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Unglückskeks - Angermüllers achter Fall

Unglückskeks - Angermüllers achter Fall

Titel: Unglückskeks - Angermüllers achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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darüber herausfinden könnte. Doch entweder war Sophie das Ganze peinlich oder sie fand die Darstellung falsch, sie hatte jedenfalls so lange protestiert, bis Marlene aufgehört hatte, über ihren Treppensturz und den möglichen Anlass zu spekulieren. Dabei war die Logopädin eine so offene, engagierte Person und bereit, jede Anregung aufzunehmen, um Sophies Sprachfähigkeit wieder herzustellen. Sie hätte mit Sicherheit gerne Hilfe geleistet. Aber Sophie hatte sich richtig bockig verhalten. Seit dem Unfall kam das öfter mal vor.
    Marlene ging die Bahnhofstraße hinunter, an den schönen alten Häusern entlang, in Richtung Markt. Vor einem Italiener nahm sie an einem Tisch in der Sonne Platz und bestellte einen Milchkaffee. Wohlig streckte sie sich in der sanften Wärme, gönnte sich eine knappe Stunde Entspannung, bevor sie Sophie wieder abholen musste. Sie ertappte sich dabei, wie sie unter den jungen Leuten, die vorübergingen oder an Nebentischen saßen, nach vertrauten Gesichtern Ausschau hielt, und musste dann über sich selbst lachen. Nein, sie war keine 19 mehr, und auch in Bad Schwartau waren die Leute von damals älter geworden, genau wie sie. Doch auch unter Menschen, die sie in etwa ihres Alters schätzte, konnte sie keinen entdecken, der ihr bekannt vorkam.
    Marlene schirmte die Augen mit einer Hand ab und blinzelte ins Licht. Da war jetzt doch jemand, der ihre Aufmerksamkeit erregte, dieser große, schlanke Typ, der da vor den Tischen vorbeilief, das musste er sein.
    Â»Wally?«
    Er stutzte und drehte sich in ihre Richtung.
    Â»Oha, die Prinzessin! Wie geit di dat?«
    Â»Du bist es wirklich!«, lachte Marlene und reichte ihm die Hand. »Wenn einer hier in Schwartau Prinzessin zu mir sagt, dann kannst das nur du sein. Dabei hab ich dir schon damals versucht klar zu machen, dass ich das hasse! Aber das war dir so was von egal! Setz dich doch auf einen Kaffee zu mir, wenn du Lust hast – und Zeit.«
    Nach einem kurzen Zögern nahm er ihr gegenüber Platz. Er hat sich kaum verändert, dachte Marlene, nur noch schmaler ist er geworden, fast dürr. Die runde Nickelbrille auf seiner Nase glich dem Modell, das er schon zu Schulzeiten bevorzugt hatte. Zu leicht verwaschenen Jeans trug er ein weißes Hemd unter einem hellen Leinensakko, die schwarzen Schuhe waren ordentlich geputzt. Nach Mirkos Erzählungen hatte sie Wally schon eher als Clochard vor sich gesehen. Jetzt war sie positiv überrascht. Das einzig Auffällige waren höchstens seine aschblonden Haare, die schlecht geschnitten und eine Spur zu lang waren.
    Â»Und, die du nicht Prinzessin genannt werden willst, wie geht es dir?«
    Wallys Augen suchten den Marktplatz ab. Er wirkte irgendwie zerstreut auf Marlene.
    Â»Nicht so leicht zu beantworten. Die Frage mochte ich übrigens auch noch nie leiden. Das ist so eine doofe, oberflächliche Floskel, und die meisten Leute interessiert eine ehrliche Antwort gar nicht.«
    Â»Hach, was bist du kompliziert«, stöhnte Wally, und der alte Spötter aus Jugendtagen blitzte kurz hervor. »Ich weiß jedenfalls, dass du im Haus deiner Tante wohnst, zusammen mit deiner Partnerin, die wohl einen Unfall hatte.«
    Â»Na so was. Und wer hat dir das alles erzählt?«
    Â»Ich hab so meine Quellen. Recherche war schon immer meine Stärke.«
    Ein Zahn fehlte oben links, fiel Marlene auf, als er sie breit anlächelte.
    Â»Also, jetzt sag doch mal wirklich: Wie geht es dir?«
    Mit wenigen Worten versuchte Marlene, einen Abriss über ihre Situation zu geben. An Wallys Reaktionen erkannte sie den alten, verständnisvollen Freund von früher. Zwischendurch orderte er beim Kellner einen Caffé Corretto.
    Â»Mit doppeltem Corretto, bitte.«
    Â»Wat mutt, dat mutt«, meinte er achselzuckend und sah an Marlene vorbei, als die ihn aufmerksam musterte.
    Â»Und du?«, fragte sie munter, »wir sind ja sozusagen Kollegen, hab ich gehört.«
    Â»Hast du gehört? Ach ja, von wem denn?«
    Misstrauen lag in seiner Stimme.
    Â»Mirko hat es mir gesagt.«
    Â»Na, da will ich lieber nicht wissen, was der Schwätzer noch so alles vertellt hat.«
    Er stürzte den mit zwei Grappa verstärkten Espresso in einem Zug hinunter.
    Â»Ich hab die Fesseln der Festanstellung von mir geworfen. Vor lauter Selbstzensur mit Rücksicht auf die Verlagslinie hab ich ja nicht mehr gesehen, worauf es wirklich

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