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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Medien
zu haben.« Er richtete sich übertrieben umständlich auf, warf einen
abschließenden (und leicht angewiderten) Blick auf den toten Jungen hinab und
drehte sich dann ganz zu Conny um. »Aber ich habe Sie nicht hergebeten, um über
die Pressekarriere dieses bedauernswerten Jungen zu reden«, fuhr er in
verändertem Tonfall fort.
    Conny musste sich beherrschen, um ihm nicht die Antwort zu geben,
die diese geschmacklose Bemerkung ihrer Meinung nach verdiente, und
wahrscheinlich war der einzige Grund, aus dem sie es nicht tat der, dass ihr
Trausch einen schon beinahe beschwörenden Blick zuwarf.
    Stattdessen fragte sie: »Warum sonst?«
    Eichholz winkte … überrascht; aber auch ganz leise verärgert. »Hat
Ihnen Kollege Trausch das Video nicht gezeigt?«
    Â»Doch«, antwortete Conny. Sonst nichts.
    Jetzt wirkte Eichholz verärgert. »Dann
sollten Sie eigentlich wissen, warum Sie hier sind. Dieser arme Junge ist
Ihretwegen gestorben, das ist Ihnen doch hoffentlich klar?«
    Täuschte sie sich, oder wurden die Bewegungen der Männer im Raum
plötzlich noch vorsichtiger und leiser? Niemand sah in ihre oder Eichholz’
Richtung oder lauschte gar ganz unverhohlen, aber in der winzigen Zeitspanne,
die zwischen seiner Frage und ihrer Antwort verging, hätte man nicht nur eine
Stecknadel fallen hören können, sondern eine Feder. » Nicht
wirklich«, sagte sie. »Was bringt Sie auf den Gedanken?«
    Â»Zum Beispiel das, was der Mörder gesagt hat?«, schlug Eichholz vor.
    Â»Du bist die Nächste«, bestätigte Conny. Das Miststück ließ sie vorsichtshalber weg.
    Â»Und genau das flimmert spätestens heute Abend über jeden
Fernsehschirm der Stadt, wenn nicht des ganzen Landes. Genau die Art von Public
Relations, die wir nicht gebrauchen können.« Er machte ein trauriges Gesicht,
während er das sagte, aber irgendwie brachte er es trotzdem fertig, es so
klingen zu lassen, als wäre es ganz allein ihre Schuld.
    Â»Und?«
    Eichholz starrte sie an. Für einen Moment war sie sicher, dass er
nun doch die Beherrschung verlieren würde, doch dann presste er nur die Kiefer
aufeinander (Conny ertappte sich bei der albernen, nichtsdestotrotz überaus
befriedigenden Vorstellung, dass er sich seine teuren Kronen dabei ruinieren
könnte) und beließ es bei einem missbilligenden Hochziehen der linken
Augenbraue. »Ganz, wie Sie meinen, Kollegin«, sagte er spröde. »Offensichtlich
scheint Sie diese Vorstellung ja nicht besonders zu stören … auch wenn ich mir
nicht vorstellen kann, dass unsere Presseabteilung von dieser Art der
Öffentlichkeitsarbeit sehr angetan sein dürfte. Aber es ist Ihre Entscheidung,
und ich habe sie zu respektieren, ob sie mir gefällt oder nicht.«
    Conny verstand nicht wirklich, worauf er hinauswollte, doch sie
hätte schon blind und taub auf einmal sein müssen, um die Feindseligkeit zu
übersehen, die er plötzlich ausstrahlte … wobei plötzlich ganz
gewiss das falsche Wort war. Sie war die ganze Zeit über da gewesen, nur hatte
sich Eichholz bisher meisterhaft beherrscht. Sie schwieg, auch wenn es ihr
schwerfiel.
    Â»Vor allem sollten wir dafür sorgen, dass Kollegin Feisst aus der
Schusslinie kommt«, mischte sich Trausch ein. »Und zwar sowohl in übertragenem
als auch in wortwörtlichem Sinne. Der Kerl hat sie bedroht, ganz offen. Von
heute Morgen ganz zu schweigen.«
    Eichholz spießte ihn mit Blicken regelrecht auf, beherrschte sich
aber noch immer. »Selbst wenn es so wäre: Wir können schlecht jeden unter
Polizeischutz stellen, der irgendwann einmal mit Frau Feisst gesprochen hat.
Und sie selbst steht ja bereits unter Personenschutz.«
    Conny wäre ein anderes Wort für die unerwünschte Leibwache
eingefallen, die Eichholz ihr verpasst hatte, aber sie beherrschte sich weiter.
Eichholz hatte sie nicht kommen lassen, um seine schlechte Laune an ihr
auszulassen und ein bisschen auf ihr herumzutrampeln (jedenfalls nicht nur ), sondern weil er etwas ganz Bestimmtes von ihr wollte.
    Sie hatte nur nicht die geringste Vorstellung, was.
    Â»Also gut«, seufzte er. »Allmählich wird die Sache hässlich. Drei
Tote in so kurzer Zeit sind selbst für meinen Geschmack ein bisschen viel.«
    Â»Vier«, verbesserte ihn Conny. Eichholz blickte fragend, und Conny
fügte so eisig hinzu, wie sie nur konnte:

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