Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
sich Sandra sofort, ob sie denn nicht die Polizei eingeschaltet hätte. Gerade wollte Marlene ihrem Frust über die Schwartauer Beamten freien Lauf lassen, da hörten sie Sophies aufgeregtes Rufen.
»Marlene! Marlene! Mamma mia!«
Fast gleichzeitig stürzten sie ins Haus und rannten die Treppe hinauf.
Hektisch gestikulierend stand die junge Frau im Zimmer. Zwischendurch blickte sie immer wieder ängstlich zum Fenster.
»Mamma mia! Mamma mia!«
»Was ist los? Ist dir was passiert, mein Schatz?«
»Jetzt sind wir ja da, Sophie. Du brauchst keine Angst haben«, ergänzte Sandra mitfühlend, doch die Angesprochene war nicht so leicht zu beschwichtigen, fasste Marlene am Arm und zog sie in Richtung Fenster.
»Da! Da! Mamma mia!«
DrauÃen hinter der Scheibe herrschte schwarze Nacht, nur ihre Spiegelbilder wurden zurückgeworfen.
»Machst du mal bitte das Licht aus, Sandra.«
Die Auffahrt war leer, nichts und niemand zu sehen. Marlene zog das Fenster auf, dessen Flügel nur angelehnt waren, und lehnte sich nach drauÃen. Wolken bedeckten den Himmel, nur die roten Laternen des âºBambushausesâ¹ auf der anderen StraÃenseite warfen ein schwaches Licht in die Dunkelheit. Als Marlene nach unten sah, fuhr ihr ein Schreck in die Glieder. Das gab es doch nicht! Die Leiter, die sie vorhin schon vermisst hatte, lehnte genau unter Sophies Fenster. Sie atmete tief durch.
»War da jemand, Sophie? Hast du jemanden gesehen?«, fragte sie so ruhig wie möglich, um ihre Freundin nicht noch mehr zu verschrecken. Natürlich bekam sie nur die übliche, aufgeregte Mamma mia Antwort, die alles und nichts bedeuten konnte.
»Was ist denn da?«, fragte Sandra neugierig und reckte sich Richtung Fenster.
»Ach, nichts weiter«, sagte Marlene leichthin, »meine Tante hat so einen älteren Mann, der das Grundstück in Ordnung hält, und der hat wahrscheinlich die Leiter drauÃen stehen lassen. Hilfst du mir bitte, sie wegzustellen? Und das Fenster machen wir besser erst mal zu. Wir sind gleich wieder da, Schatz!«
»Du wolltest Sophie keine Angst machen, nicht wahr? Aber du glaubst nicht wirklich, dass der Hiwi deiner Tante die Leiter da unters Fenster gestellt hat?«
Marlene und Sandra nahmen das Teil von der Hauswand und schleppten es in den Geräteschuppen, der sich ein ganzes Stück vom Haus entfernt an der Grundstücksgrenze befand.
»Natürlich nicht. Ich hatte die Leiter gestern da drüben an der Reineclaude stehen lassen und mich vorhin schon gewundert, weil sie nicht mehr da war. Keine Ahnung, ob jemand ins Haus einbrechen wollte, oder ob das auch so eine Art Anschlag war. Sophie hält sich viel in dem Zimmer da oben auf und lässt das Fenster meistens offen stehen, auch wenn wir nicht da sind. Hörst du das?«, unterbrach sich Marlene auf einmal und lauschte in die Nacht.
»Was meinst du, diesen lauten Motor?«
»Ja, den. Genau so einen haben wir heute Mittag gehört, als Sophie unten im Weiher lag.«
Ungläubig sah Sandra sich um.
»Na, das ist jetzt aber schon irgendwie gruselig! Wenn das wahr ist, dann muss sich ja jemand hier ganz in der Nähe rumgetrieben und uns beobachtet haben â¦Â«
Kapitel VI
Stunden voll ruhiger, konzentrierter Arbeit im Büro lagen hinter Angermüller. Er und die Kollegen hatten sämtliche Hinweise durchgesehen und überprüft, die von anderen Dienststellen aufgrund des Fotos mit dem gespiegelten Gesicht des Opfers eingegangen waren. Der Leitende Kriminaldirektor hatte Angermüller mehrmals telefonisch aufgeschreckt und versucht, ihn zur Kontaktaufnahme mit dem LKA zu drängen. Beim dritten Mal hatte ihn der Kommissar an Niemann verwiesen, der dem Chef anhand seiner intensiven Recherchen noch einmal detailliert auseinandersetzte, weshalb ein derartiges Unternehmen beim jetzigen Stand der Ermittlungen reine Zeitverschwendung wäre, und warum sie sich bei den Kollegen vom LKA damit auch ganz schön blamieren könnten. Niemann meinte, vor allem das letzte Argument hätte Wirkung gezeigt, und zumindest für ein paar Tage würde Appels wohl erst einmal stillhalten.
Während wieder ein Team drauÃen unterwegs war, in Asialäden, bei chinesischen Musikstudenten, in Chinarestaurants, überall da, wo Chinesen arbeiteten oder gemeldet waren, hatten sie nach dem Ausschlussverfahren die bisherigen Ergebnisse durchforstet. Es war fast
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