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Unguad

Unguad

Titel: Unguad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Werner
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Seniorinnen bejahten und deuteten auf die Holzbank neben sich.
»Bitte, bitte.«
    Tibor war ein Meister der unverfänglichen Konversation. »Haben sich
die Damen bereits die Bilder im Foyer angesehen? Nein? Das müssen Sie unbedingt
nachholen. Die Künstlerin ist Isabell Chiara, eine Freundin meiner Tochter.«
Stolz machte er eine Kunstpause, damit die beiden seine Verbindung zur Malerin
verstanden. »Sie malt sehr farbenfroh. Schöne Gemälde mit positiver Ausstrahlung.«
    Die Frauen hörten zu, angenehm unterhalten.
    »Die Sonne scheint ihr Lieblingsthema zu sein. Sie kommt auf fast
allen Werken vor. Manchmal ist auch nur dieser Himmelskörper zu sehen. Sonst
nichts.«
    »Ah ja.« Schön langsam wurde ihnen dieses Thema aber doch
langweilig. Magdalena ihrerseits hatte schon wieder abgeschaltet und schaute
der Hauskatze zu, die sich in einiger Entfernung zum Putzen niedergelassen
hatte.
    Tibor sah seine Gelegenheit gekommen. »Nun, so positive Gemälde kann
man in den heutigen Tagen gut gebrauchen, nicht wahr?«
    »Ja?« Unbestimmt. Die zwei wussten nicht so recht, worauf er
hinauswollte.
    »Der Tod von Elvira hat Sie beide sicherlich auch sehr mitgenommen.«
Die mitfühlende Miene gelang ihm nicht ganz perfekt.
    Frau Baumann hatte wieder zu stricken begonnen. So drückte sie sich
um eine Antwort. Ihre Sitznachbarin blickte grimmig. »De is guad weida.«
    Nun schaute Tibor etwas verwirrt. »Pardon?«
    »Ich vermisse sie nicht«, übersetzte Frau Moser sich selbst. Er
nickte verstehend. Sie beugte sich vor: »Die war ein böses Luder!«
    »Therese!« Frau Baumann wollte sie stoppen. Zwecklos.
    »Freilich, Berta, ein ganz verreckts! Das hast du doch auch immer
g’sagt!« Sie lehnte sich weiter vor. »Die hat nämlich zugehauen, wenn ihr was
nicht gepasst hat. Das Luder!« Ihrer Freundin war dieses Geständnis sichtlich
peinlich. Leiser als vorher wiederholte sie: »Therese!«
    »Ja, meine Damen, warum haben Sie sich denn nicht beschwert?«
    »Bei wem, ha? Die stecken alle zam! Die Berta, die hat a unter dem
Luder arg zu leiden gehabt, müssen S’ wissen!«
    »Therese, bitte!« Eindringlich laut.
    »Jetzat, des muss amal g’sagt wern. Und keiner glaubt ihra! Die ge’m
ihr bloß Beruhigungstabeletten. Gell, Berta! Sag doch a amal was!«
    Ihre Freundin konnte aber diese Bloßstellung in der Öffentlichkeit
nicht mehr ertragen. Sie packte hektisch ihr Strickzeug zusammen und drückte
energisch den Hebel ihres Rollstuhls nach vorne. Das Gefährt ruckte, nahm die
Kurve und rollte davon.
    Verwundert blickte Magdalena der Frau Baumann hinterher. Frau Moser
schaute Tibor eindringlich an. »Wennst alt bist, da bist verratzt.«
    Das hatte Tibor verstanden.
    Zehn Uhr zwanzig
    Die Kinder waren alle im Schwimmbad. Klar, bei dem schönen
Wetter! Gleich nach dem Frühstück hatten sie ihre Sachen gepackt und waren
losgeradelt. Inzwischen waren sie alt genug, um dort selbst auf sich
aufzupassen. Außerdem gab es ja noch unsere drei Bademeister. Letztes Jahr, als
die unselige Kirchplatzsanierung geplant gewesen war, hatte der Gemeinderat
eine Bademeisterstelle gestrichen. Einsparung. Idee vom Landrat Hinterdobler.
Schließlich brauchte man jeden Cent für dieses Großprojekt. Und die
Öffnungszeiten hatten sie verkürzt. Damals ging es erst um elf Uhr statt um
neun Uhr los. Der halbe Vormittag war vertan. Das hatte den Kirchmünsterern
nicht gepasst.
    Aber dann war der Hinterdobler ja ausgefallen. Die Gemeinderäte samt
Bürgermeister hatten sich aus der unglückseligen Hörigkeit befreit und die
Sanierung ad acta gelegt. Halleluja! Die Bürgerinitiative hatte wohl ebenfalls
einen nicht unbeachtlichen Einfluss ausgeübt. Wie dem auch sei, jetzt war die
Welt wieder in Ordnung. Wenigstens was das Schwimmbad anging. Es wurde um neun
Uhr morgens geöffnet, und sie hatten den Max Huber als Bademeister eingestellt.
Alles bestens.
    Nun, die Kinder waren aus dem Haus. Eigentlich wollte ich mich faul
auf die Terrasse in die Sonne legen und ein bisschen braun werden, dann hatte
ich allerdings die verblühten Rosenknospen gesehen und zur Schere gegriffen.
    Wenn ich erst einmal anfange, im Garten zu arbeiten, gibt eines das
andere. Die Brombeerranken mussten noch durch den Zaun gefädelt, die Wicken
hoch- und die Sonnenblumen angebunden werden. In den Hochbeeten wuchs schon
wieder viel zu viel Unkraut. Die Einzige, die in der Sonne lag, war Runa,
unsere Hündin. Ein Retriever-Mix, schwarz mit hellen Pfoten. Ab und zu drehte
sie sich auf den

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