Unheil
trockener Wurst; und darüber hinaus
gähnende Leere. Es war schon eine Weile her, dass sie das letzte Mal einkaufen
gewesen wäre ⦠und wozu auch? Sie lebte jetzt seit drei Jahren in diesem
Appartement, und abgesehen von der Kaffeemaschine und der Mikrowelle war ihre
Küche praktisch noch jungfräulich. Das war noch ein Vorteil, wenn man Single
und praktisch mit seinem Beruf verheiratet war (und Junkfood mochte): Man sah
keine besondere Notwendigkeit darin, zu kochen.
AuÃer, man war gerade aus dem Krankenhaus weggelaufen, hatte einen
ramponierten Arm und konnte es aus verschiedenen Gründen nicht riskieren, aus
dem Haus zu gehen und den nächsten Pizza-Hut zu stürmen.
Das Telefon klingelte. Conny dachte lange genug darüber nach, ob sie
abnehmen sollte oder nicht, bis sich der Anrufbeantworter anschaltete, um dem
unbekannten Anrufer mitzuteilen, dass niemand zu sprechen sei, und Conny lieÃ
auch diese allerletzte Chance verstreichen und wartete, bis sich der Apparat
endgültig abgeschaltet hatte. Dann machte sie sich doch an die mühselige
Aufgabe, die knapp hundert anderen aufgezeichneten Anrufe abzuhören.
Das Ergebnis war ungefähr das, das sie erwartet hatte: Der
allergröÃte Teil der aufgezeichneten Nachrichten stammte von irgendwelchen
Reportern, die ihr das Blaue vom Himmel für ein Exklusivinterview versprachen
(und zumindest in einem Fall auch ganz unverhohlen drohten, die
Berichterstattung könne ganz anders ausfallen, wenn
sie nicht bereit wäre, von sich aus mit der Presse zu kooperieren), und Conny
hörte sich nur das erste knappe Dutzend wirklich an; danach sprang sie sofort
weiter, sobald sie begriff, dass es sich um einen Journalisten, eine Redaktion
oder ein Fernsehstudio handelte.
Zwei weitere Anrufe stammten von Trausch, die jedoch rein
dienstlicher Natur schienen, und einmal erklang Eichholzâ missgelaunte Stimme,
der um sofortigen Rückruf bat, aber die Nachricht war mehr als vierundzwanzig
Stunden alt und hatte sich wohl erledigt.
Alles in allem brauchte sie mehr als eine Dreiviertelstunde, um die
aufgezeichneten Anrufe einen nach dem anderen abzuhören (und zu löschen) und
die Ausbeute war nicht unbedingt groÃ: Wenn sie den gesammelten Müll abzog,
blieben vier Nachrichten übrig: Eine stammte von einem Spinner, der sie wüst
beschimpfte und irgendetwas von einem Frevel stammelte, den sie begangen hatte und für den sie bezahlen würde, aber sie
verstand kaum die Hälfte, der Kerl war entweder betrunken oder so aufgebracht,
dass er über seine eigene Zunge stolperte und der aufgezeichnete Text zum
allergröÃten Teil aus unverständlichem wüstem Gestammel bestand. Conny wollte
ihn schon löschen, überlegte es sich dann anders und behielt die Aufnahme.
Vielleicht würde sie Trausch oder auch Eichholz interessieren, und sie wollte
sich auf keinen Fall noch einmal vorwerfen lassen,
Informationen zurückgehalten zu haben, ganz egal ob zu Recht oder zu Unrecht.
Die drei dann noch verbleibenden Anrufe schlieÃlich stammten von
Sylvia, der Mutter Leas, des ersten Opfers. Die beiden ersten waren an dem Tag
aufgezeichnet worden, an dem sie Aisler im Trash gestellt hatte. Sylvia musste angerufen haben, während sie selbst noch im
Krankenhaus oder auf dem Weg von dort zurück ins Präsidium gewesen war;
wahrscheinlich sofort, nachdem die Meldung im Radio oder in den Lokalnachrichten
im Fernsehen gekommen war, und war zutiefst dankbar und erleichtert, dass sie
den Kerl endlich erwischt und wenigstens sein letztes Opfer gerettet hatte,
wenn auch auÃer sich vor Sorge, dass ihr etwas zugestoÃen sein könnte. Conny
hatte die entsprechenden Nachrichten natürlich nicht verfolgt, aber ganz
offensichtlich hatte die Presse die ganze Angelegenheit noch kräftig
aufgebauscht (als ob das nötig gewesen wäre!) und nicht unerwähnt gelassen,
dass sie selbst bei ihrer heldenhaften Rettungsaktion schwer verletzt worden
war.
Der zweite Anruf war knappe zwei Stunden (und ungefähr eine Flasche
Wodka, schätzte sie) später aufgezeichnet worden und von vollkommen anderer
Art. In den wenigen Passagen, in denen Sylvia nicht betrunken vor sich hin
gelallt oder krampfhaft geschluchzt hatte, hatte sie sie mit Vorwürfen und
üblen Beschimpfungen überschüttet, dass sie das Schwein hatte entkommen lassen
und er jetzt vielleicht noch weitere unschuldige junge Mädchen umbringen
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