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Unguad

Unguad

Titel: Unguad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Werner
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der
Schwester Sieglinde hatte sie zwar ein bisschen Angst, vor allem nach dem
heutigen Missgeschick, die anderen waren allerdings prima. Erklärten ihr viel,
nahmen sie überallhin mit, ließen sie auch schon mal was selbst machen. So wie
jetzt. Nur den Hecker Adam mochte sie nicht. Der war ihr unangenehm, allein die
Stimme! Wie ein gequetschter Frosch. Dazu passten seine glasigen Augen. Aber er
hätte grüne Haare haben müssen und nicht seine fahlroten. Hihi. Mist, da kam
er! Wenn man vom Teufel sprach.
    Anna wollte fix in das nächste Zimmer verschwinden und dort trödeln,
bis er vorbei war. Hecker machte ihr jedoch ein Zeichen: »Wart mal!« Er ging
schnell auf sie zu, die weißen Hosenbeine seiner Pflegeruniform schlenkerten um
seine dürren Beine.
    »Na, Kleine, wie tut’s dir bei uns gefallen? Nicht schlecht, oder?«
Er hatte den Arm um ihre Schultern gelegt und zog sie mit sich fort, weg vom
Schwesternzimmer, um die Ecke herum. Dort konnte sie niemand so leicht sehen.
Anna ließ es mit sich geschehen. Sie war überrumpelt, außerdem wollte sie einen
guten Eindruck machen. Sie brauchte eine optimale Beurteilung für ihre
Bewerbung als Pflegeschülerin. So spürte Hecker keinen Widerstand. Das freute
ihn und ließ untere Regionen erwachen.
    »Mir gefällt es gut hier.« Anna meinte, höflich antworten zu müssen.
    »Schön. Sag’s mir, wenn ich was für dich machen kann, okay?« Damit
strich er ihr mit dem Mittelfinger über die Wange und fuhr in der
Abwärtsbewegung leicht über ihren zarten Jungmädchenbusen. Anna erschrak.
Heckers wasserblaue Augen schauten tief in ihre weit aufgerissenen.
    Ich krieg dich schon noch, dachte er sich und irgendwie kam diese
entsetzliche Botschaft in Annas Kopf an.
    Sechzehn Uhr zehn
    Zeit für ihr tägliches Schachspiel. Tibor von Markovics war
pünktlich, aber nun stand er vor der verschlossenen Zimmertür. Er überlegte, wo
Szabó denn sein könnte. Da rollte der heran.
    »Bélus, hast du keine Uhr?« Unzuverlässigkeit verärgerte Tibor.
    »Hast du keine Zeit, Tibikém ?«, kam es
frech zurück.
    » Ne mondd ! Warte nur, bis du am
Schachbrett sitzt, dann hast du nichts mehr zu lachen!«
    Den Szabó Béla muss man nehmen, wie er ist, oder es ganz lassen,
dachte er sich. Wie eigentlich alle Menschen.
    »War gerade am – izé – am Computer.«
    »Was wolltest du denn da?« So ein Angeber!
    »Etwas im Internet nachschauen.« Seit er damals den Computerkurs für
Senioren gemacht hatte, wusste Szabó mit dem World Wide Web umzugehen. Schon
nützlich.
    »Ach, lass uns spielen!« Tibor hatte an so modernem Zeug kein
Interesse mehr.
    So brüteten sie bald über einer verzwickten Stellung. Sie arbeiteten
bereits drei Tage am selben Spiel. Sie schafften keine Fünf- oder
Sechs-Stunden-Partien. Ihnen genügte eine oder, wenn es gut lief, vielleicht
auch zwei Stunden Schach, dann waren sie am Ende ihrer Kräfte. Wobei Szabó es
nie zugegeben hätte, dass er nicht mehr Energie hatte als sein fünfzehn Jahre
älterer Kollege. Vor allem in letzter Zeit fühlte er sich schnell müde und
ausgelaugt.
    Den Kopf über das Schachbrett gebeugt, sagte Szabó möglichst
beiläufig: »Die Marion gibt mir – izé – selber – izé – Tabletten.«
    Tibor schob seinen schwarzen Läufer quer über das Spielfeld, um den
weißen Turm seines Gegners zu attackieren. Er blickte auf. »Wie meinst du das?
Selber Tabletten?«
    Sie schauten sich an. »Na, wie ich gesagt hab. Ich krieg von ihr ein
hellgelbe Tablett, die ich nicht kenn und die mir der Doktor auch nicht hat
verschrieben.« Er kratzte sich am Kopf.
    » Hülyeség ! Die Marion macht so etwas
nicht!«
    »Na, ich werd die nächste Mal den Doktor fragen. Dann werden wir
sehen!«
    »Ja, mach das. Und jetzt zieh endlich, oder gibst du gleich auf?«
    »Das möchte dir so passen!« Damit schlug Szabó den schwarzen Läufer.
Ganz so, wie Tibor es vorhergesehen hatte.
    Siebzehn Uhr dreißig
    Als Tibor etwas abgekämpft von der weiß-schwarzen Schlacht
zurück in ihr Wohnzimmer kam, sah er Hecker bei seiner Frau sitzen. Er konnte
diesen Menschen nicht ausstehen. Einen konkreten Anhaltspunkt für seine
Antipathie hatte er nicht. Nun, er fand den Pfleger hässlich mit seinen roten
Haaren und seinen heraustretenden Augen. Außerdem hatte er keine Manieren und
wusste sich nicht auszudrücken. Wenigstens machte er seine Arbeit. Wenn auch
lustlos. Vertrödelte seine Zeit. Das erzürnte Tibor. Leute, die nicht das
leisteten, wofür sie bezahlt wurden, waren

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