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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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eigene Reaktion den Kopf. Hätte Logik in
dieser ganzen verrückten Geschichte auch nur die winzigste Rolle gespielt, dann
wäre sie jetzt ganz gewiss nicht hier.
    Doch möglicherweise brachte sie diese Überlegung ja auf den
richtigen Weg. Conny fragte sich, wo sie sich verstecken würde, hätte sie sich
diesen Ort hier ausgesucht. Ganz bestimmt nicht in einem der leer stehenden
Büros oder in einer Lagerhalle, die als Erstes durchsucht werden würden. Kein
Raum, der sofort einsehbar war oder in den sich spielende Kinder oder irgendein
anderer neugieriger Besucher verirren würden. Ein möglichst ruhiger,
abgeschiedener Ort, leicht zu erreichen und schwer zu finden, am besten mit
einem leicht zu verbergenden Ein- und mehr als einem Ausgang, falls sie sich
rasch zurückziehen oder gar fliehen musste, und vorzugsweise schalldicht.
    Der Keller?
    Das erleichterte ihre Suche ganz ungemein, schränkte es doch den
infrage kommenden Platz auf die Fläche mehrerer Fußballstadien ein, aufgeteilt
in ein paar Hundert vermutlich fensterlose Räume und gespickt mit Hindernissen
und allem möglichen Krempel.
    Sie machte sich trotzdem auf den Weg, verließ die Toreinfahrt
allerdings nicht, sondern trat im Gegenteil wieder ein paar Schritte weit in
den wohltuenden Schatten zurück, nahm die Sonnenbrille ab und sah sich suchend
um. Wenn Vlad die Wahrheit gesagt hatte und die beiden Mädchen wirklich hier
waren, würde ihr Entführer sie kaum quer über den Hof und in irgendeines der
Gebäude dort drüben gebracht haben. Das wäre zu langwierig, zu schwer, und
letzten Endes bestand immer die Gefahr einer zufälligen Entdeckung, ganz egal,
wie abgelegen diese Gegend auch sein mochte.
    Langsam drehte sie sich einmal im Kreis. Ihr Blick tastete über
schmutziges, weiß ausgeblühtes Mauerwerk, Schimmel und abblätternde Farbe und
geborstene Fenster und blieb schließlich an einer schmalen Tür hängen.
    Sie war nur angelehnt. Konnte es tatsächlich so einfach sein? Conny
bezweifelte das, aber sie wusste zugleich auch, dass die einfachsten
Erklärungen nur zu oft die richtigen waren … und was hatte sie zu verlieren,
abgesehen von einigen wenigen Sekunden?
    Sie ging hin, schob die Tür ganz auf und erkannte sofort, dass es
eben nicht so einfach war. Hinter der Tür befand sich die ehemalige
Pförtnerloge samt Schreibtisch, Aktenschränken und Schlüsselbrett, aber ohne
einen zweiten Ausgang. Die einzige Tür führte in eine winzige fensterlose
Toilette, deren sanitäre Einrichtung anscheinend schon vor Jahren das Opfer
puren Vandalismus geworden war und in einem Wust von staubverkrusteten Scherben
auf dem Boden lag.
    Enttäuscht verlies sie den Raum wieder, rüttelte nacheinander an den
beiden anderen Türen, die es in dem Torbogen gab – beide waren verschlossen –
und dachte einen Moment lang angestrengt nach. Ihr lief die Zeit davon. Die
drei Minuten, die Eichholz ihr gegeben hatte, waren vermutlich längst vorbei,
und viel schlimmer: Wenn Aisler die beiden Mädchen tatsächlich in seiner Gewalt
hatte, dann konnte jede Sekunde, die sie hier herumstand und mit dem Schicksal
haderte, über deren Leben und Tod entscheiden.
    Etwas scharrte. Conny fuhr wie von der Tarantel gestochen herum und
glaubte einen Schatten davonhuschen zu sehen, aber als sie einen Schritt in die
entsprechende Richtung machte und all ihre Sinne anstrengte, war da nichts.
    Nichts außer dem Geruch, hieß das.
    Er war … seltsam. Fremd und abstoßend und auf eine verstörende Weise
erregend zugleich; nichts, was sie kannte, und doch etwas, was sie gerne
kennenlernen würde, auch wenn es sie zugleich abstieß.
    Noch vor weniger als einer Stunde hätte sie über diesen Gedanken nur
den Kopf geschüttelt (falls er ihr überhaupt gekommen wäre), aber jetzt dachte
sie nicht einmal wirklich darüber nach, sondern folgte ganz instinktiv ihrem
Gefühl – und der Richtung, aus der der sonderbare Geruch kam.
    Es war eine der beiden verschlossenen Türen, die sie bereits
ausprobiert hatte.
    Conny rüttelte noch einmal an der Klinke, zog die Hand zurück, wie
um enttäuscht aufzugeben, und rammte die Tür dann kurzerhand mit der Schulter
auf. Es ging sehr viel leichter, als sie erwartet hatte; das vermeintlich
altersschwache Holz hielt ihrem Anprall vollkommen unbeeindruckt stand, aber
das Schließblech wurde aus

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