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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Blicken nicht
abbringen ließ. Ab und zu sah er in den Rückspiegel, kurz, aber nicht schnell
und vor allem nicht unauffällig genug, dass es Conny entgangen wäre.
    Â»Haben Sie Angst, dass uns jemand verfolgen können?«, fragte sie
spöttisch.
    Â»Verfolgen? Wieso?«
    Â»Sie sehen dauernd in den Spiegel.«
    Â»Ach, das.« Trausch machte eine wegwerfende Handbewegung und sah
noch einmal und sogar deutlich länger in den Innenspiegel. »Das hat nichts zu
bedeuten. Eine dumme Angewohnheit.«
    Conny widersprach zwar nicht, drehte sich aber auf ihrem Sitz um und
warf einen langen, taxierenden Blick durch die getönte Heckscheibe. Die Straße
hinter ihnen war leer.
    Â»Eine alte Polizistenkrankheit«, behauptete Trausch, nachdem sie
sich wieder umgedreht und ihn zweifelnd angeblickt hatte.
    Â»Ja, sicher.«
    Schweigend fuhren sie weiter, wenn auch nur noch ein kleines Stück
und ohne dass Trausch noch einmal in den Spiegel gesehen hätte. Sie bogen noch
zweimal ab, dann lenkte Trausch den Wagen eine gepflasterte Auffahrt hinauf und
hielt vor einem geschlossenen Tor, hinter dem sich eine weiß gestrichene Jugendstilvilla
erhob, alt, aber soweit sie das bei der schwachen Beleuchtung erkennen konnte,
in ausgezeichnetem Zustand. Sämtliche Jalousien waren heruntergelassen, und
nirgendwo brannte Licht.
    Conny machte ein fragendes Gesicht, doch Trausch wich ihrem Blick
demonstrativ aus und stieg aus, um das Tor zu öffnen. Das weiß gestrichene
geschmiedete Eisen zeigte ein Muster aus von Blumen und Blättern umrankten
Drachen und anderen mythologischen Wesen.
    Trausch schob die beiden Torhälften unnötig weit auseinander und kam
zum Wagen zurück, stieg jedoch nicht ein, sondern öffnete nur die Tür, um dann
plötzlich wieder stehen zu bleiben und konzentriert zur anderen Straßenseite
hinzusehen. Conny blickte in dieselbe Richtung und sah erst jetzt den dunklen
Kombi, der dort parkte. Eigentlich hätte er ihr sofort ausfallen müssen. Es war
der einzige Wagen weit und breit.
    Â»Auch wieder nur eine dumme Angewohnheit?«, fragte sie spöttisch.
    Trausch sah nicht so aus, als ob er diese Bemerkung besonders lustig
finden würde. »Wenn das schon wieder irgendwelche Pressefuzzies sind, dann
vergesse ich meine gute Erziehung und setzte meine Pension aufs Spiel«, knurrte
er. Zornig fuhr er auf dem Absatz herum und stürmte die Auffahrt wieder
hinunter. Conny beobachtete im Rückspiegel, dass das Seitenfenster des Kombis
heruntergefahren wurde, nach bevor er ihn erreichte.
    Trausch beugte sich demonstrativ vor, legte beide Hände auf den
Fensterrahmen und steckte den Kopf und einen Teil seiner breiten Schultern ins
Wageninnere, und Conny ertappte sich bei einem flüchtigen Lächeln. Wenn in
diesem Wagen tatsächlich zwei übereifrige Journalisten saßen, die irgendwie
Trauschs Adresse herausbekommen hatten und nun eine große Story witterten, dann
würden sie sich wahrscheinlich spätestens in einer Minute wünschen, lieber zur
Jahresversammlung des örtlichen Kaninchenzüchtervereins gegangen zu sein.
    Trausch wechselte nur ein paar Worte mit den Wageninsassen und kam
dann – etwas weniger erregt, aber immer noch in Eile – zurück. Wortlos ließ er
sich hinter das Steuer sinken und rangierte den Wagen durch das Tor, ohne sich
die Mühe zu machen, die Tür zu schließen.
    Â»Ich nehme an, Sie mussten Ihre Pension nicht riskieren«, vermutete
Conny. Ein rascher Blick in den Innenspiegel zeigte ihr, dass der Wagen noch immer
auf der anderen Straßenseite stand und auch keine Anstalten machte,
loszufahren.
    Â»Das waren keine Journalisten«, antwortete Trausch. Es gelang Conny
nicht, in seinem Gesicht zu lesen.
    Â»Sondern?«
    Â»Zwei bemitleidenswerte Kollegen von der Bereitschaft, die sich bis
morgen früh die Hintern platt sitzen dürfen«, antwortete er. »Viele Grüße vom
Kollegen Eichholz. Anscheinend traut er mir auch nicht.«
    Â»Eichholz?«, wiederholte Conny verblüfft. »Und woher weiß er, wo wir
sind?«
    Â»Nicht von mir.« Trausch schaltete den Motor ab, stieg jedoch noch
nicht aus, sondern maß das lederbezogene Armaturenbrett des Luxuswagens mit
einem feindseligen Blick. »Wahrscheinlich vom GPS dieser Scheißkarre. Ich hätte mir gleich denken können, dass die Sache einen Haken
hat. Wahrscheinlich hat er schon auf seinen verdammten

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