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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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noch
nicht einmal etwas gewusst habe. Ich war am Anfang nicht einmal sicher, ob ich
das Erbe überhaupt annehmen sollte.« Er seufzte. »Und ich hätte es besser auch
nicht getan.«
    Â»Wieso?«, fragte Conny. »Es ist doch sehr hübsch.«
    Trausch warf ihr einen schrägen Blick zu, und Conny verbesserte
sich: »Ich meine: Man kann sicher etwas daraus machen.«
    Â»Wenn man die Zeit dazu hat und das nötige Kleingeld«, bestätigte
Trausch. »Zurzeit fehlt mir leider beides. Wer weiß, vielleicht kaufe ich mir
einen Werkzeugkasten und ein Heimwerkerbuch, wenn ich erst einmal in Pension bin … wenn
mich dieser Kasten bis dahin nicht aufgefressen hat, heißt das. Haben Sie eine
Vorstellung, was es kostet, ein solches Haus zu unterhalten?«
    Â»Nein«, antwortete Conny. »Und ich glaube, ich will es auch nicht
wissen.« Sie sah sich demonstrativ um. »Warum verkaufen Sie es nicht einfach?«
    Trausch legte den Kopf schräg und schwieg einen Augenblick, als
müsse er tatsächlich über diese Frage nachdenken. »Keine Ahnung«, gestand er.
»Irgendwie bin ich bisher einfach nicht dazu gekommen. Vielleicht aus
sentimentalen Gründen. Ich habe ein paar schöne Jahre hier verbracht.« Er ließ
seine Worte wirken, dann grinste er plötzlich breit. »Außerdem steigen die
Immobilienpreise in dieser Gegend seit zehn Jahren ununterbrochen. Ich wäre vollkommen
bescheuert, jetzt zu verkaufen. Das hier ist meine Altersversorgung. Und wenn
ich noch ein paar Jahre warte und es so weitergeht, auch noch eine hübsche
Finca auf Mallorca.«
    Jetzt war es Conny, die ihm einen schrägen
Blick zu warf. Trausch als fideler Rentner am Strand von Mallorca, der sich die
Sonne auf den Bauch scheinen ließ? Das war nun wirklich das Letzte, was sie
sich vorstellen konnte.
    Er anscheinend auch, aber es dauerte noch ein paar Sekunden, bis sie
das spöttische Glitzern in seinen Augen bemerkte. »Sie nehmen mich auf den
Arm«, vermutete sie.
    Â»Wer weiß?«, erwidertet Trausch. »Vielleicht kennen Sie mich ja doch
nicht so gut, wie Sie bisher dachten.«
    Genau genommen, dachte Conny, kannte sie ihn überhaupt nicht. Bis vor wenigen Augenblicken war sie der
Meinung gewesen, das eine oder andere über ihn zu wissen, doch ein einziger
Blick in die Rund reichte, um sie plötzlich auch das in Zweifel ziehen zu
lassen. Sie hob nur die Schultern und hoffte, sich auf diese Weise um eine
direkte Antwort herummogeln zu können. Wenigstens für den Augenblick schien es
zu funktionieren, denn Trausch griente nur noch breiter und sah in seiner
albernen Kinderjacke nun endgültig aus wie ein zu groß geratener Schuljunge,
aber er ging auch nicht weiter auf das Thema ein, sondern warf nur noch einen
langen, missmutig wirkenden Blick in die Runde und fragte dann mit veränderter
Stimme: »Kaffee? Oder lieber etwas Stärkeres?«
    Â»Das kommt ganz auf Ihren Kaffee an«, antwortete sie.
    Â»Er weckt Tote auf, wenn Sie das meinen«, erwiderte Trausch
fröhlich. »Mein Kaffee ist berüchtigt.« Er wedelte mit der Hand. »Aber zuerst
zeige ich Ihnen Ihr Zimmer. Kommen Sie. Wir müssen nach oben.«
    Â»Besser als in den Keller«, seufzte Conny. Trausch lachte leise,
ging an ihr vorbei und stürmte zum zweiten Mal durch den langen Flur, ohne das
Licht einzuschalten. Conny fand das ungewöhnlich, selbst wenn er sich hier
wirklich auskannte wie in der sprichwörtlichen Westentasche. Normalerweise schalteten die Leute das Licht an, wenn es dunkel wurde.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, holte er sein Versäumnis nach,
als sie die Treppe erreicht hatte. Ein altmodischer Kronleuchter, den irgendein
Öko-Barbar mit klobigen Energiespar-Birnen bestückt hatte, verbreitete
blaustichiges Licht, das ihr unter normalen Umständen wohl kaum gereicht hätte,
um sicher einen Fuß vor den anderen zu setzen, und während sie ihm über die
knarrenden Holzstufen nach oben folgte, drang ihr abermals der
charakteristische Geruch nach frischer Farbe in die Nase. Hier war vor kurzem
renoviert worden, auch wenn davon zumindest in diesem Teil des Hauses nichts zu
sehen war.
    Trausch ging mit schnellen Schritten voraus, und Conny wollte ganz
instinktiv ebenfalls schneller gehen, um zu ihm aufzuschließen, tat dann aber
das genaue Gegenteil und ließ sich ein weiteres Stück zurückfallen, um ihn

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