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Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Titel: Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Wilfling
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Hilflosigkeit des Eigentümers ausgenützt würde. Trotzdem reiche es seiner Meinung nach nicht aus, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, er würde deshalb zunächst dem Vormundschaftsgericht schriftlich Meldung erstatten. Ob und inwieweit diese daraufhin Maßnahmen einleite, obliege der Entscheidung der Behörde.
    Das Ersuchen zeigte raschen Erfolg: Bereits eine Woche später erschien eine Mitarbeiterin der Betreuungsbehörde bei Dr. von W. und verlangte von der völlig überraschten Therese O. »freiwilligen« Einlass, den zu verweigern diese nicht wagte. Seit dem Besuch dieser aufdringlichen Nachbarin ahnte sie, dass Unheil drohen könnte. Also hatte sie ihren Patienten täglich frisch gebettet und dafür gesorgt, dass er einen zwar hilflosen, aber doch bestens gepflegten Eindruck machte. Ihre »Antennen« waren jedenfalls ausgefahren, sie war sensibilisiert, äußerst misstrauisch und vorsichtig.
    Die Betreuerin begutachtete Dr. von W. und versuchte ein Gespräch mit ihm zu beginnen, was jedoch aufgrund seines verwirrten Zustands nicht gelang. Der Patient wirkte völlig apathisch. Die fach kundigen Erläuterungen der Pflegerin und die Tatsache, dass nachweislich eine lückenlose ärztliche Versorgung erfolgte, sowie das äußerst freundliche, kompetente Auftreten der eloquenten Schwester Therese beeindruckten die Amtsperson. Andererseits hatte sie einen offensichtlich verwirrten Mann in deutlich reduziertem Ernährungszustand vor sich, dessen Leben ausschließlich in den Händen dieser Altenpflegerin lag. Die Besucherin stellte pflichtgemäß einige Fragen zu den wirtschaftlichen und vermögensrechtlichen Verhältnissen des Patienten, deren Beantwortung ihr nicht gefiel. Dass Therese O. hier wohnte und über eine Kontovollmacht verfügte, kam der Mitarbeiterin der Betreuungsbehörde doch recht ungewöhnlich vor, auch wenn Schwester Therese auf die Frage nach der Nachlass regelung angab, ihres Wissens existiere ein notarielles Testament, dessen Inhalt sie aber nicht kenne. Ihr Unbehagen veranlasste die Dame vom Amt dazu, kurz und knapp die Einsetzung eines amtlichen Pflegers anzukündigen, der möglicherweise auch die Vormundschaft übernehmen würde, sollte sich der Verwirrtheitszustand durch eine ärztliche Untersuchung bestätigen.
    »Das kann ziemlich rasch gehen«, sagte sie zum Abschied.
    A ls Maria Z. am folgenden Nachmittag neugierig durch den Türspion ins Treppenhaus schaute, erschrak sie, als sie den Blechsarg sah, den zwei dunkelgrau uniformierte Leichenträger aus der Wohnung ihres Nachbarn hievten. Mein Gott, dachte sie, jetzt hat Schwester Therese es tatsächlich geschafft. Sie hat ihn umgebracht.
    Maria Z. war ratlos. Der »Pflegeengel« führte wie immer das Kommando. Hinter Schwester Therese stand ein jüngerer Mann im Flur, von dem die Lehrerin wusste, dass es jener Arzt war, der den langjährigen Hausarzt Dr. H. abgelöst hatte. Warum wollte die Pflegerin den Arzt wechseln? Dr. H. hatte Maria Z., die ihn seit vielen Jahren kannte, nach seiner Ablösung resigniert erzählt, Schwester Therese habe ihm mitgeteilt, künftig auf seine Dienste und überholten medizinischen Kenntnisse zu verzichten und lieber kompetentere, jüngere Hilfe in Anspruch zu nehmen. Mit dieser »kompeten teren« medizinischen Hilfe sprach sie soeben im Befehlston, und das willfährige, unterwürfige, gehorsame Nicken des jungen Arztes wirkte geradezu peinlich.
    Maria Z. überlegte, was sie tun konnte. Sie wusste, dass man Dr. von W. auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin einäschern würde. Sämtliche Spuren und Beweismittel wären damit vernichtet. Es war also Eile geboten. Sie nahm allen Mut zusammen und rief die Notrufnummer 110 an.
    Maria Z. erklärte dem Beamten in der Einsatzzentrale, es handle sich um einen Todesfall, bei dem es ihrer Meinung nach nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Ohne lange Erklärun gen abgeben zu müssen, wurde sie unverzüglich weiterverbunden zum zuständigen Kommissariat für Todesermittlungen. Der dortige Beamte verlangte von Maria Z. ebenfalls keine ausführliche Begründung ihres Verdachts, die kurze Schilderung der Hintergründe genügte . Alles Weitere sei jetzt seine Aufgabe, erklärte er der Anruferin und fügte beruhigend hinzu, es sei keine Denunziation, wenn man den Behörden einen Verdacht dieser Art mitteile.
    Der Beamte legte einen Vorgang »Ungeklärtes Ableben« an und leitete ihn unverzüglich an einen Sachbearbeiter weiter. Dieser wiederum eruierte innerhalb weniger

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