Ungnade: Thriller (German Edition)
den Tisch zurück.
» Ruf sie ruhig an, wenn du möchtest«, sagte Ellie. Sie lächelte und nahm einen Schluck Cola. » Kümmere dich gar nicht um mich, Logan.«
» Seit wann bist du denn so sarkastisch?«, fragte er. » Vielleicht sollte ich dich in dein Zimmer einsperren und den Schlüssel…« Er unterbrach sich rasch, als er bemerkte, was für Erinnerungen seine scherzhaft gemeinten Worte in ihr auslösen konnten. » Entschuldige, Ellie. Ich habe das nicht so ge…«
» Es muss dir nicht leidtun«, schnitt sie ihm das Wort ab. » Schon okay. Du brauchst mich nicht mit Samthandschuhen anzufassen.«
Logan konnte nur darüber staunen, wie problemlos Ellie das, was ihr widerfahren war, weggesteckt und wie gut sie sich während der vergangenen anderthalb Jahre in ihrem neuen Leben eingerichtet hatte. Sie war so unbekümmert, dass ihm in Unterhaltungen mit ihr manchmal etwas herausrutschte, was er besser nicht hätte sagen sollen.
Ihre rasche Besserung war zum Teil das Ergebnis der Therapeutin, die er und Ellie durch Beckys Vermittlung gefunden hatten. Ellie machte so gute Fortschritte, dass sie auf seine Veranlassung hin im vergangenen Monat sogar ihre zweiwöchentlich stattfindenden Sitzungen eingestellt hatte. Er wusste noch nicht, ob die Entscheidung richtig gewesen war, aber er tröstete sich damit, dass sie die Therapie im Bedarfsfall jederzeit wiederaufnehmen konnte.
Im Grunde genommen kannte er Ellie erst seit kurzer Zeit, sodass es ihm nicht leichtfiel, sich an die Tatsache zu gewöhnen, dass sie für ihn als ein voll entwickeltes elfjähriges Mädchen » auf die Welt gekommen war«, das in seinem jungen Leben schon sehr viel mehr erlebt hatte als die meisten Erwachsenen, mehr, als irgendwer je mit ansehen müssen sollte. Er konnte Ellies Tapferkeit nur bewundern.
» Wer ist denn heute Abend dabei?«, fragte sie mit einer Kopfbewegung in Richtung Fernseher.
Sie saßen vor dem riesigen Plasmabildschirm, den Logan aus seinem Penthaus in der City mit umgezogen hatte und der in der kleinen Wohnung völlig deplatziert wirkte. Aber es gab gewisse Luxusgüter, auf die Logan einfach nicht verzichten wollte, und dieser Fernseher war eines davon.
» Weiß nicht«, sagte er. » Lassen wir uns überraschen.«
» Mich würde es überraschen, wenn irgendeiner davon was taugt«, sagte sie.
Logan zog eine Grimasse und schaltete den Fernseher ein, als die Titel des heutigen Abends eingeblendet wurden.
Nach dem Ende der Sendung drückte Ellie ihren Vater an sich und gab ihm einen Kuss, ehe sie zu Bett ging.
» Putz dir die Zähne!«, rief er ihr noch nach.
» Hab ich schon, Dad.« Das letzte Wort triefte vor Sarkasmus.
Er wusste, dass sie es nicht böse meinte, und fand es sogar gut, dass sie ihre etwas sonderbare Beziehung mit Humor betrachtete. Einen Augenblick lang erwog er, die Gitarre von ihrem Ständer neben dem Fenster zu nehmen, aber er war ziemlich aus der Übung und zappte sich stattdessen durch die Sportkanäle, bevor er den Fernseher und das Wohnzimmerlicht ausschaltete.
Die Wohnungstür war gesichert wie der Zugang einer Festung. Er überprüfte jeden der drei Schließmechanismen doppelt und dreifach, ehe er davon überzeugt war, dass alles in Ordnung war. Kurz schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, ob er mit seiner übertriebenen Sorgfalt in punkto Türschlösser möglicherweise eine Paranoia entwickelte.
Anschließend schaute er noch einmal nach Ellie und fand sie schlafend mit einem Buch auf ihrer Brust vor. Er schlich ins Zimmer, nahm das Buch vorsichtig herunter und legte es neben das Bett. Stella, seine Katze, huschte in den Raum, als er gerade das Licht ausknipste, sprang aufs Bett und nahm ihre übliche Position zu Ellies Füßen ein.
» Pass gut auf sie auf, hörst du?«, ermahnte er die Katze und deutete mit dem Finger auf Ellie.
Die Katze warf ihm einen verächtlichen Blick zu und leckte sich am Hinterteil.
» Sehr elegant«, kommentierte Logan, dann beugte er sich über seine Tochter, schob ihr das Haar aus dem Gesicht und gab ihr einen Kuss auf die Wange. » Gute Nacht, Schatz.«
Logan wurde von dem vertrauten Rufton seines BlackBerry, das im Wohnzimmer lag, aus einem Halbschlaf geweckt. Er stand auf und lief auf Zehenspitzen, um nur ja keinen Lärm zu machen, durch die Wohnung, aber seine Bemühungen waren vergeblich. Die Bodendielen knarrten und ächzten unter jedem seiner Schritte. Das Display zeigte Becky als Anrufer an. Er grinste breit und drückte auf die Annahmetaste.
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