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Unglückskeks - Angermüllers achter Fall

Unglückskeks - Angermüllers achter Fall

Titel: Unglückskeks - Angermüllers achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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anzuschließen – wenn sie noch genauso langweilig wie früher war, sollte sie wirklich ihre Zeit mit ihr vergeuden? Andererseits konnte sie nach den vielen Abenden allein mit Sophie auch Abwechslung vertragen. Mit Mirko war es schließlich auch viel netter gewesen, als sie erwartet hätte.
    Â»Ein Weilchen werden wir wohl noch hier sein, denke ich. Es kommt auch aufs Wetter an.«
    Â»Machst du mit deiner Familie hier Urlaub?«
    Â»So ungefähr«, antwortete Marlene, die keine Lust hatte, auf die Schnelle ihr Leben vor Sandra auszubreiten.
    Â»Wir wohnen im Haus meiner Tante.«
    Â»Ach ja, ich weiß, das ist da in Grootmühlen. Dann komm ich doch einfach abends mal zu dir rum.«
    Sandra wühlte in dem riesigen Rucksack.
    Â»Hier, meine Karte, kannst mich auch anrufen.«
    Â»Ach, du arbeitest bei der Marmelade?«
    Â»Schon seit fast zehn Jahren. Ich bin Lebensmittelingenieurin, geschieden und hab drei Kinder. Das ist schon fast mein ganzes aufregendes Leben. Und weil mein Ältester Probleme in der Schule hat, hab ich mir heute Vormittag freigenommen für so ein unangenehmes Gespräch mit seinem Klassenlehrer. Jou, dat war ’n Schiet. Jetzt muss ich leider los zur Arbeit. Wir sehen uns, ganz bestimmt, Marlene!«
    Â»Na gut, bis bald!«
    Sandra stemmte sich hoch, schulterte ihren Rucksack und stapfte davon. Marlene bezahlte die Rechnung, inklusive der beiden hochprozentigen Kaffees von Wally. Wer weiß, vielleicht wurde das ganz lustig mit Sandra. Nichts an ihr erinnerte mehr an das verdruckste Mädchen von früher, sie machte den Eindruck einer gestandenen Frau. Ein Blick auf die Uhr zeigte Marlene, dass die kurze Auszeit vorüber war, und sie beeilte sich, zur Logopädiepraxis zu kommen.

    Sophie war recht guter Dinge, alberte zum Abschied sogar mit der Therapeutin herum. Natürlich war das nicht immer so, manchmal war Sophie ausgesprochen schlecht gelaunt, was Marlene ihr auch zugestand. Ihre Situation war wirklich nicht einfach, und schließlich hatte jeder mal einen schlechten Tag.
    In der Klinik hatte man routinemäßig Psychopharmaka verordnet, ohne Sophie zu fragen. Diese hatte aber sofort gespürt, dass die Pillen, die man ihr täglich verabreichte, etwas mit ihr machten, das sie nicht kontrollieren konnte, und sie hatte die Medikamenteneinnahme konsequent verweigert. Als Marlene das mitbekam und für die Freundin Aufklärung verlangte, hieß es nur achselzuckend, dass eigentlich jeder Mensch in so einer Situation zu Depressionen neige, deshalb die vorbeugende Medikation. Doch Sophie ging es offensichtlich ohne die chemischen Stimmungsmacher besser. Marlene fand es immer aufs Neue bewundernswert, mit welcher Seelenstärke die Freundin ihr Schicksal ertrug, und wie hoch motiviert sie an sich arbeitete, um wieder ein einigermaßen selbstbestimmtes Leben führen zu können.
    Als Sophie auf dem Weg nach draußen klar machte, dass sie Lust auf einen kleinen Bummel durchs Städtchen hatte – sogar im ungeliebten Rollstuhl – nahm Marlene die Anregung gerne auf. Über den Marktplatz schob sie die Freundin in Richtung Bürgerpark, wo sie am Großen Parksee eine kurze Pause einlegten.
    Â»Aah«, machte Sophie und hielt ihr Gesicht der Sonne entgegen. Ein Lächeln umspielte ihren Mund. Marlene streichelte die Hand ihrer Freundin. Nur ein ganz leichter Wind strich über das Wasser, zarte Spinnwebfäden schwebten durch die Luft, und an den Bäumen begannen sich einzelne Blätter zu färben, ein erster Hauch von Herbst.
    Â»Ja, ein traumhafter Tag, nicht wahr?«
    Sophie nickte und atmete mit geschlossenen Augen tief ein.
    Â»Nach diesem streckenweise ziemlich durchwachsenen Sommer haben wir uns das auch verdient: einen perfekten Altweibersommer. Ist doch genau passend für mich!«
    Wieder nickte Sophie. Die Ironie in Marlenes Worten hatte sie wohl nicht mitbekommen.
    Auf dem Weg zurück kamen sie an einigen leer stehenden Läden vorbei, viele davon offensichtlich schon länger verwaist. Auch das wohlhabende Bad Schwartau schien unter dem Problem verödender Innenstädte zu leiden. Neben ein paar Hässlichkeiten aus Beton, die das Missverständnis von Moderne in den 70er, 80er Jahren dokumentierten, fielen Marlene einige Billigläden und wenig einladende Imbissstuben auf. Verpackungsmüll lag häufchenweise vor den Hauswänden und machte die Ecken noch

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