Ungnade: Thriller (German Edition)

Gestern Abend habe ich niemanden ans Telefon gekriegt, und vor dem Haus stehen bewaffnete Bullen, die mir sagen, dass wir alle vernommen werden.«
    Logan saß in seinem Wagen im Parkhaus eines Einkaufszentrums in der Nähe.
    » Du hast von der Explosion gehört?«, fragte Hardy.
    » Natürlich habe ich das. In den Nachrichten ist ja von nichts anderem die Rede.«
    » Vermutlich. Ich habe seit gestern nicht mehr ferngesehen.«
    » Wo bist du? Und wo ist Alex?«
    » Wir sind beide im Krankenhaus. Im Royal Infirmary.«
    Die ausweichende Art, mit der Hardy reagierte, gefiel Logan nicht. » Tom«, sagte er, » erzähl mir, was passiert ist. Geht es allen gut?«
    » Nein, Logan. Es geht nicht allen gut.« Hardy musste sich räuspern. Während Logan wartete, schlug ihm das Herz bis zum Hals. » Chris ist in einem sehr schlechten Zustand. Er wird gerade operiert.«
    » Und Alex?«
    » Geht es den Umständen entsprechend gut. Er hat sich ein paar angebrochene Rippen und einige oberflächliche Verbrennungen an Händen und im Gesicht eingehandelt, aber er wird wieder auf die Beine kommen, das ist zumindest das, was die Ärzte sagen.«
    » Was ist vorgefallen?«
    » Vor dem Hotel ist eine Autobombe explodiert– in dem Moment, als wir eintrafen.«
    Logan war sprachlos. Unvorstellbar, dass so etwas mitten im Herzen der Stadt passieren und Washington dabei etwas Ernsthaftes zugestoßen sein könnte– dass er möglicherweise sterben würde.
    » Einer von Taras Sicherheitsteam ist dabei draufgegangen«, sagte Hardy.
    » Aber der Anschlag galt nicht ihr, oder?«, fragte Logan.
    » Warum nicht?«
    » Ich weiß nicht… Es hört sich so… so unwahrscheinlich an.«
    » Na ja, hätte man es tatsächlich auf sie abgesehen gehabt, hätte es wahrscheinlich einfachere Methoden gegeben, das stimmt schon.«
    » Geht es ihr gut?«
    » Schon. Allerdings hat sie einen Schock erlitten. Sie haben sie noch zur Beobachtung hierbehalten.«
    » War es dann also bloß Pech, dass ihr in einen Terroranschlag geraten seid?«
    » Keine Ahnung. Niemand weiß es. Die Bullen beantworten unsere Fragen nicht, und die Firma ist versiegelt. Wir haben nicht einmal mehr auf unser System Zugriff und können niemanden von unseren Leuten kontaktieren.«
    » Die glauben doch wohl nicht, dass wir etwas damit zu tun haben, oder?«
    » Kann ich mir nicht vorstellen. Aber sie halten erst einmal die Hand auf alles, bis sie mit der Analyse der Indizien beginnen können. Und da wir am Ort des Geschehens waren, kann man es ihnen nicht verdenken, dass sie uns schon unserer Branche wegen unter die Lupe nehmen.«
    » Was ist mit unserem Lagerhaus in der Scotland Street?«
    » Offiziell hat CPO nichts mit dem Gebäude zu tun. Die Eigentumsverhältnisse verlieren sich in einer Reihe von Briefkastenfirmen in Übersee.«
    » Ist einer von euch schon vernommen oder über seine Rechte belehrt worden? Soll ich für irgendjemanden einen Strafverteidiger besorgen?«
    » Nein, nichts dergleichen. Solange die Sache als terroristischer Anschlag gilt, liegt sie in den Händen einer Sonderabteilung von Scotland Yard. Zu denen haben wir einen guten Draht– haben ein paar von denen sogar ausgebildet. Also sind wir erst einmal außen vor.«
    » Gut. Dann gehe ich jetzt ins Büro und rede mit der Polizei. Mal sehen, ob ich etwas Neues erfahre.«
    » Wir halten uns erst einmal bedeckt und beantworten brav ihre Fragen. Das ist die Parole, die ich überall ausgebe.«
    » Auf das, was damals am See passiert ist, gibt es im Büro keinerlei Hinweise, oder?«
    Hardy schwieg.
    » Tom?«
    » Alles in Ordnung, Logan. Alex und ich kommen heute hier raus, dann reden wir.«
    Logan hatte eine der Kardinalregeln von CPO verletzt – man sprach nie am Telefon über wichtige oder heikle Angelegenheiten, vor allem nicht übers Handy. Was die Möglichkeit betraf, Telefone abzuhören oder sich in Computer einzuloggen, war Cahill geradezu paranoid. Bei jeder Sitzung entfernte er den Akku und die SIM -Karte aus seinem Handy, schließlich könnte das Gerät von außen angezapft und somit als Abhörgerät missbraucht werden, wenn man keine Vorkehrungen traf. Logan wusste bis heute nicht, ob all das stimmte, aber er wusste ganz genau, dass es Hardy offenbar nicht gepasst hatte, dass er den Lagerschuppen und den See erwähnt hatte.
    » Verstehe, Tom«, sagte Logan. » Wir sehen uns später.«
    » Pass auf dich auf.«
    Die Worte klangen wie eine Warnung.
    15
    Rebecca rief bei der Hotelrezeption an, um ihr Zimmer für eine