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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auf ein sonderbares Möbelstück, das beinahe wie ein Sarg
aussah. Die Kamera schwenkte zu schnell weiter, um Einzelheiten zu erkennen,
aber sie zeigte ihr auch, dass Eichholz die Wahrheit gesagt hatte. Die Wohnung
war leer.
    Â»Das ist doch unmöglich«, murmelte sie.
    Â»Ich kann Sie beruhigen«, sagte einer der beiden Techniker leise.
»Es waren keine fünf Sekunden. Allerhöchstens zwei.«
    Conny spürte die gute Absicht hinter diesen Worten, ignorierte sie
aber trotzdem. Es spielte überhaupt keine Rolle, ob sie drei oder dreißig Sekunden
mit ihrer Antwort gezögert hatte. Vor Aislers Tür hatte eine halbe
Hundertschaft Polizisten gestanden, also wie zum Teufel war er aus dem
Appartement gekommen?
    Sie starrte das, was Vlad in seiner E -Mail
so treffend Fledermaushöhle genannt hatte, noch ein
paar Sekunden lang verwirrt an, dann deutete sie auf die Außenansicht des
Wohnblocks. »Können Sie dieses Bild zurücklaufen lassen?«, fragte sie.
»Langsam.«
    Der Mann sah sie zwar verwirrt an, zuckte dann jedoch mit den
Schultern und tat, worum sie ihn gebeten hatte.
    Das Ergebnis war … sonderbar. Das Bild zeigte nichts als die Fassade
des Hauses, auf der sich rein gar nichts bewegte. Trotzdem spürte man
irgendwie, dass die Aufnahme nun rückwärts lief. Conny konnte selbst nicht
sagen, worin der Unterschied bestand, aber er war da, und es war sehr
verstörend.
    Â»Stopp!« Conny hob erschrocken die Hand. Wieder hatte sie ein
rasches, rauchiges Flackern gesehen; wie ein Schatten, der für den Bruchteil
eines Atemzuges über das Bild huschte und wieder verschwand. »Wieder vor«, bat
sie. »Noch langsamer.«
    Der Techniker gehorchte und ließ die Aufnahme in rasch
aufeinanderfolgenden Einzelbildern ablaufen. Trotzdem mussten sie sich noch
mehrmals mühsam vor- und zurücktasten, bis sie den Schatten schließlich sahen.
    Es wurde sehr still.
    Der Schatten war tatsächlich nur auf einem einzelnen Bild zu sehen –
eigentlich war es ein kleines Wunder, dass es ihr überhaupt aufgefallen war –
und es war nicht wirklich nur ein Schatten, aber auch kein … ja, was eigentlich?
    Â»Das … muss ein Fehler sein«, murmelte der Techniker. Sein Kollege
schwieg, machte sich dann jedoch hastig an seiner Tastatur zu schaffen und
versuchte das Bild irgendwie zu verbessern. Es gelang ihm sogar, aber Conny war
nicht sicher, ob sie sich wirklich darüber freuen konnte.
    Der Schatten blieb ein Schatten, rauchig und mit zerfaserten
Umrissen und irgendwie nicht ganz stofflich, sodass man meinte, das Mauerwerk
hinter ihm sehen zu können. Wahrscheinlich nur eine optische Täuschung,
versuchte sie sich zu beruhigen, dadurch zustande gekommen, dass hier zwei oder
gar drei Bilder gleichzeitig belichtet worden waren. Aber all das änderte
nichts an der Form des Schattens. Es war eindeutig der Umriss eines Menschen,
der kopfunter wie eine riesige Fledermaus die Wand hinunterkletterte …
    Â»Das muss ein Fehler sein«, beharrte der
Techniker. »Ich schaue mir das gleich noch einmal in Ruhe an. Vielleicht ein
Schmutzfleck auf der Linse. Oder eine Wolke, die sich vor die Sonne geschoben
hat.« Das hätte möglicherweise sogar überzeugend geklungen, hätte seine Stimme
nicht hörbar gezittert.
    Â»Können Sie mir einen Ausdruck davon machen?«, fragte sie.
    Â»Sicher, aber …«
    Â»Dann tun Sie es, bitte.« Conny unterstrich ihre Worte mit einer
nervösen Geste, die sie irgendwie in einen Befehl zu verwandeln schien, denn
der Techniker wagte es nicht mehr, ihr zu widersprechen, sondern machte sich
hastig an einem digitalen Videoprinter zu schaffen, der irgendwo in dem
Durcheinander vor ihm stand.
    Sie hörte, wie sich die Lifttüren zusammenschoben und jemand die
Tiefgarage betrat, und sah automatisch über die Schulter zurück. Ein rauchiger
Schemen glitt aus der Liftkabine und verschwand aus ihrem Blickfeld.
    Conny erstarrte. Die Aufzugtüren schlossen sich bereits wieder, und
Conny glaubte einen verkrümmten Körper zu sehen, der auf dem Boden der Kabine
lag, aber sie konnte auch diesmal nicht sicher sein. Trotzdem war sie es.
    Â»Haben Sie eine Waffe?«, fragte sie.
    Einer der beiden Techniker sah sie nur fast empört an, der andere
schüttelte den Kopf. »Nein. Was ist los?«
    Â»Dann rufen sie Eichholz runter. Schnell! Und bleiben Sie im Wagen,
ganz

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