Unguad
etwas fragen.«
»Das geht jetzt nicht. Wir nehmen ihn mit.«
»Sie nehmen ihn mit? Haben Sie ihn verhaftet?«
»Richtig.«
»Aber warum denn bloß?«
»Es besteht der begründete Verdacht, dass er Elvira Böhm umgebracht
hat.«
»Wie sollte er denn das anstellen? Er sitzt im Rollstuhl, und sie
war eine große, kräftige Person!«
»Nun, es gibt andere Mittel und Wege als rohe Gewalt.« Hinter ihr
wurde ein sichtlich verzweifelter Szabó von Kommissar Braun herausgeschoben.
Als Béla Szabó mich entdeckte, bat er: » Segítsen. Hilf mir!«
Ich nickte. Allerdings wusste ich nicht, wie ich das machen sollte. Herr Szabó wurde den Gang hinuntergeschoben. »Ich komme
Sie besuchen«, rief ich ihm hinterher.
»Aber erst morgen«, erwiderte Frau Langenscheidt entschieden.
»Wo finde ich ihn denn?«
» JVA Passau, Theresienstraße 18.« Damit waren sie um die Ecke verschwunden.
Ich drehte mich um und stieß fast mit der Frau im Rollstuhl
zusammen. Sie hatte inzwischen auf dieser Gangseite den Rückweg begonnen.
Fragte sich nur, wovon.
Vierzehn Uhr dreiundvierzig
Natürlich hatte ich meine Eltern über Szabós Verhaftung
informiert. Mein Vater war entsetzt, meine Mutter verängstigt. Wir hatten
herumgerätselt, warum Szabó die Elvira umgebracht haben könnte. Waren aber auf
kein Motiv gekommen. Alles schien so abwegig.
Danach hatte mein Vater mir von seinem nächtlichen Ausflug mit Linus
erzählt. Ich hätte beinahe einen Herzinfarkt bekommen! Dieser Kerl! Ich meine
meinen Sohn. Obwohl, mein Vater war ja nicht ganz unschuldig. Schließlich wäre
er alt genug, um vernünftiger zu sein. Er hätte den Jungen schleunigst nach
Hause schicken müssen. Linus’ Strafregister wurde immer länger. Ich musste bald
mal ein wirklich ernstes Wort mit meinem Sprössling reden.
Und herausgefunden hatten sie auch nur, dass Hecker wohl
pikanterweise der Sohn von Heidemarie war. Seltsam, dass sie nie etwas erzählt
hatte. Nun, so ein Wonneproppen war der ja nicht, dass man damit überall
angeben müsste. Aber trotzdem.
Mein Vater berichtete noch von dem nächtlichen Besucher. Linus
kannte ihn von der Schule. Eine sonderbare Sache. Was machte so ein Youngster
in der Abstellkammer?
Ziemlich ausgelaugt war ich zu Hause angekommen. Wenigstens war noch
keines meiner Familienmitglieder da. So konnte ich mich mit Runa in den Garten
auf die Wiese setzen und ins Leere starren. Meine Hündin platzierte sich
solidarisch neben mich, ich legte meinen Arm um sie, und wir schauten beide
geradeaus. Ich fand ihre stille Anwesenheit immer tröstlich. Automatisch
streichelte ich ihr seidiges schwarzes Fell und ließ meinen Kopf an ihren Hals
sinken.
Irgendwann fand sie aber, dass es jetzt genug wäre mit Trübsal
blasen. Sie sprang auf und holte ihr Frisbee. Fröhlich mit dem Schwanz wedelnd,
stand sie vor mir. Sie sah mich mit dem roten Ding im Maul auffordernd an, und
ich konnte ihren braunen Hundeaugen nicht widerstehen. Also ließ ich das
Grübeln erst einmal sein, und wir tobten ein wenig durch den Garten. Gut so.
Danach fühlte ich mich besser und begann, mich mit Hausarbeit zu
beschäftigen. Geschirr in die Schränke räumen, die Küche wischen, das
Wohnzimmer staubsaugen. Als ich mich der Schmutzwäsche zuwandte und gerade die
dunklen Sachen in die Trommel stopfte, fiel mir Martins Hose in die Hände. Ein
Griff in die hintere Tasche. Der Zettel war nicht mehr darin. In den anderen
Taschen war ebenfalls nichts zu finden. Aber ich wusste auch so noch, was
darauf stand. Montag, fünfzehn Uhr. Sofort kochte meine Wut brodelnd wieder
hoch.
Heute war Montag, und fünfzehn Uhr würde es auch gleich sein. Was
sollte ich tun? Unruhig tigerte ich durch die Wohnung. Biss mir auf die Nägel
und überlegte. Eigentlich gab es nur eines: Ich würde zu ihm ins Krankenhaus
fahren. Genau. Aber warum? Ich ging dort nicht ständig ein und aus. Also musste
ein Vorwand her. Mein Blick fiel auf meine Handtasche. In ihr hatte ich die
Tabletten verstaut, die mir Szabó zur Begutachtung durch meinen Mann gegeben
hatte. Eigentlich hatte ich ihn erst fragen wollen, wenn er abends nach Hause
gekommen wäre. Aber es war ein zumindest einigermaßen plausibler Grund, ihn
aufzusuchen. Heimzusuchen wohl eher, falls er etwas zu verbergen hatte. Ich
schnappte mir die Handtasche und fuhr nach Rotthalmünster.
Ohne mich beim Empfang anzumelden, eilte ich kurz vor fünfzehn Uhr
durch die Gänge und über die Treppen hinauf. Auch jetzt hatte ich keine Nerven
für
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