Ungnade: Thriller (German Edition)
Krankenhaus– die Zeiten der klebrigen Tintenkissen alter Schule waren anscheinend ein für alle Mal vorbei. Heutzutage war alles digitalisiert.
Cahill hörte, wie die Beamten darüber sprachen, ihn in eine » legalisierte« Zelle zu bringen. Er hatte keine Ahnung, was das bedeutete, zog es aber vor, bis zu Logans Eintreffen zu schweigen. Dann führte man ihn endlich in seine Zelle– eine schmucklose Betonkammer mit der dünnsten Matratze, die ihm je untergekommen war, einer Decke, die aussah, als würde sie garantiert kratzen, und einem Kissen. Außerdem gab es eine brillenlose Toilette aus Edelstahl und ein ebensolches Waschbecken. Immerhin hatte er die Zelle für sich und musste sie nicht noch mit jemandem teilen.
Als die Tür hinter ihm schwer ins Schloss fiel, setzte er sich auf die Matratze, starrte die Schmierereien an den Wänden an und versuchte nicht an Sam und die Mädchen zu denken– ja, er versuchte sogar verzweifelt nicht an sie zu denken.
7
Logan räumte gerade die Geschirrspülmaschine ein, als Samantha Cahills Anruf ihn erreichte. Auf dem Weg ins Wohnzimmer schloss er Ellies Zimmertür, damit ihre Klavierübungen ihn nicht beim Telefonieren störten.
Sams Stimme klang belegt. Er merkte sofort, dass sie geweint hatte. Im ersten Moment dachte er, Alex hätte im Krankenhaus einen Rückfall erlitten. Die Bedeutung dessen wollte ihm gerade bewusst werden, als sie ihm eröffnete, dass ihr Mann verhaftet worden war.
Sam hatte keine Ahnung, was Alex möglicherweise vorgeworfen wurde, also beruhigte er sie, so gut er konnte, und versprach herauszubekommen, was dahintersteckte.
Er setzte sich auf die Couch, vergegenwärtigte sich noch einmal die Sachlage und überlegte, was er nun unternehmen sollte. Zehn Jahre hatte er keine Strafrechtsfälle mehr angenommen, und der einzige Strafverteidiger, den er kannte, war der, an den seine alte Firma Kennedy Boyd ihre Firmenkunden verwies, wenn die mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren. Logan hatte ihn ein paarmal getroffen und erinnerte sich, beeindruckt von dem Mann gewesen zu sein – nur sein Name wollte ihm partout nicht einfallen.
Er suchte im Telefonbuch seines BlackBerry danach, als das Handy klingelte. Er kannte die Nummer mit Glasgower Vorwahl nicht.
» Spricht dort«, der Anrufer machte eine Pause, während der er offenbar auf einem Zettel nach dem Namen desjenigen suchte, den er sprechen wollte, » Logan Finch?«
» Ja. Wer ist dort?«
» Hier ist Sergeant Collier vom Polizeirevier in der Helen Street. Wir haben einen gewissen Alexander Cahill in Gewahrsam. Er wünscht, dass Sie als sein Anwalt von seiner Festnahme unterrichtet werden.«
» In Ordnung. Ich bin in Kürze bei Ihnen.«
» Ich nehme an, dass das im Sinne Ihres Mandanten ist.«
Logan wollte sich noch für den Anruf bedanken, als das Telefon am anderen Ende der Leitung polternd zu Boden fiel und das Freizeichen erklang.
Er rief Sam an, um ihr zu sagen, dass die Polizei sich mit ihm in Verbindung gesetzt hätte und er jetzt zu Alex fahren würde. Er hielt das für das Beste– hinfahren, herausfinden, was los war, und ihm dann einen richtigen Anwalt besorgen. Zumindest wusste er, dass eine offizielle Anklageerhebung nicht vor dem nächsten Morgen erfolgen würde, wenn die Festgenommenen der vorangegangenen Nacht dem Untersuchungsrichter vorgeführt wurden. Ihm blieb noch etwas Zeit.
Als Nächstes rief er seine Eltern an, um sie zu bitten, auf Ellie aufzupassen. Den Grund für seinen plötzlichen Aufbruch deutete er nur vage an, aber es gelang ihm, seinen Vater zu überreden, sich von Ayrshire auf den Weg nach Glasgow zu machen. Allerdings bedurfte es bei seinen Eltern ohnehin nur minimaler Überredungskunst, wenn es um ihr neues Enkelkind ging.
Ellie sagte er, er müsse dringend geschäftlich fort, aber ihr Granddad käme und würde möglicherweise über Nacht bleiben. Die Neuigkeit löste bei Ellie eher Freude als alles andere aus.
Obwohl sein Auto über ein Navigationsgerät verfügte, druckte sich Logan eine Wegbeschreibung zum Polizeirevier und einen Stadtplanausschnitt aus dem Internet aus. Er wollte für alle Eventualitäten gewappnet sein. Dann steckte er seinen Laptop, einen Notizblock und ein paar Kugelschreiber in seine Umhängetasche. Wahrscheinlich würde man ihm sowieso nicht gestatten, den Computer mit zu Alex zu nehmen, aber man konnte ja nie wissen.
Während er auf seinen Vater wartete, zappte er sich auf der Suche nach Neuigkeiten durch die
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