, was ich sagen sollte.«
»Jedenfalls war das nicht gerade der perfekte Moment, um deine Töchter kennenzulernen.«
»Du konntest ja nicht ahnen, dass ich die Mädchen mitbringen würde. Es war ja auch gar nicht geplant. Und auÃerdem: Was ist dabei? Irgendwann hättet ihr euch doch sowieso begegnen müssen.«
Georg saà mit Derya in seiner Küche und kostete sich genieÃerisch durch die verlockende Auswahl südländischer Spezialitäten. Buffets mit Gerichten aus den Ländern rund ums Mittelmeer waren der Renner beim Partyservice Deryas Köstlichkeiten .
»Aber ich hätte es schon lieber vorher gewusst. Mädchen in dem Alter sind wahnsinnig kritisch. Schau doch nur, wie ich aussehe!«
Sie zupfte an dem locker sitzenden violetten T-Shirt, das sie
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