Unguad
Neugierde
befriedigen.
»Ihr Kleid ist ja wunderschön! Ist das von einem Designer?«
Meine Gesprächspartnerin lächelte. »Ja, ein junges aufstrebendes
Talent. Pfauenauge Fashion, Brienner Straße.«
»Aha.« Da musste ich auch mal hinschauen, wenn ich das nächste Mal
in München war.
Kommissarin Langenscheidt hatte sich schon wieder abgewandt. Sie war
in den Anblick – nein, nicht eines Gemäldes, sondern der Gäste vertieft. Ich
blickte in dieselbe Richtung wie sie, konnte aber nichts Auffälliges entdecken.
Die Imhoff redete auf den armen Herrn Pfarrer ein, der Bürgermeister begrüßte
jemanden aus seiner Partei, Martin sprach mit Schwester Marion, Kerstin
kicherte mit einer Kollegin hinter dem Rücken ihrer Chefin. Worüber? Ach, jetzt
sah ich es. Frau Imhoffs Rocksaum hing herunter. Wenn sie das gewusst hätte!
Kommissar Braun steckte sich ein ganzes Lachsbrötchen auf einmal in den Mund
und hatte richtig damit zu kämpfen. Vor allem weil ihn nun auch noch die
niedliche Schwester von Station acht ansprach. Süß schaute sie aus. So ohne
Schwesternkittel. Dafür im schwarzen Mini.
Ich beugte mich verhalten grinsend zur Frau Kommissarin hinüber. »Er
scheint sich zu amüsieren. Sie sieht heute aber wirklich hübsch aus.«
Die Langenscheidt musterte mich. »Ja, das sehe ich ebenfalls so.«
»Offensichtlich hat sie ihm viel zu erzählen. Und er ist ganz Ohr.
Da bahnt sich wohl was an. Hm, was meinen Sie?« Fast wollte ich sie mit meinem
Ellbogen amüsiert in die Seite stupsen.
»Und Sie nehmen das so sportlich?«, erwiderte die Kommissarin.
»Wie bitte?«
»Es macht Ihnen gar nichts aus?«
»Wieso sollte es mir was ausmachen? Ich kann ihm ja keine
Vorschriften machen!« Komische Vorstellungen hatte die Frau! Jetzt beugte sich
Kommissar Braun zum Ohr der reizenden Schwester hinab und flüsterte ihr etwas
hinein, dabei heimlich – aber beileibe nicht unbeobachtet – in ihr Dekolleté
spitzend.
»Sie führen also eine offene Ehe? Hätte ich in Niederbayern nicht
für möglich gehalten.« Sie nippte an ihrem Sektglas.
Ich starrte sie an. Jetzt verstand ich gar nichts mehr! Wieso … Ich
ließ meinen Blick nochmals über die Gäste schweifen. Ach so! Mein Mann stand immer noch mit Schwester Marion zusammen. Darauf hatte sie
wahrscheinlich angespielt. Ha, ein Missverständnis.
»Wir haben wohl aneinander vorbeigeredet. Ich hab von Ihrem Kollegen
gesprochen und Sie von meinem Ehemann.« Aber warum hatte sie Martin gemeint? Er
unterhielt sich doch nur mit der Schwester. Allerdings recht eifrig, wenn ich
es bedachte. Und hatte er seinen Blick nicht auch in deren Ausschnitt versenkt?
So ohne Schwesternuniform geizte sie nicht mit ihren Reizen.
»Wir führen keine offene Ehe«, stellte ich noch klar, die Augen
weiterhin auf die beiden gerichtet. »Und ich vertraue meinem Mann!«
In diesem Augenblick klopfte sich mein Ehemann auf seine
Hosentaschen, anscheinend suchte er etwas. Vergebens. Er schüttelte den Kopf.
Schwester Marion öffnete daraufhin ihre Handtasche, entnahm ihr einen
Kugelschreiber und ein kleines weißes Stück Papier, schrieb wenige Worte darauf
und hielt es Martin lächelnd entgegen. Er hatte währenddessen auf ihre
wohlgeformten Beine gestarrt, die heute Abend nicht in Gesundheitsschuhen,
sondern Pumps steckten. Martin hatte immer schon eine Schwäche für schlanke
Fesseln gehabt. Jetzt nahm er schnell den Zettel und steckte ihn rasch und ohne
darauf zu schauen in seine hintere Hosentasche. Warum die Eile? Was stand
darauf? Wusste er es schon? Weshalb gab sie ihm überhaupt einen?
»Dann ist es ja gut.« Die Kommissarin hatte natürlich dasselbe
beobachtet wie ich.
Ich leerte mein Glas in einem Zug. »Sind Sie denn der Ansicht, ich
hätte etwas zu befürchten?«, fragte ich, den Blick immer noch nicht abwendend.
Vor der Antwort graute mir.
Sie schaute mich an. »Ich an Ihrer Stelle würde aufpassen.«
Verdrossen verschränkte ich meine Arme. Wer hätte das gedacht.
Schwester Marion und mein Martin. Mein Ehemann. Der Vater meiner Kinder.
Betrachtete nicht nur wollüstig fremde Frauenbeine, sondern steckte auch noch
geheime Briefchen ein. Als ob er etwas zu verbergen hätte. Diese Beobachtung
musste ich erst einmal setzen lassen. Auf keinen Fall würde ich mir hier vor allen
Leuten eine Blöße geben. Also Pokerface, Karin!
»Darf ich Sie mal kurz ablenken?« Frau Langenscheidt beugte sich zu
mir herüber und riss mich aus meinen trübsinnigen Gedanken. »Wer ist denn die
blonde
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