Unheil ueber Oxford
sprachen ihre beiden Lieblingsstudenten bei ihr vor.
»Setzen Sie sich«, forderte Kate die beiden auf. »Was kann ich für Sie tun?« Das würde ihnen hoffentlich den Wind aus den Segeln nehmen.
»Hier gehen seltsame Dinge vor sich«, begann Martha.
»Ach ja?« Natürlich wusste sie, dass hier seltsame Dinge vorgingen, und zwar einige, doch es interessierte sie, zu erfahren, worüber Martha und Curtis gestolpert waren.
»Also, zunächst wollten wir Ihnen sagen«, begann Martha, »dass es offenbar Leute gibt, die Sie nicht mögen, Kate Ivory.«
Kate bemühte sich, verwundert dreinzublicken.
»Im Hinblick auf uns Studenten können wir uns das wenigstens ansatzweise erklären«, fuhr Curtis fort. »Sie sind manchmal ziemlich scharfzüngig und recht abweisend, wenn Ihnen etwas nicht in den Kram passt. Außerdem haben wir beobachtet, wie Sie sich verdrückt und im Dozentengarten versteckt haben, als Sharen Cobb mit Ihnen über die Genre-Theorie diskutieren wollte. Und Sie nehmen nicht am gemeinsamen Abendessen teil, wenn wir wieder einmal Steak und Kidney Pie und Reispudding vorgesetzt bekommen.«
»Tut mir wirklich Leid«, sagte Kate. »Ich versuche, mich zu bessern.«
»Und dann sind da noch die Leute, die wie Sie zum College gehören. Auch unter denen gibt es einige, die Sie nicht leiden können. Zum Beispiel gehen ein paar unfreundliche Gerüchte um, die manchmal nicht einmal wahr sind. Uns hat das wirklich erstaunt, denn Sie scheinen uns nicht deutlich weniger nett als die restliche Belegschaft zu sein.«
»Danke«, sagte Kate und überlegte, ob sie die Bemerkung als Kompliment auslegen sollte oder nicht.
»Aber es gibt hier auch Leute, die ganz heftig gegen Sie sind«, fuhr Martha fort.
»Diese Leute wollen, dass Sie verschwinden«, fügte Curtis hinzu.
»Das haben Sie auch bemerkt?«, wunderte sich Kate.
»Ehrlich gesagt finde ich«, sagte Martha, »dass Sie sich bei dem Zwischenfall am Fluss ein wenig kindisch verhalten haben. Vor allem, als Sie unbedingt bei uns bleiben und mit uns picknicken wollten, obwohl Sie bis auf die Haut durchnässt waren. Aber irgendwer im College hat das Gerücht in die Welt gesetzt, dass Sie betrunken gewesen wären und deshalb ins Wasser gefallen sind. Also, wir waren schließlich dabei. Der Wein stand auf den Tischen bereit, und ich bin sicher, Sie waren auf dem Sprung dorthin, aber im Boot hat niemand getrunken.«
»Es war ein Stakkahn«, korrigierte Kate. »Nein, Sie haben Recht – während des Dienstes zu trinken wäre nicht besonders schlau.«
»Wer aber hat diese Geschichte unters Volk gebracht?«, fragte Curtis. »Und warum?«
»Gute Frage«, sagte Kate. »Doch ich fürchte, die Antwort kenne ich ebenso wenig wie Sie.«
»Und dann gab es noch eine merkwürdige Begebenheit während unseres Ausflugs nach Birmingham«, setzte Martha ihren Bericht fort. »Wären die anderen Vorfälle nicht gewesen, hätte ich es vielleicht gar nicht bemerkt. Nach der Pause wirkten Sie so bleich und mitgenommen, dass ich mir sofort dachte, dass jemand Sie vielleicht unmittelbar vor der Pausenglocke drangsaliert haben könnte. Ganz ehrlich, Kate – sind Sie angegriffen worden?«
»Haben Sie vielleicht jemanden bemerkt?«, fragte Kate.
»Dann stimmt es also! Sie wurden angegriffen!«, trumpfte Curtis auf.
»Schon«, gab Kate zu. »Ich glaube allerdings nicht, dass man mir wirklich wehtun wollte. Man wollte mir wohl eher Angst einjagen. Genau wie bei dem Zwischenfall am Fluss, wenn ich es recht bedenke. Ich glaube, jemand fühlt sich von mir getäuscht, weil ich mich anders verhalte, als er es von mir erwartet.« Kate sagte nicht, dass sie in Birmingham vor Martha davongelaufen war; sie hätte es für undankbar gehalten. Schließlich zeigte die Frau Interesse an ihr und ihren Problemen.
»Es gibt also ein Komplott«, mutmaßte Curtis. »Und dabei dachte ich, ich wäre einsam und hätte nur wenige Freunde. Aber Sie sind noch um einiges schlimmer dran!«
»Jemand will Ihnen Ihren Job wegnehmen«, erklärte Martha.
»Das glaube ich eigentlich nicht«, entgegnete Kate. »Die Arbeit ist weder sonderlich attraktiv, noch wird sie gut bezahlt, und außerdem ist in zehn Tagen sowieso Schluss damit. Wo läge da der Sinn?«
»Darüber müssen wir noch einmal nachdenken, Martha«, sagte Curtis.
»Ach, noch etwas«, hakte Kate nach. »Als Sie mir dieser Tage freundlicherweise Ihre Fotos gezeigt haben, war in Ihrer Tasche eine grüne Haftnotiz, auf der mit blauem Filzschreiber etwas
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