Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
Gespräche, falls Sie noch andere Angehörige mitbringen. Aber alles in kleinen Dosen, bitte. Wie gesagt, ihr Körper, ihr Kopf sind momentan einer groÃen Belastung ausgesetzt und müssen sich ganz langsam wieder regenerieren.«
In der Tasche des Kittels der Ãrztin hatte sich ein Piepser gemeldet, aber Angermüller wollte unbedingt noch etwas loswerden.
»Entschuldigung, ich würde ganz gerne noch eines wissen: Ist der Zustand meiner Frau lebensbedrohlich?«
»Nun ja, lebensbedrohlich â¦Â«
Die Medizinerin hatte ihn ein wenig unsicher angesehen, wie ihm schien.
»Ich will mal so sagen, wenn es keine gröÃeren Komplikationen gibt, hat Ihre Frau hervorragende Chancen.«
»Aha«, machte Angermüller etwas verwirrt, »und wie lange wird meine Frau voraussichtlich in diesem künstlichen Schlafzustand gehalten? Und danach, wird sie da wieder gänzlich hergestellt sein?«
Es gab so viele Fragen. Doch die junge Frau hatte ihm nur die Hand gereicht.
»Es tut mir leid, das zu beantworten, ist es viel zu früh. Und ich werde jetzt woanders gebraucht. Gehen Sie nach Hause, schlafen Sie, kommen Sie morgen wieder. Wann Sie wollen und so oft Sie wollen. Und vertrauen Sie uns. Wir kümmern uns um Ihre Frau.«
Natürlich waren die Kinder noch hellwach gewesen, als er endlich heimgekommen war. Er hatte versucht, Astrids Zustand so undramatisch wie möglich zu beschreiben und versprochen, dass sie heute Nachmittag gemeinsam ins Krankenhaus fahren würden. Später am Telefon hatte er Derya all seine Ãngste und Zweifel geschildert. Sie hatte ihm ruhig zugehört und ihm Mut zugesprochen. Das hatte ihm gut getan.
»Hier, dein Kaffee mit viel Milch.«
Dankbar nahm Angermüller seinem Kollegen die Tasse ab, wenn er auch wusste, dass das schwarze Zeug aus der altersschwachen Maschine die Bezeichnung Kaffee kaum verdiente. Der Kriminalhauptkommissar hatte die Nacht wenig geschlafen, sich nur unruhig von einer Seite auf die andere geschmissen. So vieles ging ihm im Kopf herum. Nachdem er mit den Mädchen ihre Schulsachen abgeholt und sie zur Schule gefahren hatte, überbrachte er erst seinen Schwiegereltern und dann Martin die schlechte Nachricht. Natürlich reagierten sie alle im ersten Moment geschockt. Doch schaffte er es mit einem zuversichtlichen Ton und dem Versprechen, sich zu melden, wenn es etwas Neues gab, sie einigermaÃen zu beruhigen.
Trotz fehlender Nachtruhe fühlte Angermüller sich erstaunlich wach. Doch es war eine nervöse Wachheit, die ihn beherrschte, und die Konzentration auf seine Arbeit fiel ihm schwer. Ständig hatte er Astrids Bild vor sich, wie sie zwischen all den Schläuchen und Geräten lag, und fragte sich, ob sie wohl von ihrem Zustand etwas mitbekam.
»Wie gehtâs deiner Frau jetzt?«
»Als ich heute Morgen im Krankenhaus angerufen hab, hieà es, sie sei stabil. Das heiÃt wohl, sie befindet sich nicht mehr in Lebensgefahr. Die Ãrzte drücken sich leider nicht immer so ganz deutlich aus«, seufzte Angermüller und sah nach drauÃen. Die Büros des K1 lagen im siebten Stock des Behördenhochhauses in der PossehlstraÃe. Durch die Fenster ging der Blick auf die Altstadt, die an diesem Montagmorgen unter einer mild strahlenden Septembersonne lag.
»Und wie ist der Unfall passiert?«
»Es war gestern am frühen Abend, am Lindenplatz, da, wo die Moislinger Allee reinkommt. Der Fahrer eines Reisebusses hat Astrid beim Einbiegen wohl nicht gesehen und schräg von hinten erwischt.«
»Ja, ja, am Lindenteller. Da passiert so was ständig!«
»Sie ist gestürzt und hat sich vor allem am Kopf schwer verletzt. Dabei fährt Astrid im Gegensatz zu mir nie ohne Fahrradhelm!«
»Solltest du vielleicht in Zukunft auch aufsetzen â¦Â«
»Na ja, ein überzeugender Beweis für den Nutzen der Dinger war das ja nicht. Aber du hast recht. Ohne Helm wäre sie jetzt wahrscheinlich tot.«
Sie schwiegen für einen Moment.
»Jetzt lass uns von was anderem reden, Claus. Wo waren wir vorhin stehen geblieben?«
»Bei dem Asiaten, der gestern vor deinem Zug gelegen hat.«
Marlene schloss die Tür hinter sich und atmete tief durch. Sie hatte gedacht, Sophie wäre froh und vor allem auch einverstanden, wenn sie der Logopädin von dem rätselhaften Ereignis am Sonnabend erzählte, hoffend, dass diese vielleicht etwas mehr
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