Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
Das ist doch ein Anfang. Bald wird Sophie wieder sabbeln, was das Zeug hält.«
Als sie das hörte, verdrehte Sophie genervt die Augen, schüttelte den Kopf und murmelte leise »Mamma mia«. Sie hatte es verständlicherweise gar nicht gern, wenn über sie gesprochen wurde.
»Und stell dir vor: Auf dem Markt hab ich heute Wally getroffen.«
»Ach, wirklich? Und wie war er drauf?«
»Nicht so gut. Ich fand ihn total verbittert. Er hat zwei Grappa mit Kaffee getrunken, auf meine Rechnung, wurde immer aggressiver, hat nur noch rumgeschimpft und ist dann ganz schnell abgehauen.«
»Was hat er denn so geschimpft?«
»Keine Ahnung. Ãber Bad Schwartau, die bessere Gesellschaft, womit auch du gemeint bist, übrigens.«
»Was der schon weiÃ, der Idiot«, ärgerte sich Mirko, entschuldigte sich aber sogleich dafür.
»Du brauchst dich nicht entschuldigen, ich hab ja mitgekriegt, was er für krankes Zeugs quatscht. Ich glaube, das ist einfach nur der Frust über seine eigene miese Lage.«
»Kann schon sein. Er ist ja wirklich verdammt arm dran.«
»Und kaum war er weg, tauchte plötzlich Sandra in dem Café auf.«
»Wirklich? Ich hab Sandra schon ewig nicht gesehen. Einerseits ist Schwartau so klein und überschaubar, andererseits gibt es Leute, die begegnen mir nie, so wie Sandra.«
Marlene und Mirko wechselten noch ein paar Worte, und zum Schluss versprach er, demnächst mal wieder vorbeizukommen. Und natürlich bot er seine Unterstützung an, wenn sie gebraucht würde. Legte sie eigentlich Wert darauf, die alte Bekanntschaft zu Mirko zu intensivieren, fragte sich Marlene, nachdem sie aufgelegt hatte? Na ja, so lange blieben sie ja nicht mehr hier oben, und es war doch wirklich ganz nett und unterhaltsam mit ihm. Sie stand auf und griff sich die leer gegessenen Teller.
»So, dann geh ich jetzt mal was zum Nachtisch holen für uns zwei SüÃen.«
Gestern hatte sie ihre Höhenangst überwunden und sich auf die groÃe Leiter gestellt, um die letzten Früchte vom Baum zu holen, bevor die Vögel sich daran dick und rund fraÃen. Der Lohn war eine groÃe Schüssel süÃer Genuss, ausreichend für mehrere Tage. Marlene füllte für jede etwas Reineclaudenkompott in die Dessertschälchen und stellte einen Krug Vanillesauce mit aufs Tablett. Wo war überhaupt die Leiter geblieben, die sie, an den Reineclaudenbaum gestützt, zurückgelassen hatte? Plötzlich hörte sie Sophie aufschreien. Fast setzte Marlenes Herz aus vor Schreck. Sie lieà das Tablett auf dem Tisch stehen und rannte zum Hinterausgang.
»Da, da, da!«, jammerte Sophie, die so weit unversehrt wirkte, und zeigte um die Hausecke. Unbewaffnet wollte Marlene diesem gestörten Attentäter keinesfalls gegenübertreten. Kurz entschlossen griff sie sich den Strohbesen, der an der Wand lehnte, und stürmte Richtung Eingang.
»Ach du bist das!«
Erleichtert lieà sie den Besen sinken, als sie die Frau in Jeans und bunter Bluse vor der Haustür entdeckte.
»Komm ich ungelegen? Ich geh auch freiwillig wieder«, meinte Sandra und sah belustigt auf den Besen.
»Ach Quatsch! Hallo, Sandra, schön, dass du da bist.«
»Hallo! Hier, die Blumen sind für dich, alle aus meinem Garten. Und jetzt muss ich dich mal drücken, nach all den Jahren!«
»Ich danke dir. Wunderschön!«
»Ich hab mir gedacht, dass ihr bei dem schönen Wetter drauÃen seid, und wollte euch nicht extra nach vorne klingeln. Aber ich hab die junge Frau wohl ziemlich erschreckt, als ich so plötzlich um die Ecke gebraust kam.«
»Halb so schlimm. Komm mit.«
Es ging auf zehn. In Decken gehüllt saÃen die drei Frauen zusammen hinter dem Haus, erzählten, lachten, und der warme Schein der Windlichter auf dem Tisch spiegelte sich in ihren Gesichtern wider. Sandra erzählte gerade mit groÃer Offenheit und viel Humor, wie sich ihr Leben so ganz anders als erträumt entwickelt hatte.
Mit Anfang 20, während des Studiums, war sie schwanger geworden von Hinnerk, der in die gleiche Schule drei Klassen über ihnen gegangen war. Marlene erinnerte sich an einen groÃen, kräftigen Jungen, der in der Schulmannschaft Basketball spielte und nicht sehr gesprächig war. Sandra und er hatten geheiratet, ihren Sohn bekommen, und Sandra hatte ihrem Mann den Rücken frei gehalten, der als frisch
Weitere Kostenlose Bücher