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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie einen kritischen Blick über die
Schreibtischplatte geworfen hatte, wie um sich zu überzeugen, dass die frechen
Eindringlinge nicht etwas verändert oder gar weggenommen hatten. Trausch
runzelte die Stirn, aber er beherrschte sich.
    Â»Wir müssen den Professor sprechen«, sagte er nur.
    Â»Das geht im Moment leider nicht«, antwortete sie. »Er ist mitten in
einer Obduktion. Ich kann ihn unmöglich stören.«
    Â»Aber es wäre wichtig«, erwiderte Trausch, erntete aber nur ein
neuerliches Kopfschütteln und ein Lächeln, das nicht wirklich eines war.
    Â»Vollkommen ausgeschlossen. Der Professor hasst es, während einer
Obduktion gestört zu werden. Sie können natürlich gerne auf ihn warten, aber
ich weiß nicht, wie lange es dauert.«
    Trausch setzte zu einer – vermutlich deutlich weniger freundlichen –
Entgegnung an, doch Conny kam ihm zuvor. »Vielleicht können Sie uns ja
weiterhelfen«, sagte sie rasch. »Wir brauchen nur eine Auskunft.«
    Die Sekretärin sah sie einen Atemzug lang distanziert an, dann
schien sie sie wiederzuerkennen. Ihr Gesicht hellte sich auf. »Möglicherweise.«
    Â Conny bedeutete Trausch mit
einem Blick, ihr das Foto zu zeigen, und geduldete sich einige Sekunden lang,
in denen die dunkelhaarige Frau es aufmerksam betrachtete. »Kennen Sie diesen
Mann?«, fragte sie schließlich.
    Â»Nie gesehen«, antwortete die Sekretären, setzte dazu an, ihr das
Bild zurückzugeben, und besah es sich dann noch einmal und eingehender. »Obwohl …«
    Â»Ja?«, fragte Trausch.
    Sie betrachtete das Bild noch einmal und noch ausgiebiger, dann
schüttelte sie auch nur noch einmal den Kopf. »Nein. Nie gesehen. Es tut mir
leid.«
    Â»Aber er kommt Ihnen bekannt vor?«, hakte Trausch nach.
    Â»Ich dachte es, im ersten Moment«, antwortete sie. »Aber die
Ähnlichkeit ist nur oberflächlich.«
    Â»Ã„hnlichkeit mit wem?«
    Â»Mit einem unserer Praktikanten«, antwortete sie, während sie ihm
das Foto zurückgab. »Ich weiß nicht, wie er heißt. Diese Jungs kommen und gehen
schneller, als ich mir ihre Namen merken kann. Es lohnt sich auch nicht«, fügte
sie mit einem leisen Seufzen hinzu. »Von denen kommt nie einer wieder. Die
Arbeit hier ist nichts für jedermann.«
    Â»Aber dieser junge Mann arbeitet hier als Praktikant?«,
vergewisserte sich Trausch.
    Â»Das habe ich nicht gesagt«, antwortete sie kühl. »Ich sagte: Der
Mann auf dem Foto sieht ihm ähnlich, und das auch nur auf den ersten Blick.
Dieselbe unmögliche Frisur und ungefähr dasselbe Alter, würde ich sagen.«
    Conny tauschte einen raschen Blick mit Trausch. »Wenn er hier ein
Praktikum macht, dann gibt es doch sicher eine Personalakte mit einem Foto.
Könnten wir einen Blick hineinwerfen?«
    Â»Natürlich gibt es eine Personalakte«, antwortete sie. »Aber eigentlich
hat nur Professor Levèvre darauf Zugriff. Ich weiß nicht, ob …«
    Â»Wir sind die Polizei«, erinnerte Trausch. »Nicht irgendwer. Wir
stehen auf derselben Seite.«
    Ganz offensichtlich war das der falsche Ton, denn ihr Blick kühlte
noch einmal um mehrere Grade ab. »Das mag sein. Trotzdem muss ich erst mit dem
Professor sprechen. Meine Anweisungen sind da eindeutig, und der Professor ist
ziemlich eigen in solchen Dingen. Ich kann ihn gerne fragen. Es wird jedoch
eine Weile dauern.«
    Trausch setzte nun hörbar zu einer scharfen Erwiderung an, und Conny
trat mit einem schnellen Schritt zwischen ihn und Levèvres Sekretärin, um den
Blickkontakt zwischen ihnen zu unterbrechen; ein Trick, den ihr einmal ein
Kollege von der Hundestaffel beigebracht hatte, der aber zumindest auch bei
Trausch hervorragend zu funktionieren schien. »Er muss es nicht einmal
erfahren«, sagte sie lächelnd. »Wir wollen nur einen Blick auf das Foto werfen,
mehr nicht. Nur, um sicherzugehen … es würde uns eine Menge Zeit sparen.«
    In der ersten Sekunde war sie fast sicher, es allerhöchstens noch
schlimmer gemacht zu haben, denn der Blick ihres dunkelhaarigen Gegenübers
kühlte noch einmal weiter ab – doch dann stand sie mit einer unerwartet raschen
Bewegung auf und kam um den Schreibtisch herum. »Also gut«, sagte sie. »Aber
ich verlasse mich darauf, dass Sie niemandem etwas sagen. Ich komme sonst in
Teufels Küche.«
    Â»Heiliges

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